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Rachel

Rachel

Titel: Rachel
Autoren: Linda Lael Miller
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die Unterlippe. Sie wagte es nicht, Jacob oder seine Frau anzusehen, denn sonst wäre sie wohl doch noch in Lachen ausgebrochen.
    Toby schaute dem Mädchen über die Schulter, um Rachels Bohnen zu begutachten. »Vermutlich hast du recht«, meinte er und nahm den Platz auf der gegenüber liegenden T ischseite neben Jacob ein, wo schon für ihn gedeckt war. Die beiden Kinder verdrückten erst eine zweite und dann noch eine dritte Portion Bohnen und gemeinsam vertilgten sie das ganze Brot.
    Alles in allem war es eine angenehme Mahlzeit, auch wenn meistens geschwiegen wurde.
    Christabels Augen wirkten besonders groß, als sie vom Tisch aufstand und ihren leeren Teller nahm. »Ich spüle das Geschirr«, erklärte sie, »und dann möchte ich mich hinlegen, denn ich bin müde und völlig erschöpft.«
    June erhob sich von ihrem Sitz und nahm Christabel den Teller aus der Hand. »Du kannst sicher sein, dass ich dir noch genug Arbeit zuteilen werde. Aber damit fangen wir erst morgen an.«
    »Ich weiß gar nicht, wo Sie mich unterbringen wollen«, bekannte das Mädchen so scheu, dass es Rachel in der Seele weh tat. »Gibt es vielleicht einen Heuboden oder einen Strohsack, auf dem ich schlafen könnte?«
    »Wenn Reisende hier in der Station übernachten, vermieten wir gewöhnlich jedes freie Bett, das wir haben«, erklärte June dem Mädchen, »aber heute kannst du dir auswählen, in welchem Bett du schlafen möchtest.« Sie legte ihre Hand auf die magere Schulter des Kindes. »Aber mach dir mal keine Sorgen, wir werden schon ein Plätzchen für dich finden, wo du ständig bleiben kannst - falls du das möchtest.«
    Christabel schaute die ältere Frau ungläubig erstaunt an. »Eine Kammer? Ganz für mich allein?«
    June lächelte. »Komm mit und dann machen wir dir erst mal ein Bett für heute Nacht. Mit frischer Wäsche, damit du besonders gut schläfst.« Gemeinsam verließen sie den großen Speisesaal, wobei June ihre Schritte denen des Mädchens anpasste.
    Rachel, die schon lange mit dem Essen fertig war, stand auf, räumte den Tisch ab und machte sich an den Abwasch, während Jacob und Toby in den Stall gingen, um wie jeden Abend noch einmal nach den Tieren zu sehen. Rachel stand am Arbeitstisch in der Küche und blickte durchs Fenster auf die Lichter des Brimestone Saloons, die in der Dunkelheit leuchteten. Sie ließ ihren Gedanken freien Lauf, die jedoch nur ein Zi el zu haben schienen: Trey Har greaves. Und sie fanden ihn nur allzu leicht.
    Am Sonntagmorgen, nach dem Frühstück und den üblichen Arbeiten, die regelmäßig auf der Station erledigt werden mussten, kündigte Jacob an, dass er das Bedürfnis hatte, eine aufrüttelnde Predigt zu halten. Zu diesem Zweck zog er seinen guten schwarzen Anzug und eine Krawatte an und holte seine alte Bibel hervor, nachdem die Arbeit in Stall und Scheune erledigt war. Man hätte glauben können, dass sein Entschluss, einen Gottesdienst abzuhalten, die ganze Nachbarschaft zum Leben erweckt hätte, aber Rachel wusste ja inzwischen, dass dieser Tag schon lange geplant war.
    Es wehte eine frische Brise, aber die Frühjahrssonne lachte an einem blitzblauen Himmel. Farbenprächtige Wildblumen bedeckten die Wiesen und ließen die ganze Landschaft wie eine bunte Patchwork-Decke aussehen.
    Mit Hilfe von Toby und Christabel schob Rachel die Tische im großen Saal der Station an die eine Wand. Dann stellten sie Bänke in schmalen Reihen vor dem Kamin auf, denn June hatte ihr erklärt, dass Jacob bei seinen Predigten am liebsten vor dem Kamin stand. Das war ihm im Laufe vieler Winter in Montana so zur Gewohnheit geworden, hatte sie gesagt, wenn das Land mit Eis und Schnee überzogen war.
    June selbst hatte alle Hände voll zu tun, Hühner zu braten und Kartoffeln und Eier zu kochen, woraus sie eine riesige Portion Salat machen wollte.
    Kurz vor Mittag trafen die Nachbarn, die alle Jacobs Predigt hören wollten nach und nach auf der Station ein. Landry Kildare und seine zwei Söhne, ohne Kriegsbemalung und mit ordentlich gekämmten Haaren, waren die ersten, dann kamen die Bellweathers, denen ein paar ältere Junggesellen folgten - Händler, Jäger und Fallensteller, die allesamt aussahen, als hätten sie schon seit zwanzig Jahren nicht mehr die Wälder verlassen. Diese Männer, die einsam und allein in den Bergen lebten, waren sehr scheu und zurückhaltend, aber es war ihren Augen deutlich anzusehen, dass sie un bedingt an diesem Ereignis teilhaben wollten. Auch einige Cowboys kamen, die sich
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