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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Probleme mit dem bescheuerten Luke Costello und der bescheuerten Brigit Lenehan.«
    »Dann musst du da wieder hingehen«, sagte Misty weise. Sie fing an, mich zu irritieren. »Du musst Frieden mit ihnen schließen.«
    »Mit diesen Ärschen schließe ich nie Frieden.«

    Am Abend vor meiner Abreise holte Josephine mich in ihr Büro zu einer Sitzung unter vier Augen. Das war so üblich. Wie ein Fußballteam, dessen Trainer noch einmal mit der Mannschaft spricht, bevor das große Spiel beginnt.
    Im Grunde genommen sagte sie, alles sei verboten, wenn ich wieder draußen war.
    »Keine Drogen, und das bedeutet auch keinen Alkohol. Kein Hungern und Prassen, keinen exzessiven Sport. Und das Wichtigste von allem, halten Sie sich ein Jahr lang von Beziehungen mit Männern fern.«
    Beinahe wäre ich in Ohnmacht gefallen. Und ich dachte, Sie wären meine Freundin .
    »Warum das denn?«, empörte ich mich.
    »Sie haben eine ungesunde Einstellung zu Männern. Ohne Drogen wird sich eine große Lücke in Ihrem Leben auftun. Viele Menschen gehen dann eine Beziehung ein, um zu vermeiden, dass sie mit sich allein sind. Sie gehören wahrscheinlich dazu.«
    Ganz schön frech, dachte ich beleidigt.
    »Wir sagen allen zum Abschied das Gleiche«, erklärte sie.
    Zu allen? Auch zu Chris?
    »Es ist ja nur für ein Jahr«, fügte sie freundlich hinzu.
    Sie hätte ebenso gut auch hundert Jahre sagen können.
    »Dann gehe ich doch wieder nach New York«, sagte ich schmollend. »Auch wenn ich nicht enthaltsam leben will, dort wird es mir aufgezwungen.«
    »Nicht New York«, sagte sie. »Geben Sie sich ein Jahr, um sich richtig zu erholen. Und versuchen Sie mir nicht zu erzählen, dass die Beziehung mit Luke enthaltsam war«, sagte sie lächelnd.
    Es gelang mir, eine Schimpfkanonade auf Luke zu unterdrücken, aber mein Hass auf ihn stand mir deutlich ins Gesicht geschrieben.
    »Luke ist ein ungewöhnlicher Mensch«, sagte Josephine. »Sie denken darüber jetzt noch anders, aber was er getan hat, war genau richtig für Sie.«
    Ich schwieg.
    »Er ist loyal, er hat Integrität, und er ist sehr ...«, sie hielt einen Moment inne und strich sich über das Haar, »attraktiv.«
    Ich staunte nicht schlecht. Sie war also doch ein Mensch!
    Aber das währte nur einen kurzen Moment.
    »Sie gehen jetzt in die Welt«, sagte sie streng, »und die harte Arbeit beginnt da erst. Sie werden sich mit Ihrer Vergangenheit aussöhnen und für die meisten Situationen im Leben neue Reaktionen lernen müssen. Das wird nicht immer einfach sein.«
    Ich war nicht aus der Ruhe zu bringen. Nicht dass ich ihr nicht glaubte, aber ich war überzeugt, dass meine Bereitschaft alles überwinden würde.
    »Zwischen Ihrer Mutter und Ihnen bestehen noch ungelöste Spannungen«, sagte sie warnend. »Wenn Sie in ihrer Nähe bleiben, wird es da möglicherweise zu einem Ausbruch kommen. Seien Sie vorsichtig, dass Sie dann nicht rückfällig werden.«
    »Ich nehme keine Drogen, versprochen.«
    »Mir brauchen Sie nichts zu versprechen«, sagte sie. »Sie werden nicht mein Leben zerstören.«
    »Meins auch nicht«, sagte ich, eine Spur trotzig.
    »Gehen Sie zu den Treffen, halten Sie die Therapie ein, und dann wird sich alles zum Guten wenden«, versprach sie. »Sie können noch so viel erreichen.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte ich überrascht.
    »Wir legen hier nicht sehr viel Wert auf die guten Seiten eines Menschen, stimmt’s?« Sie lächelte. »Nun, Sie sind klug, haben eine rasche Auffassungsgabe, sind unterhaltsam und sehr freundlich. Ich habe gesehen, wie Sie mit anderen in der Gruppe umgegangen sind, und mit den neuen. Sie schaffen es sogar, zu Misty freundlich zu sein.«
    Ich errötete vor Stolz.
    »Und schließlich möchte ich noch sagen, dass es für mich eine sehr befriedigende Erfahrung war zu beobachten, wie Sie sich in der Zeit hier verändert haben und gewachsen sind.«
    »War ich sehr schlimm?«, fragte ich aus Neugier.
    »Sie waren ein harter Brocken, aber keinesfalls die Schlimmste.«
    »Ich habe Sie gehasst«, sagte ich und war entsetzt. Doch sie schien nicht im Mindesten verstört.
    »Es wäre sehr bedenklich gewesen, wenn Sie mich nicht gehasst hätten«, sagte sie. »Wie heißt es in dem einen Film? ›Ich bin Ihr schlimmster Alptraum‹.«
    »Woher wissen Sie so viel über mich?«, fragte ich verlegen. »Woher wussten Sie es, wenn ich log? Oder wenn die anderen logen?«
    »Ich habe lange genug im Stollen gearbeitet«, sagte sie.
    Damit konnte ich nichts anfangen.

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