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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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genug aus...«
    Warum musste sie davon anfangen?, dachte ich voller Panik. Der Karren steckte schon tief genug im Dreck, musste sie die Sache noch verschlimmern. Ich warf einen hastigen Blick auf Luke in der irrigen Hoffnung, dass er es nicht gehört hatte. Aber natürlich hatte er es gehört. Verzweifelt versuchte ich zu protestieren. »Das stimmt überhaupt nicht«, fuhr ich dazwischen.
    »Und ob das stimmt«, sagte Luke bissig. Scheiße. Mir blieb nichts anderes übrig, als den Mund zu halten und Brigit weiterreden zu lassen.
    »... und sie setzte alles dran, mich mit einem von Lukes Freunden zu verkuppeln, irgendeinem, weil sie Angst hatte, sonst bei Leuten wie Helenka unten durch zu sein. Es spielte keine Rolle für sie, dass ich zu keinem von Lukes Freunden passte, sie dachte nur an sich. Sie versuchte, das Leben der anderen um sich herum nach ihren Vorstellungen zu gestalten ...
    ... sie sprach sogar mit einem New Yorker Akzent, wenn sie bei Leuten Eindruck schinden wollte. Und hat so geredet, wie die ...«
    Aber ich hörte nicht richtig zu. Lukes Zorn war mir zu nahegegangen. Er war normalerweise so ein lieber Mensch, besonders zu mir. Es war alles so komisch und eigenartig – er sah aus wie Luke Costello, der Mann, der mein bester Freund war und sechs Monate lang mein Liebhaber. Aber jetzt benahm er sich wie ein Fremder. Schlimmer noch, wie ein Feind.
    »Ich möchte noch auf ein anderes Thema zu sprechen kommen«, sagte Josephine und durchbrach meine Gedanken. Sie wollte mein Berufsleben besprechen. Ich hatte das dringende Bedürfnis zu schreien: »Wollen Sie wissen, welche Farbe meine Unterhosen haben?«
    »Rachel ist intelligent«, sagte Josephine zu Brigit. »Warum, glauben Sie, hat sie keine Arbeit, bei der sie ihre Intelligenz einsetzen kann?«
    »Vielleicht, weil es zu schwierig ist, einen anständigen Job zu halten, wenn man immer mit Drogen beschäftigt ist«, sagte Brigit. »Außerdem denkt sie, sie sei dumm.«
    »Sie haben eine gute Stelle, oder?«, fragte Josephine.
    »Ehm, ja«, gab sie überrascht zu.
    »Sie haben einen Hochschulabschluss, richtig?«
    »Ja.«
    »In BWL?«
    »Ehm, ja.«
    »Sie sind nach London, Edinburgh, Prag und New York gegangen, um praktische Erfahrungen für Ihr Studium zu sammeln, und Rachel ist Ihnen im Grunde genommen gefolgt, stimmt das?«, fragte Josephine.
    »Ich würde nicht sagen, dass sie mir gefolgt ist«, sagte Brigit. »Aber als ich in die anderen Städte zog, beschloss sie mitzukommen, weil sie das Leben in Dublin satt hatte.«
    »Und in der ganzen Zeit haben sie sich beruflich immer weiterentwickelt, während Rachel nichts erreichte?«
    »So könnte man es sagen«, gab Brigit zu.
    Ich fühlte mich minderwertig, kam mir vor wie ein nutzloser Schoßhund.
    »Es ist schön, mit jemandem zusammen zu sein, der nicht so erfolgreich ist wie man selbst«, sagte Josephine, als dächte sie laut. »Der Kontrast baut einen richtig auf.«
    »Ich ... aber ...« Brigit war verwirrt und wollte etwas sagen, aber Josephine war schon beim nächsten Punkt.
    Schließlich war die Sitzung zu Ende. Josephine verkündete, dass Luke nach dem Mittagessen an der Reihe wäre, und führte Luke und Brigit zum Speisesaal für die Mitarbeiter. Ich fühlte mich noch mehr erniedrigt, weil sie in den Teil des Hauses gingen, der den »normalen Menschen« vorbehalten war, und verübelte es ihnen sehr, dass sie mich ausgrenzten und wie eine Verrückte behandelten.
    Als sie aus dem Raum gingen, sah ich, wie Luke seine Hand beschützend auf Brigits Rücken legte. Beziehungsweise auf ihr breites Hinterteil, dachte ich böse und konnte so meinen Schmerz im Zaum halten.
    Als sie weg waren, breitete sich eine schreckliche Öde in mir aus. Wohin war Luke gegangen. Wo würde ich ihn finden? Ich wollte, dass er den Arm um mich legte und mich an seine Brust zog. Ich wollte getröstet werden, so wie früher.
    Ich erging mich in der wilden Phantasie, dass ich mir Zugang zu dem Mitarbeiterspeisesaal verschaffen und eine Begegnung zwischen Luke und mir herbeiführen würde. Wenn wir ganz in Ruhe miteinander sprechen könnten, dann würde er doch sicherlich erkennen, dass ich ihm immer noch viel bedeutete, oder? Seine Zuneigung zu mir war so groß gewesen, dass die Vorstellung, alles sei vorbei, fast unmöglich war. Dann würde dieser ganze Wahnsinn aufhören.
    Einen Moment lang erschien mir dieser Ausgang sehr plausibel. Eine Zukunft der Vergebung und Versöhnung schien vor mir zu liegen. Dann erwachte ich aus

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