Rachelust - Der sechste und letzte Fall für Nora und Tommy
dachten Sie, dass es ihm sehr wohl gelungen wäre, Ihren Kollegen hier hereinzubringen. Folglich untersuchten Sie alle Zimmer. Das ahnte der Typ. Er nutzte es aus, indem er die tödliche Falle anbrachte. Als einzelne Person konnte er unbemerkt in der Abstellkammer verschwinden.“
„Darauf bin ich auch schon gekommen“, gab Tommy düster zurück.
„Hat er Sie irgendwie hierhin gelockt?“
„Ja. Wieso fragen Sie?“
„Morgen früh hätte eine Putzfrau die Abstellkammer betreten. Demnach wäre sie das nächste Opfer gewesen. Deshalb hätte es mich gewundert, wenn der Mörder Sie nicht hergelockt hätte. Bestimmt hat er die Falle erst vor kurzer Zeit angebracht, um sicherzugehen, dass einer von Ihrem Team den Türgriff anfasst.“
Thomas presste seine Fäuste gegeneinander. „Wir hätten damit rechnen müssen. Der Kerl hat ausgenutzt, dass wir unseren Vorgesetzten so schnell wie möglich finden wollten. Aber ab sofort wird ihm das nicht mehr gelingen. Seine Fallen und Finten kann er sich an den Hut stecken. Darauf werden wir nicht mehr hereinfallen.“
„Es geht um Ihren Vorgesetzten?“, fragte Lotter überrascht. „Ich dachte, dass es nur um einen Kommissar ginge.“
„Nein, der Mörder schreckt vor nichts und niemandem zurück.“ Thomas schlug auf das Dach seines Wagens. „Das macht es ja so schlimm. Ihm gelingt es spielerisch, einen Beamten nach dem anderen zu töten.“
„Vielleicht ist es einer von Ihrer Truppe“, stieß Lotter aus.
„Daran habe ich auch schon gedacht. Ein ehemaliger Polizist kennt schließlich alle Kniffe. Der könnte sich einen solchen Plan zurechtlegen und ihn auch so kühn ausführen.“
„Dann sollten Sie mal all Ihre Akten überprüfen.“
Thomas sah den Sicherheitsbeauftragten streng an. „Was denken Sie denn, was meine Kollegen in der Direktion machen? Aber wenn sie etwas gefunden hätten, dann wäre ich schon informiert worden.“ Er öffnete die Autotür und stieg ein. „Wenn ich ehrlich bin, dann interessiert mich momentan aber sowieso nur noch eine Sache. Und zwar wie es meiner Partnerin geht. Alles andere ist mir jetzt schnuppe.“ Nach diesen Worten schlug er die Autotür kräftig zu und fuhr davon.
Lotter blickte ihm lange Zeit nach.
25
Der Mörder beobachtete das Treiben aus sicherer Entfernung. Er stand auf einer Anhöhe im Göttinger Wald und sah durch ein Fernglas. Dabei musste er zwangsläufig schmunzeln. Denn er sah den Beamten an, dass sie keine Ahnung hatten, wie sie ihn stoppen konnten.
Offenbar ist Nora Feldt in meine Stromfalle getappt. Das hätte ich nicht erwartet. Normalerweise ist es Thomas Korn, der immer ungeduldig ist und deshalb die Initiative ergreift. Eigentlich hätte er den Türgriff anfassen müssen. Das wäre nur logisch gewesen.
Ein merkwürdiges Schuldgefühl überkam ihn. Denn er hatte nichts gegen Nora Feldt. Die Kommissarin war eifrig, pflichtbewusst und sympathisch. Ihm wäre es lieber gewesen, wenn eine andere Person mit dem Notarztwagen zur Uniklinik gebracht worden wäre.
Aber das konnte ich mir nicht aussuchen. Es ist nun einmal passiert. Ich kann es nicht mehr ändern. Viel wichtiger ist, dass meine Nachricht deutlich wurde. Die Bullen wissen nun, womit sie es zu tun haben. Ich scherze nicht. Ich habe sie im Visier. Eindeutiger kann die Situation nicht sein. Nun müssen sie mich nur noch jagen.
In diesem Moment richtete er sein Fernglas auf den Sicherheitsbeauftragten des Physik- und Chemielabors. Wie war dessen Name noch gleich? Kotter? Lotter? Egal. Namen interessierten den Mörder nicht. Allerdings musste er zugeben, dass er sehr aufgeregt gewesen war, als er sich vor wenigen Stunden an dem Kerl vorbeigemogelt hatte.
Eigentlich ist es erschreckend, wie einfach man in öffentliche Gebäude eindringen kann. Aufgrund der hohen Kosten sind kaum irgendwo Kameras installiert. Nur die wirklich wichtigen Orte werden überwacht. Und selbst diese kann man mit ein bisschen Vorbereitung ungestört betreten. Das habe ich eben bewiesen.
Sein Schuldgefühl war schon wieder verflogen. Er dachte nicht mehr an Nora Feldt. Stattdessen konzentrierte er sich auf seine weiteren Schritte. Sein Plan sah noch einige Überraschungen vor. Die Bullen konnten sich auf etwas gefasst machen. Im Vergleich zu den kommenden Ereignissen erschien alles Bisherige wie ein Witz.
Es wird Zeit, das nächste Ziel zu attackieren. Korn dürfte inzwischen ahnen, wie es weitergeht. Das sollte ich mir zunutze machen.
Mit einem entschlossenen Nicken
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