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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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begnügte sich stattdessen mit einem knappen Lächeln. »Einnahmen von meiner letzten Reise nach Sipani. Wein aus Ospria ist stets ein profitables Handelsgut, selbst in diesen unsicheren Zeiten. Nicht jeder praktiziert unsere Mäßigung, Meister Mauthis, wie ich glücklicherweise sagen kann!«
    »Natürlich.« Der Bankier leckte sich noch einmal den Finger, bevor er die letzten Seiten umschlug.
    »Fünftausendzweihundertundelf«, sagte der Schreiber.
    Mauthis’ Augen flackerten auf. »Wollten Sie vielleicht versuchen, uns ein wenig zu übertölpeln?«
    »Ich?« Morveer tat das mit einem falschen Kichern ab. »Es ist doch immer dasselbe mit diesem verdammten Anmutig, er kann ums Verrecken nicht zählen! Der Mann hat überhaupt kein Gespür für Zahlen, wie ich leider sagen muss.«
    Die Spitze von Mauthis’ Feder kratzte über den Folianten, der Schreiber eilte hinzu und legte Löschpapier über den Eintrag, während sein Vorgesetzter sauber, präzise und gefühllos die Quittung ausstellte. Der Schreiber trug sie zu Morveer und gab sie ihm zusammen mit der leeren Schatulle.
    »Eine Quittung über die volle Summe im Namen des Bankhauses Valint und Balk«, sagte Mauthis. »Einzulösen bei jeder angesehenen Handelsinstitution in Styrien.«
    »Muss ich etwas unterschreiben?«, fragte Morveer hoffnungsvoll, dessen Finger sich bereits um den Federkiel in seiner Innentasche schlossen. Er war gleichzeitig ein sehr nützliches Blasrohr, und die darin verborgene Nadel war mit einer tödlichen Dosis …
    »Nein.«
    »Nun gut.« Morveer lächelte, als er das Papier zusammenfaltete und einsteckte, wobei er vorsichtig darauf achtete, dass es nicht an der tödlichen Schneide seines Skalpells hängen blieb. »Besser als Gold und wesentlich leichter. Nun, einstweilen möchte ich mich verabschieden. Es war mir ein
großes
Vergnügen.« Damit streckte er erneut seine Hand aus, und der Giftring schimmerte. Es schadete ja nichts, es noch einmal zu versuchen.
    Mauthis rührte sich nicht von seinem Stuhl. »Ebenso.«

BÖSE FREUNDE
    Es war Bennas Lieblingsort in Westport gewesen. Er hatte sie zweimal die Woche hierhergeschleppt, wenn sie in der Stadt waren. Ein Schrein aus Spiegeln und geschliffenem Glas, poliertem Holz und schimmerndem Marmor. Ein Tempel für den Gott der Herrenhaarpflege. Der Hohepriester – ein kleiner, hagerer Barbier mit üppig bestickter Schürze – stand kerzengerade aufgerichtet in der Mitte des Raumes, das Kinn zur Decke emporgereckt, als habe er erwartet, dass sie genau in diesem Augenblick eintreten würden.
    »Gnädige Frau! Welch eine Freude, Sie wiederzusehen!« Er blinzelte kurz. »Ihr Gatte ist nicht bei Ihnen?«
    »Mein Bruder.« Monza schluckte. »Nein, er … kommt nicht wieder. Ich habe eine wesentlich größere Herausforderung für Sie …«
    Espe trat durch die Tür und glotzte so verängstigt um sich wie ein Schaf, das zur Schur in einen Pferch gesperrt wird. Sie öffnete den Mund und wollte noch etwas sagen, aber der Barbier schnitt ihr das Wort ab. »Ich glaube, ich verstehe das Problem.« Mit schnellen Schritten umrundete er Espe einmal, während der Nordmann grimmig auf ihn herabsah. »Ach du meine Güte, du liebe Güte. Alles runter?«
    »Was?«
    »Alles runter«, nickte Monza, nahm den Barbier am Arm und drückte ihm einen Viertelwaag in die Hand. »Aber seien Sie sanft mit ihm. Ich bezweifle, dass er an so etwas gewöhnt ist, er könnte sich erschrecken.« Ihr wurde bewusst, dass sie von Espe sprach, als sei er ein Pferd. Vielleicht wertete sie ihn damit zu sehr auf.
    »Natürlich.« Der Barbier wandte sich um und zog scharf die Luft ein. Espe hatte bereits sein neues Hemd ausgezogen und machte sich, blass und sehnig vor der Tür aufragend, an seiner Gürtelschnalle zu schaffen.
    »Er spricht von deinen Haaren, du Narr«, sagte Monza, »nicht von deiner Kleidung.«
    »Ah. Dachte schon, dass das ein bisschen komisch ist, aber na ja, vielleicht ein südländischer Brauch …« Monza beobachtete ihn, als er sich das Hemd verlegen wieder zuknöpfte. Eine lange Narbe verlief von seiner Schulter über seine Brust, rosa und gezackt. Früher hätte sie diese Spur vielleicht hässlich gefunden, aber inzwischen hatte sie, neben anderen Dingen, ihre Meinung über Narben ändern müssen.
    Espe setzte sich vorsichtig auf den Stuhl. »Meine Haare habe ich mein ganzes Leben lang so gehabt.«
    »Dann wäre es längst Zeit gewesen, sich von ihrer erstickenden Umarmung zu befreien. Den Kopf nach vorn,

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