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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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er und verzog das Gesicht schon vorab zu einem Grinsen, um bei dem Witz mitlachen zu können.
    Sie beugte sich zu ihm hinüber, von den Bewegungen des Karrens hin und her geschüttelt. »Ich habe mich gefragt, ob du dich, als du wie eine umgeworfene Schildkröte vom Stuhl gefallen bist, wohl beschmutzt hast.«
    »Ich war der Meinung, das hättest du wahrscheinlich«, erklärte Morveer, »aber ich habe bezweifelt, dass es vom Geruch her einen Unterschied gemacht hätte.«
    Espes Lächeln gefror. Er erinnerte sich, wie er in diesem Obstgarten gesessen und finstere Blicke über den Tisch geschickt hatte, in dem Versuch, gefährlich auszusehen. Dann war ihm komisch geworden und schwindlig. Er hatte versucht, die Hand zum Kopf zu führen, und dabei festgestellt, dass das nicht mehr ging. Als er versucht hatte, etwas deswegen zu sagen, hatte er gemerkt, dass auch das nicht mehr möglich gewesen war. Und schließlich war die Welt aus den Angeln gekippt. An viel mehr erinnerte er sich nicht.
    »Was habt ihr mit mir gemacht?« Er senkte die Stimme. »Zauberei?«
    Day prustete vor Lachen ein paar Apfelstückchen durch die Gegend. »Oh, das wird ja immer besser.«
    »Und ich hatte noch vermutet, er würde ein wenig erheiternder Reisegefährte sein«, gluckste Morveer. »
Zauberei
. Du meine Güte. Das ist ja wie in diesen Geschichten.«
    »In diesen dicken, umfangreichen, dummen Büchern! Magi und Teufel und all der ganze Kram!« Day kicherte ausgiebig. »Dumme Geschichten für Kinder.«
    »Na schön«, sagte Espe. »Ich glaube, ich hab’s kapiert. Ich bin so langsam wie eine verdammte Forelle in Sirup. Also keine Zauberei. Was dann?«
    Day lächelte von oben herab. »Wissenschaft.«
    Espe konnte dem Klang des Wortes wenig abgewinnen. »Was ist das? Eine andere Art von Magie?«
    »Nein, das ist es ganz
bestimmt
nicht«, erklärte Morveer abfällig. »Wissenschaft ist ein System rationaler Gedanken, dazu geschaffen, um die Welt zu untersuchen und die Gesetze zu benennen, nach denen sie funktioniert. Der Wissenschaftler setzt jene Gesetze ein, um einen Effekt zu erzielen. Einen, der in den Augen eines Wilden durchaus wie Zauberei aussehen kann.« Espe kämpfte mit all den langen styrischen Worten. Für einen Mann, der sich selbst für so schlau hielt, redete Morveer wie ein Narr und schien absichtlich einfache Dinge kompliziert machen zu wollen. »Zauberei hingegen ist ein System aus Lügen und Unsinn, das dazu erdacht wurde, um Idioten zu täuschen.«
    »Da hast du natürlich völlig Recht. Ich muss dann wohl das dümmste Arschloch im ganzen Weltenkreis sein, was? Es ist wahrscheinlich ein Wunder, dass ich meinen Drang zum Kacken unter Kontrolle halten kann, ohne ständig an meinen Arsch zu denken.«
    »So etwas Ähnliches haben wir auch schon gedacht.«
    »Es gibt Zauberei«, brummte Espe. »Ich habe gesehen, wie eine Frau Nebel heraufbeschwor.«
    »Tatsächlich? Und wie unterschied sich der von ganz normalem Nebel? War er magisch gefärbt? Grün? Orange?«
    Espe sah ihn finster an. »Er hatte eine ganz normale Farbe.«
    »Also beschwor eine Frau irgendwas, und dann kam Nebel.« Morveer hob eine Augenbraue und sah seine Assistentin an. »
Wirklich
ein Wunder.« Sie grinste und schlug ihre Zähne wieder in den Apfel.
    »Ich habe einen Mann gesehen, der mit Zeichen bemalt war, und eine Hälfte von ihm war dadurch eisenfest. Das habe ich selbst erfahren, als ich mit einem Speer nach ihm stach. Es hätte ein todbringender Stoß sein müssen, aber er hatte nicht mal einen Kratzer.«
    »Oooooh!« Morveer hob beide Hände und bewegte die Finger wie ein Kind, das Geist spielt. »Magische Zeichen! Erst gab es keine Wunde, und dann …
gab es keine Wunde
? Ich schwöre ab! Die Welt ist
randvoll
mit Magie.« Wieder kicherte Day.
    »Ich weiß, was ich gesehen habe.«
    »Nein, mein bezauberter Freund, du meinst, du weißt es. So etwas wie Zauberei gibt es nicht. Ganz sicher nicht hier in Styrien.«
    »Nur Verrat«, flötete Day, »und Krieg und Seuchen und Geld, das man verdienen kann.«
    »Wieso beehrst du Styrien überhaupt mit deiner Gegenwart?«, fragte Morveer. »Wieso bist du nicht im Norden geblieben, um durch die Zaubernebel zu streifen?«
    Espe kratzte sich langsam seitlich am Hals. Es erschien ihm nun ein seltsamer Grund, und er fühlte sich noch mehr wie ein Idiot, als er ihn aussprach. »Ich kam hierher, um ein besserer Mensch zu werden.«
    »Angesichts deiner Ausgangslage erscheint mir das nicht weiter schwierig.«
    Espe hatte

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