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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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als du. Und so unsicher, der arme Kerl, dass er dich verführen musste, um sich zu beweisen, dass du scharf auf ihn warst.«
    Dann erinnerte ich mich an den Spaziergang, den er mit mir in Cloisters gemacht hatte. Und seine provozierenden Bemerkungen. Das war alles Absicht, erkannte ich jetzt. So ein manipulativer Saukerl .
    Im nächsten Moment war ich voller Wut auf ihn. Sich vorzustellen, dass ich mir Vorwürfe gemacht hatte, weil der Sex mit ihm so ein Reinfall war! Ein Witz. Alles drehte sich viel zu sehr um ihn selbst, als dass ich für ihn von Bedeutung gewesen wäre.
    »Der Arsch!«, rief ich aus. »Er hat sein Spielchen mit mir getrieben, und alle sollten wir scharf auf ihn sein, bloß weil er sich unzulänglich fühlt, und dann hat er mich an der Nase herumgeführt...«
    »Holla, junge Frau, sei nicht zu hart«, unterbrach Nola mich, als wäre nichts einfacher als das. »Er kann doch nichts dafür.«
    »Du hast gut reden«, sagte ich atemlos vor selbstgerechtem Zorn.
    »Vergiss nicht, dass er nicht anders ist als du«, erinnerte sie mich freundlich. »Ein Süchtiger, der gerade erst mit seinem neuen Leben begonnen hat.«
    Das nahm mir den Wind aus den Segeln.
    »Obwohl er dir erzählt hat, wie du dich zu verhalten hast, hat er doch offenbar selber keine Ahnung, wo’s langgeht.« Sie lächelte mich freundlich an. »Wenn er seinen Grips beisammengehabt hätte, wäre er niemals mit dir ins Bett gegangen. Damit will ich dich nicht beleidigen.«
    Ich murmelte, dass ich nicht beleidigt sei.
    »Jetzt reg dich wieder ab«, mahnte sie mich. »Tief durchatmen, junge Frau.«
    Fast ärgerte ich mich, als ich merkte, dass ich mich tat sächlich wieder abregte.
    »Verzeih dir«, sagte Nola, als ich merkte, dass ich mir schon verziehen hatte. »Du konntest nichts dafür, dass er dich nicht wollte. Und verzeih ihm auch, wo du schon dabei bist.«
    Und ich war sehr überrascht, als mein Zorn auf Chris und der Schmerz, den er mir zugefügt hatte, sich einfach auflösten. Alles war verändert, und ich sah ihn als armen Kerl, der auch nicht besser klarkam als ich. Er hätte nicht mit mir schlafen sollen, aber ich hätte auch nicht mit ihm schlafen dürfen. Ich war nicht das Opfer. Ich hatte die Entscheidung getroffen, mit ihm auszugehen, obwohl man mich davor gewarnt hatte. Und wenn es alles in der Katastrophe endete – was ja passiert war –, dann war ich genauso daran schuld.
    Dieses Gefühl mochte ich. Verantwortlich sein, die Dinge in die Hand nehmen.
    »Außerdem«, fuhr Nola fort, »wolltest du eigentlich auch nicht mit ihm schlafen.«
    Doch statt mich besser zu fühlen, musste ich plötzlich an Luke denken.
    »Was hast du denn nun, meine Liebe?«, fragte Nola.
    »Wie meinst du das?«, fragte ich.
    »Du siehst auf einmal ein bisschen, ich weiß nicht ... verärgert aus.«
    Ich war rasend vor Zorn, aber Nola kannte anscheinend keine Gefühle, die negativer waren als Ärger.
    »Ich hatte einen Freund«, erklärte ich, und meine Augen füllten sich ungewollt mit Tränen. »Einen Liebhaber, meine ich, nicht so eine Niete wie Chris.«
    Vor Wut und Verbitterung überschäumend, erzählte ich ihr von Luke, dass er sich wie ein widerlicher Scheißkerl benommen hatte, mich erniedrigt und verletzt hatte, als er bei seinem Besuch in Cloisters so schreckliche Dinge gesagt hatte.
    Nola hörte verständnisvoll zu. »Und du liebst ihn immer noch«, sagte sie, als ich fertig war.
    »Ihn lieben?«, fragte ich und sah sie an, als wäre sie übergeschnappt. »Ich hasse ihn!«
    »So sehr?« Sie sah mich mitleidig an.
    »Nein, wirklich«, beharrte ich, »ich hasse ihn von ganzem Herzen.«
    »Obwohl er es auf sich genommen hat, den langen Weg zu machen und dir zu helfen, damit du deine Sucht erkennst?« Sie klang erstaunt. »Ich finde das einmalig.«
    »Ach, hör bloß auf«, sagte ich schmollend. »Ich hasse ihn, und ich werde ihm nie verzeihen, und ich hoffe, dass ich ihn in meinem ganzen Leben nie wiedersehen werde. Dieser Teil meines Lebens ist ein für alle Mal abgeschlossen.«
    »Manchmal, wenn es so sein soll, kommen Menschen aus deinem alten Leben noch einmal zurück«, sagte sie, als wäre das eine Art Trost.
    »Wenn es so sein soll«, äffte ich sie nach. »Ich will ihn gar nicht zurück.«
    »Du bist wirklich nicht gut auf ihn zu sprechen.« Sie lächelte nachsichtig.
    »Ich meine, ich will ihn nicht zurückhaben«, beharrte ich und fügte dann mit kläglicher Stimme hinzu: »Aber ich werde auch keinen anderen kennenlernen.«

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