Rachelust - Der sechste und letzte Fall für Nora und Tommy
„Nicht! Das hat keinen Sinn. Sie würden auch sofort unter Strom stehen. Wir brauchen etwas, um Noras Arm von der Tür abzuschlagen. Das ist die einzige Möglichkeit.“
Nora war kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren. Das Zittern wurde immer stärker. Ihre Augenlider flatterten auf und ab. Speichel floss aus ihren Mundwinkeln.
„Meine Güte, halte durch, Nora! Nur noch wenige Augenblicke!“ Hektisch dachte Thomas nach. „Hat jemand einen Gummiknüppel dabei?“
„Ja, ich habe einen“, meldete sich einer der Beamten zu Wort. Er nahm den Knüppel aus seinem Gürtel und reichte ihn Tommy. „Aber reicht der aus?“
„Wir werden es sehen.“ Der Kommissar riss ihm den Knüppel aus der Hand und sah besorgt zu Nora. „Es tut mir leid, aber ich habe keine andere Wahl. Es muss sein.“ Obwohl es ihm in der Seele wehtat, ließ er den Gummiknüppel mit voller Wucht auf Noras Arm herabsausen. Er spürte, wie der Knüppel auf den Unterarmknochen traf und diesen vermutlich brach. Ein leises Knacken bestätigte die Befürchtung. Zudem schrie Nora vor lauter Schmerz auf. Tränen schossen ihr in die Augen. Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer Fratze.
Tommy verfluchte sich selbst für diese Aktion. Doch wenigstens reichte die Wucht seines Schlages aus, um Noras Hand von dem Türgriff zu lösen. Prompt sackte sie gegen die Wand und regte sich nicht mehr.
„Wir brauchen sofort einen Notarzt!“
Einer der Beamten zeigte auf das Funkgerät in seiner Hand. „Ist schon erledigt. Ich habe mich darum gekümmert. Der Arzt kommt so schnell wie möglich. Sie muss nur noch etwas durchhalten.“ Sein Blick haftete auf Nora.
Thomas kniete sich vor seine Kollegin und nahm ihr Gesicht in beide Hände. „Nora? Hörst du mich? Kannst du mich verstehen? Gib mir ein Zeichen!“ Er öffnete ihre Lider. Doch Noras Augen waren in die Höhlen zurückgetreten.
„Tu mir das nicht an. Bitte! Komm schon!“ Tommy tastete nach ihrer Halsschlagader. Der Puls war nicht mehr vorhanden.
„Nein, nein! Du darfst nicht sterben!“
Er legte Nora der Länge nach auf den Boden und startete einen Wiederbelebungsversuch. Zuerst platzierte er den Ballen der rechten Hand auf das untere Drittel ihres Brustbeins. Dann setzte er die linke Hand auf seine rechte und drückte dreißig Mal nach unten. Kurz darauf beatmete er Nora. Dazu pustete er ihr seinen Atem durch die Nase in die Lungen. Er sah, wie sich Noras Brustkorb anhob. Anschließend widmete er sich wieder der Herzmassage. Diesen Wechsel führte er mehrmals hintereinander aus.
„Mach schon. Atme wieder, verflucht!“
Die Zeit schien stillzustehen. In jeder einzelnen Sekunde hoffte Tommy, dass Nora ihre Augen wieder aufschlug.
Doch das tat sie nicht.
Sie blieb reglos vor ihm liegen.
24
Als der Notarzt fünf Minuten später eintraf, atmete Nora noch immer nicht. Tommys Wiederbelebungsversuch war gescheitert. Nun konnte er nur noch auf die Ärzte vertrauen. Er hatte alles gemacht, was in seiner Macht stand. Ab sofort lag Noras Leben in den Händen der Mediziner. Dabei gab es nichts, das Tommy mehr hasste, als Hilflosigkeit. Er musste ausharren und geduldig auf eine positive Nachricht hoffen. Ohne zu wissen, wann diese bei ihm eintraf. Oder ob sie überhaupt käme.
Nora ist gerade erst aus ihrem Urlaub zurückgekommen. Und jetzt passiert diese Scheiße. Ich könnte mich ohrfeigen. Ich könnte mich für alles verfluchen.
Während der Notarztwagen zurück zur Uniklinik raste, packte Tommy die pure Wut. Er schwor sich, dem Mörder die größtmögliche Qual zuzufügen.
Er wird entsetzlich leiden. Wie kein anderer Mensch zuvor. Nichts anderes hat er verdient!
Mit aller Macht unterdrückte er die Erinnerung an den dritten Tatort. Dort war er es nämlich gewesen, der Dorm zur Ruhe und Umsicht aufgefordert hatte. Daraufhin hatte sein Kollege behauptet, dass Tommy den Schmerz erst richtig fühlen könnte, wenn es Nora betreffen würde.
Damit sollte er auf bittere Weise Recht behalten.
Thomas nahm seine Pistole in beide Hände und trat gegen die Tür der Abstellkammer. Diese flog auf, knallte gegen die Wand und gab den Blick auf das Innere des Zimmers frei. Wie schon bei der Kammer im Erdgeschoss war Kortmann nirgends zu sehen. Es befanden sich nur Putzutensilien in dem Raum.
„Der Drecksack hat das Kabel des Lichtschalters angezapft“, erkannte Tommy. Ein externes Stromkabel führte vom aufgeschraubten Lichtschalter direkt zur Türklinke. Thomas mochte sich gar nicht ausmalen, wie viel Volt
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