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Racheklingen

Racheklingen

Titel: Racheklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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bloß erklären? Ach, ich wollte nur einen kleinen Spaziergang machen, so ganz in Schwarz, und noch eine kleine Runde mit dem Flachbogen um den Block drehen?
    Wenn er jetzt versuchte abzuhauen, würden sie ihn sehen, ihn jagen und höchstwahrscheinlich mit irgendetwas erstechen. Auf alle Fälle aber würden sie wissen, dass jemand versuchte, in die Bank einzubrechen, und damit wäre die ganze Sache gescheitert. Wenn er hier stehen blieb … passierte vermutlich dasselbe, davon abgesehen, dass das mit dem Erstechen noch wahrscheinlicher wurde.
    Die Stimmen kamen näher. »Kann nicht weit gekommen sein, wir tun ja nichts anderes, als immer wieder um den Block zu rennen …«
    Einer von ihnen musste etwas verloren haben. Espe verfluchte sein verdammtes Pech, und das nicht zum ersten Mal. Zum Abhauen war es zu spät. Er schloss die Faust um den Griff seines Messers. Schritte dröhnten direkt auf der anderen Seite des Pfeilers. Wieso hatte er ihr Silber angenommen? War wohl so, dass er auch eine fürchterliche Schwäche für Geld hatte. Er biss die Zähne zusammen und wartete darauf, dass …
    »Bitte!« Das war Murcattos Stimme. Sie trat auf die Straße hinaus, die Kapuze zurückgeschlagen, und der lange Mantel wehte hinter ihr her. Es war vielleicht das erste Mal, dass Espe sie ohne einen Degen sah. »Es ist mir ja so unangenehm, Sie belästigen zu müssen. Ich versuche, nach Hause zu finden, aber ich glaube, ich habe mich völlig verirrt.«
    Einer der Wächter trat vor den Pfeiler, den Rücken Espe zugewandt, dann folgte der zweite. Sie waren nicht mehr als eine Armeslänge entfernt und standen zwischen ihr und ihm. Er hätte fast ihre Brustharnische berühren können.
    »Wo sind Sie denn abgestiegen?«
    »Bei einigen Freunden bei dem Springbrunnen in der Fürst-Sabeldi-Straße, aber ich bin noch nicht lange in der Stadt, und«, sie stieß ein verzweifeltes Lachen aus, »ich finde mich jetzt überhaupt nicht mehr zurecht.«
    Der eine Wächter schob sich den Helm ein wenig zurück. »Das kann ich mir vorstellen. Das ist ja auf der anderen Seite der Stadt.«
    »Ich schwöre, ich laufe jetzt schon stundenlang durch die Gegend.« Sie bewegte sich langsam von dem Pfeiler weg und lockte die Männer sanft mit sich. Noch ein Wächter erschien, und noch einer. Alle vier standen nun da und drehten Espe immer noch den Rücken zu. Er hielt den Atem an, und sein Herz klopfte so laut, dass es ein Wunder war, dass niemand von ihnen es hörte. »Wenn einer von den Herren vielleicht so nett wäre, mir die richtige Richtung zu zeigen, ich wäre ja so dankbar. Dumm von mir, ich weiß.«
    »Nein, nein. Ist schon ein verwirrender Ort, Westport.«
    »Vor allem nachts.«
    »Ich habe mich da selbst schon mal verlaufen.« Die Männer lachten, und Monza lachte mit, während sie sie immer weiter weglockte. Für einen winzigen Augenblick kreuzte sich ihr Blick mit Espes, und sie sahen einander an, dann war sie hinter der nächsten Säule verschwunden, ebenso wie die Wächter, und ihre lebhafte Unterhaltung verklang. Er schloss die Augen und atmete langsam aus. Wie gut, dass er nicht der einzige Mann mit einer Schwäche für schöne Frauen war.
    Er schwang sich auf das viereckige Fundament der Säule, warf das Seil um den steinernen Pfeiler, zog es um seinen Körper und hakte es ein, um eine Schlinge zu knüpfen. Keine Ahnung, bei welcher Zahl sie jetzt waren, er wusste nur, dass er so schnell wie möglich dort hinauf musste. Indem er sich mit den Knien und dem Rand seiner Stiefel am Pfeiler festkrallte, ließ er das Seil ein wenig nach oben gleiten und zurrte es dann fest, während er seine Beine wieder lockerte und etwas weiter oben erneut festklemmte.
    Es war ein Trick, den er als kleiner Junge von seinem Bruder gelernt hatte. Damals hatten sie so die höchsten Bäume des Tales erklommen und Vogelnester ausgenommen. Er erinnerte sich daran, wie sie gelacht hatten, als er kurz über dem Boden heruntergefallen war. Jetzt nutzte er diesen Kniff, um Menschen zu töten, und wenn er herunterfiel, würde er vermutlich selbst getötet werden. Irgendwie hatte sich das Leben nicht ganz so entwickelt, wie er gehofft hatte.
    Aber er arbeitete sich schnell und geschmeidig weiter nach oben. Es war genau wie bei den Bäumen, abgesehen davon, dass es oben keine Eier gab und er weniger fürchten musste, sich Borkensplitter in die Nüsse zu rammen. Trotzdem war es hart. Als er das obere Ende der Säule erreicht hatte, schwitzte er stark, und der schwerste Teil

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