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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Oberschenkel die von Chris in Jeans.
    Hatte ich etwa Glück im Unglück?
    Während ich so mit dem Kopf auf dem Tisch lag, rieb Chris mir den Rücken. Und weil sich seine Hand auf meinem BH-Verschluss so gut anfühlte, verharrte ich in dieser Position länger als unbedingt notwendig. Als ich mich schließlich wieder aufrichtete, berührten sich unsere Oberschenkel erneut. Was für ein Glück, dass ich einen ziemlich kurzen Rock trug!
    Vom anderen Ende des Tisches sah man uns interessiert zu. Wenn Neil nicht schwer aufpasste, würden sich seine andächtig lauschenden Zuhörer von ihm abwenden. Ich biss die Zähne zusammen und schickte unmissverständliche Gedanken an die versammelten Braunen Pullover. Haut bloß ab. Wenn einer von euch in meine Nähe kommt, bring ich ihn um.
    Aber seltsamerweise blieben sie uns fern, außer dass Fergus, der LSD-Geschädigte, mir eine Packung Taschentücher rüberschob.
    Chris machte wieder beschwichtigende Geräusche. Seine Zuwendung war wie Balsam auf die Wunden, die Lukes Zurückweisung mir zugefügt hatte, das reine Gegengift.
    »Ich verstehe einfach nicht, wieso er Dr. Billings gegenüber gelogen hat«, sagte ich bekümmert zu Chris. Je mehr ich in die Opferrolle einstieg, desto besser. Ich würde Chris mit Fesseln des Mitleids an mich binden.
    Irgendwie wurde mir bewusst, dass ich meinen ursprünglichen Kummer aus den Augen verloren hatte. Ja, ich war schwer getroffen von dem, was Luke gesagt hatte. Nicht, weil er gelogen hatte – sondern weil es die Wahrheit war. Aber das konnte ich Chris nicht sagen. Ehrlichkeit war ein Luxus, den ich mir nicht leisten konnte.
    Stattdessen stilisierte ich mich als Leidende in der Hoffnung, dass ich dann Chris gefallen würde. Die tapfere Heldin bewahrt die Würde, obwohl die Lügen des grausamen Freundes sie niederschmettern. So etwas in der Art.
    »Was hat Luke denn gesagt?«, fragte Chris.
    »Mein Leben ist eine einzige Pechsträhne«, sagte ich und umging die Frage. Noch mehr Tränen. »Warum passieren mir immer lauter schlimme Dinge. Verstehst du das?«
    Chris schüttelte den Kopf, und seine Miene war finster, was mich unruhig machte. Hatte ich ihn verärgert?
    In dem Moment, als ich zu der Überzeugung kam, dass Chris mich durchschaut hatte, zog er den Stuhl näher heran. Ich schreckte hoch, einmal wegen der plötzlichen Bewegung, aber auch wegen meiner Schuldgefühle. Er war jetzt so nah, dass sein rechtes Knie zwischen meinen Oberschenkeln eingekeilt war. Fast unter meinem Rock, stellte ich erschreckt fest. Was hatte er vor?
    Besorgt verfolgte ich seine Bewegungen, als er seine Hand auf meine Wange legte. Wollte er mich schlagen? Eine Sekunde lang, die sich wie eine Stunde anfühlte, lag meine Wange so in seiner Hand. Oder wollte er mich küssen? Als sein Gesicht näher an meins herankam und es tatsächlich so aussah, als wollte er mich küssen, geriet ich in Panik, denn wie konnte er das tun, wenn um den Tisch die Braunen Pullover zusahen? Aber er tat weder das eine noch das andere. Stattdessen strich er mir mit dem Daumen die Tränen fort. Er tat es umsichtig und mit ungewöhnlicher Zärtlichkeit.
    »Arme Rachel«, sagte er und wischte auch die Tränen auf der anderen Seite fort. Das Mitleid in seiner Stimme war unüberhörbar. Oder war es gar Leidenschaft? Wer weiß ...
    »Arme Rachel«, sagte er wieder. Noch während er sprach, rauschte Misty O’Malley an uns vorbei, und zu meiner Überraschung hörte ich sie lachen. Was hatte sie zu lachen? Alle hatten gefälligst Mitleid mit mir zu empfinden!
    Arme Rachel! Das hatte Chris gesagt.
    Aus ihren grünen Augen warf sie mir einen Blick voll vernichtendem Hohn zu. Zorn stieg in mir auf, und ich fühlte mich missverstanden. Mein Blick ging zu Chris, weil ich von ihm mein Stichwort erwartete. Als er seine schönen Lippen zusammenpresste, wartete ich begierig darauf, dass er sagte: »Halt die Klappe, Misty, du kleines Luder.« Aber er sagte nichts, gar nichts. Also schwieg auch ich, wenn auch ungern.
    Misty zog ab, und ohne mir in die Augen zu sehen, sagte Chris langsam und nachdenklich: »Ich möchte gern einen Vorschlag machen.«
    Ging es darin um ihn und mich, ohne Kleider und mit Kondom?, fragte ich mich hoffnungsvoll.
    »Vielleicht gefällt er dir nicht«, sagte er warnend.
    Er wollte kein Kondom benutzen? Macht nichts, es würde uns schon was einfallen.
    »Ich weiß, dass du dich miserabel fühlst«, sagte er vorsichtig. »Du bist verletzt. Aber vielleicht bist du es dir selbst

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