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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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meiner Träumerei. Es war kein bisschen plausibel.
    Die Insassen umlagerten mich und boten mir Verständnis und Mitleid an.
    »Es ist so«, sagte ich in dem verzweifelten Versuch, mich zu verteidigen, »ihr müsst das verstehen. Was Brigit gesagt hat, hatte gar nichts mir mir zu tun. Sie hat alles völlig übertrieben, weil sie diesen neuen Job hat. Die würden sie entlassen, wenn sie wüssten, dass sie Drogen nimmt. Und ihr solltet mal sehen, wie viel sie nimmt. Sie hat mir das, was ich weiß, erst beigebracht.« Ich lachte gezwungen und wartete darauf, dass Mike und die anderen mir zustimmten. Das taten sie aber nicht, sondern sie klopften mir nur auf den Rücken und beschwichtigten mich.
    Beim Mittagessen bekam ich keinen Brocken herunter. Stattdessen betete ich, wie ich nie zuvor gebetet hatte. Ich bot Gott einen absurden Handel an. Mein Leben in der Mission, wenn er ein schreckliches Unglück über Luke hereinbrechen ließ oder, viel besser, wenn er eine Versöhnung herbeiführte. Aber ich hatte Gott schon früher ein paarmal hintergangen, und vielleicht wollte er sich mit mir auf keinen Handel mehr einlassen.
    Ungefähr zehn Minuten bevor es Zeit für die Hauptattraktion des Nachmittags war, überkam mich eine Welle der Übelkeit, und mir wurde schwarz vor Augen. Ich hoffte inständig, dass dies meinen bevorstehenden Tod ankündigte.
    Ich schlich mich auf die Toilette, wobei ich mich an der Wand entlangtastete, weil ich den Fußboden wegen der schwarzen Flecken vor meinen Augen kaum ausmachen konnte. Aber sobald ich mich übergeben hatte, fühlte ich mich wieder besser. Und keinesfalls so, als würde ich gleich das Zeitliche segnen. Meine Enttäuschung war groß.

53
    B evor ich wusste, wie mir geschah, saß ich in der Abtklause auf einem Stuhl – ich bekam einen der guten untergeschoben, aus Mitleid für meine Notlage –, und Luke wurde jede Minute erwartet.
    Vielleicht würde er nicht gemein zu mir sein, dachte ich mit einem Schub von Hoffnung, der mich fast in die Erdumlaufbahn beförderte. Vielleicht wäre er, wenn es hart auf hart ging, einfach nicht in der Lage, grausam zu sein. Schließlich war er mein Geliebter gewesen, er war verrückt nach mir gewesen. Ich musste ihm doch noch etwas bedeuten, oder? Er konnte mir doch nicht weh tun?
    War er nicht der Mann, der mir jeden Monat, wenn ich meine Periode bekam, eine Wärmflasche gemacht hatte, der Mann, der sich nicht scheute, sogenannte Produkte für weibliche Hygiene kaufen zu gehen?
    Abermals, für den winzigsten Bruchteil einer Sekunde, erlaubte ich mir die Phantasie, dass Luke und ich wieder zusammenkamen. Dass wir nach New York zurückkehrten und die Tür hinter dieser scheußlichen Episode schlossen.
    Dann fiel mir wieder ein, wie entsetzlich die Sitzung mit Brigit gewesen war und dass das Urteil der Costello-Jury bestimmt nicht glimpflicher ausfallen würde. Mir wurde wieder schlecht vor Angst.
    Ich betete voller Inbrunst, dass ich verschont bleiben möge, aber um Punkt zwei Uhr kamen Luke, Brigit und Josephine herein und setzten sich. Als ich Luke sah, durchströmte mich wieder eine Sekunde lang ein Gefühl der Freude wie schon am Morgen. Er war so sexy und attraktiv und groß und mein. Dann sah ich seinen grimmigen, abweisenden Gesichtsausdruck, und mir wurde bewusst, dass die Dinge jetzt anders lagen.
    Die Sitzung fing an. Ich konnte die Erregung der anderen Insassen spüren. Wahrscheinlich hatten sie in einem früheren Leben immer die besten Plätze an der Guillotine, dachte ich angewidert und ließ ganz außer Acht, dass ich selbst mit weit aufgesperrtem Mund zugehört hatte, wenn ihre WBB gekommen waren und Schmähreden über sie verbreitet hatten.
    »In welcher Beziehung stehen Sie zu Rachel?«, fragte Josephine.
    »Ich bin ihr Freund«, murmelte er. »Ich meine, ihr ehemaliger.«
    »Sie konnten also ihre Sucht bestens beobachten?«
    »ja.«
    Es war für mich ein winziger Trost, dass Luke anscheinend nur zögernd antwortete.
    »Vor ein paar Wochen haben Sie freundlicherweise einen Fragebogen zu Rachels Sucht ausgefüllt. Sind Sie einverstanden, wenn ich ihn in der Gruppe vorlese?«
    Luke zuckte unbehaglich mit den Achseln, und ich hatte das Gefühl, dass mir das Herz in die Hose rutschte.
    jederzeit, lieber Gott, betete ich still, lass das Erdbeben jederzeit losgehen, es ist nicht zu spät.
    Aber der liebe Gott, launenhaft, wie er nun mal war, hatte anderes zu tun. Und schickte mein Erdbeben in ein entlegenes Gebiet in China, wo es

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