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Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Rachel im Wunderland: Roman (German Edition)

Titel: Rachel im Wunderland: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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schuldig, über das nachzudenken, was Luke gesagt hat. Und es könnte ja sein, dass du feststellst, dass es nicht gelogen ist ...«
    Ich starrte ihn mit aufgerissenen Augen an, während in mir eine Stimme wimmerte: Ich dachte, du wärst mein Freund. Er erwiderte meinen Blick voller Anteilnahme.
    Was sollte das?
    In dem Moment tauchte Misty O’Malley wieder auf und sagte: »Ich brauche mal einen großen, starken Mann.« Als die beleibten, schwerfälligen Männer sich erhoben und in Trab setzten wie Schweine zur Fütterungszeit, hielt sie ihre Hand hoch und sagte: »Aber da es keinen gibt, begnüge ich mich mit dir.« Sie streckte ihre Hand aus, warf mir ein böses Lächeln zu, mit dem sie mir zu verstehen gab: Er gehört mir, und packte Chris bei der Hand.
    Und er ging mit ihr! Er stand auf, streifte flüchtig meine Knie, was ein leichtes Kribbeln durch mich hindurchschickte, und sagte: »Wir sprechen später weiter.« Dann war er weg.
    Fast wäre ich wieder in Tränen ausgebrochen. Ich hasste Misty O’Malley, weil sie es schaffte, dass ich mich wie der letzte Idiot fühlte. Ich hasste Chris, weil er Misty lieber mochte als mich. Und am schlimmsten war, dass Chris gewusst hatte, dass ich, was Luke anging, gelogen hatte. Was ich aber ganz und gar nicht verstand, war, warum er trotzdem so freundlich war.
    Als die anderen Insassen sich mir zuwandten, merkte ich, dass ich ebensogut ehrlich darüber Auskunft geben konnte, was Luke geschrieben hatte. So schlimm war es ja in Wirklichkeit nicht, sagte ich mir.
    Der Erste, der sich zu mir setzte, war Mike. Auch er wusste, ohne dass ich etwas gesagt hatte, dass ein Fragebogen eingetroffen war.
    »Ist doch klar.« Er grinste und dehnte seinen breiten Brustkorb. »Wenn man drei Wochen hier ist, erkennt man die Anzeichen. Und, was hat der Bursche zu berichten gehabt?«
    »Er hat geschrieben, dass ich manchmal morgens vor der Arbeit Kokain geschnupft hätte.«Als ich es zum ersten Mal laut aussprach, wurde mir wieder richtig bewusst, wie sehr mich Lukes Verrat getroffen hatte. Bitterer Zorn gegen ihn wallte in mir auf.
    »Und, stimmt es?«, fragte Mike.
    Das Nein lag mir schon auf der Zunge, aber ich zwang mich, es herunterzuschlucken.
    »Ab und zu«, sagte ich ungeduldig. Es ärgerte mich, dass ich das diesem ungehobelten Bauern erklären musste.
    »Das ist doch gar nichts«, sagte ich heftig. »In New York machen das jede Menge Leute. Da sind die Dinge anders als hier. Man steht ständig unter Stress. Das ist nichts anderes, als würde man eine Tasse Kaffee trinken. Das verstehst du nicht.«
    Nach und nach verlor Neil seine Sympathisanten an mich. Und ich begrüßte jeden Hinzukommenden mit einer frischen Schilderung meiner Kümmernisse.
    Ich wollte, dass sich besänftigende Hände auf meine aufgebrachten Gefühle legten. Und weil Luke mich als wertlosen Menschen hingestellt hatte, wollte ich es ihm heimzahlen, indem ich ihn zu einem Nichts reduzierte.
    Im Gegensatz zu Celine waren die Insassen gleich bereit, Luke zu zerpflücken. Und sie gaben ihre eigenen Geschichten zum Thema »Fürchterliche Fragebogen in meinem Leben« zum Besten. Wir labten uns an Schauergeschichten über untreue Freunde und Verwandte, die uns in so manchem von Cloisters ausgesandten Fragebogen in den Rücken gefallen waren. Es machte mir sogar Spaß. Ich hatte auch nichts dagegen, mich mit den anderen zu verbünden, denn ich brauchte Gesprächspartner, auch wenn wir eigentlich so unterschiedlich waren wie Lebewesen von verschiedenen Planeten. Unter Menschen zu sitzen, die mir lauter Mitleid und Schokolade anboten, war gar nicht schlecht.
    Ein paar hatten nicht übel Lust, Luke zu verprügeln. Was mir große Genugtuung verschaffte. Besonders, da Chaquie eine von ihnen war.
    Sie waren mehr als bereit, all die schrecklichen Dinge zu glauben, die ich über Luke erzählte. Außer natürlich der Geschichte mit dem Blinden. Aber es gelang mir, einen geschickten Rückzieher zu machen, und schon bald ging die Schlammschlacht mit Luke als Zielscheibe weiter.
    »Luke Costello sagt nie die Wahrheit!«, behauptete ich. »Der würde sogar lügen, wenn man ihn fragte, was seine Lieblingsfarbe ist.«
    Je mehr ich ihn durch den Schmutz zog, desto besser fühlte ich mich. Am Ende glaubte ich selbst, dass er so übel war, wie ich ihn geschildert hatte.
    Chris kam nicht zurück. Ich behielt die Tür im Auge. Zu gerne hätte ich gewusst, wo er mit Misty hingegangen war. Und was sie zusammen taten.
    Arschlöcher.
    Aber ich

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