Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
ist wirklich das dümmste Tier, das mir je begegnet ist. Selbst wenn man auf ihn getreten ist, hat er nur zu einem hochgegrinst wie ein Dorfdepp. Er war ein bisschen wie Marlin, denke ich. Ach, nein, so wollte ich das nicht sagen, Marlin war nicht dumm, um Gottes willen, er war sehr intelligent, ein kluger Kopf, mathematisch begabt.«
»Er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen«, sagte ich.
»Genau das meinte ich. Marlin war der gelassenste Mensch, den ich kenne, ich kann mir nicht vorstellen, wer ihm etwas antun wollte. Ich meine, Marlin , um Himmels willen. Er war das, was man eine Seele von Mensch nennt. So ist er auch an Louie gekommen. Niemand wollte den Hund nehmen, weil er so dumm ist. Mein Mann und ich nannten ihn immer den wandelnden Blondinenwitz. Ein schnaufender, pupsender Flokati. Ich kann es einfach nicht glauben. Jemand hat Marlin etwas angetan. Unfassbar.«
»Mrs. Quigg hat es ziemlich schwer getroffen, wenn Sie es vielleicht möglich machen könnten, jetzt gleich herüberzukommen …«
»Ich bin sofort da.«
Zurück im Wohnzimmer fand ich Belle Quigg mit dem Kopf an Milos Schulter vor. Mit geschlossenen Augen, vielleicht schlief sie, vielleicht war es auch mehr als Schlaf. Sie hatte ihn in einer unbequemen Haltung erwischt, aber er rührte sich nicht.
Ich sagte ihm, dass in Kürze eine Freundin auftauchen würde.
Belle Quigg regte sich.
Milo sagte: »Ma’am?«
»Hm?«
»Wenn Sie noch ein paar Fragen beantworten könnten.«
Ihre Augen öffneten sich. »Was?«
»Sagt Ihnen der Namen Vita Berlin etwas?«
»Berlin, wie die Stadt?«
»Ja.«
»Nein.«
»Mit Vita Berlin verbinden Sie nichts?«
»Klingt wie ein Nahrungsergänzungsmittel.«
»Was ist mit einer Versicherung namens Well-Start?«
»Hm?«
Er wiederholte den Namen.
»Wir sind bei Allstate.«
»Allstate ist ein Unfallversicherer, Well-Start eine Krankenversicherung.«
»Da sind wir bei Blue Cross. Die Rechnungen hat immer Marlin bezahlt.«
»Also weder bei Vita Berlin noch bei Well-Start klingelt es.«
»Nein.« Ein kurzer Moment der Klarheit. Sie setzte sich auf, blieb aber an ihn gelehnt. »Nein. Weder noch. Warum?«
»Reine Routinefragen.«
Lächelnd legte die gerade zur Witwe Gewordene eine Hand auf Milos Brust. »Sie sind so groß «, sagte sie und schmiegte sich an ihn.
15
Zwei Frauen betraten die Wohnung der Quiggs. Als Erste durch die Tür kam eine große, dralle Rothaarige mit kurzgeschnittener Fönwelle. Sie trug ein grünes Sweatshirt über schwarzen Gymnastikhosen und dazu rote Chinaschläppchen. Sie stellte sich selbst als Letty vor und ihre etwas kleinere ebenfalls mit Sweatshirt bekleidete Begleiterin als »Sally Ritter, sie ist auch eine Freundin«.
Belle Quigg reagierte nicht. Ihre Augen waren offen, hatten aber in der letzten Viertelstunde nicht den geringsten Ausdruck gezeigt. Eine Hand umfasste immer noch Milos Handgelenk, die andere lag auf seiner Brust.
Letty Pomeroy sagte: »Oh Liebes!« und stürzte auf sie zu.
Milo gelang es, sich zu entwinden, und streckte sich.
Sally Ritter sagte: »Was genau ist passiert?«
Ich sagte: »Das habe ich Mrs. Pomeroy bereits berichtet.«
»Nach dem, was sie mir auf dem Weg erzählt hat, ist das nicht viel.«
Milo sagte: »Wir wissen noch nicht viel, deshalb müssen wir ja auch ermitteln. Vielen Dank, die Damen.« Er strebte zur Tür.
Belle Quigg sagte: »Warten Sie.«
Alle sahen sie an.
»Ist Ihnen noch etwas eingefallen, Ma’am?«
Sie schüttelte den Kopf. »Aber alle sollten hierbleiben.«
Milo ließ den Motor an, noch ehe er die Fahrertür zugezogen hatte, und raste los auf den Sunset Boulevard. Als er die nächste Kreuzung bei Dunkelgelb überquerte, erntete er Hupen und Flüche. »Verklagt mich doch«, fauchte er und lenkte mit einem Finger, während er Moe Reed anrief.
»Irgendwelche Abdrücke?«
Reeds Stimme drang durch den Lautsprecher, verrauscht, aber verständlich. »Ein paar in der Nähe des Tores, genau wie Sie vermutet hatten. Die Spurensicherung kam gleich, nachdem Sie weg waren, und ich hab sie darauf angesetzt. Leider hat sich kein wirklich klares Bild ergeben. Alles was sie haben, ist eine Idee von der Schuhgröße.«
»Nämlich?«
»Es sind mindestens fünf verschiedene, von klein bis groß ist alles dabei.«
»Was ist mit Reifenspuren?«
»Muss ich das jetzt wirklich sagen, hm?«
»So übel?«
»Nichts, überhaupt nichts, Lieutenant. Wer auch immer den armen Kerl aufgeschlitzt hat, ist entweder zu Fuß gekommen oder hat
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