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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Vielleicht sollte ich ein Transparent herumtragen mit der Aufschrift: »Fickt Brigit Lenehan!« oder »Fickt die neue New Yorkerin!« Und ich könnte einen Marsch, mit mir an der Spitze, von The Cute Hoor zu Tadhg’s Boghole organisieren, und dann würde ich in das Megaphon brüllen: »Was wollen WIR!«
    Und die anderen würden antworten: »Einen Fick für Brigit Lenehan!«
    Dann ich: »Wann wollen wir IHN?«
    Und die anderen: »Jetzt!«
    »Ja«, sagte Brigit sarkastisch. »Kein Bier mehr da. Wer hätte das gedacht?«
    »Ich habe doch gesagt, dass es mir leidtut«, riefich in ihre Richtung.
    Dann raffte ich meinen Mut zusammen und fügte hinzu: »Wie oft soll ich das noch sagen?«
    Ich war weitaus mutiger, als wenn Brigit im Zimmer gewesen wäre. In einer direkten Konfrontation versagte ich immer kläglich.
    Ich hatte es immer schon leichter gefunden, mich mit Leuten zu streiten, wenn sie nicht da waren. Den besten Krach hatte ich mit Leuten gehabt, die zu dem Zeitpunkt der Auseinandersetzung in einem anderen Land waren.
    »Ich meine, Himmelherrgott, Rachel!«, rief sie wieder.

    »Wir brauchten alles Mögliche: Brot, Cola – und ich meine Cola Light, nicht Koks, was du sonst nimmst, um schlanker zu werden ...«
    Ihr Ton war so bitter, dass ich mich vor Angst zusammenkrümmte.
    »... Klopapier, Kaffee, Käse. Und was bringst du mit? Brot? Nein. Käse? Nein. Irgendwas von den Sachen auf der Liste? Nein, was bringt sie stattdessen ...«
    Ich wusste, dass die Dinge ziemlich übel waren, wenn sie anfing, von mir in der dritten Person zu sprechen.
    »... Nichts außer vierundzwanzig Dosen Bier und einer Tüte Chips. Wogegen ja nichts einzuwenden ist, solange es ihr eigenes Geld ist, das sie ausgibt. Wenn sie ihr eigenes Geld ausgibt, kann sie so viel Bier kaufen, wie sie will.«
    Ihre Stimme kam näher, und ich schrumpfte in mich zusammen.
    »Und dann trinkt sie sie alle aus, in null Komma nichts.«
    Sie stand jetzt in der Tür, und ich wünschte, ich wäre in einem nordkoreanischen Lager, wo die Gefangenen dreiundzwanzig Stunden am Tag arbeiten müssen, weil das angenehmer sein musste, als von Brigit beschimpft zu werden.
    »Es tut mir leid«, sagte ich. Was anderes konnte ich nicht sagen.
    Sie beachtete mich gar nicht. Als ich die Anspannung nicht länger ertragen konnte, sagte ich noch einmal: »Es tut mir leid, Brigit.«
    Sie sah mich an. Eine Ewigkeit fixierten wir einander.
    Ich konnte nicht erkennen, was sie dachte, aber ich bat sie stumm, mir zu verzeihen. Ich versuchte, ihr diese Botschaft telepathisch zuzusenden.
    Verzeih Rachel, sagte ich. Sei ihr wieder gut.
    Es musste funktioniert haben, denn Brigits Gesicht wurde freundlicher. Ich erkannte die Gunst der Stunde und sagte noch einmal: »Es tut mir leid.« Schaden könnte es eigentlich nicht, dachte ich, und vielleicht bewirkte es sogar etwas Gutes.
    »Ich weiß, dass es dir leidtut«, sagte sie schließlich.
    Ich atmete erleichtert auf.
    »Obwohl, ich muss schon sagen«, sagte sie, und ihre Stimme klang fast wieder normal. »Vierundzwanzig Dosen.« Sie fing an zu lachen, und ich fühlte mich wie erlöst.
    »Jetzt aber«, sagte ich, erhob mich vom Bett und kämpfte mich durch die dicke Luft. »Ich muss mich umziehen, ich bin mit Luke verabredet.«
    »Wo trefft ihr euch?«
    »Ich schaue in der Testosteronzentrale vorbei, und dann gehen wir aus. Kommst du mit?«
    »Kommt drauf an. Habt ihr was Spezielles vor?«
    »Nein, wir gehen nur irgendwo was trinken, zusammen mit neunundvierzig seiner besten Freunde. Komm doch bitte.«
    »Na gut, vielleicht, aber ich werde nicht mit Joey schlafen, nur um dir einen Gefallen zu tun.«
    »Oh, bitte, Brigit«, bettelte ich. »Ich bin mir sicher, dass er scharf auf dich ist. Das wäre doch wunderbar. So romantisch.« Ich überlegte. »Und so praktisch.«
    »Du egoistisches Miststück«, rief sie aus.
    »Ich bin nicht egoistisch«, widersprach ich. »Ich meine nur... na ja... du und ich, wir leben zusammen, und Luke und Joey leben zusammen und ...«
    »Nein!« fuhr sie dazwischen. »Kommt gar nicht in Frage. Wir sind erwachsene Menschen, du und ich ...«
    »Bei mir bin ich mir da nicht so sicher.«
    »... und erwachsene Menschen brauchen nicht alles zusammen zu machen. Das heißt, wir können mit Männern ausgehen, die nicht miteinander befreundet sind.«
    »Meinetwegen«, sagte ich schmollend.
    Ein paar Minuten saßen wir in angespanntem Schweigen.
    »Also gut«, seufzte sie resigniert. »Ich überleg’s mir noch mal.«

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    I

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