Rachenacht: Ein Alex-Delaware-Roman (German Edition)
verstehe. Aber ich bin sicher, dass Sie können, sobald wir hier mit den entsprechenden Papieren auftauchen und all Ihre wichtigen Aufgaben mit einem Schlag zum Erliegen kommen.«
Ostrovine ließ seine zu groß geratenen Zahnkronen aufblitzen. »Ist das wirklich notwendig? Ich bin sicher, Glendas … Tragödie hat nichts mit der Arbeit zu tun.«
Milo sagte: »Vielleicht sollten Sie den Beruf wechseln und Detective werden.«
»Also gut, nennen Sie mir die Namen. Aber selbst wenn ich sie finden sollte, kann ich Ihnen keine Details preisgeben.«
»Vita Berlin.«
Tastengeklapper. Ein Seufzer der Erleichterung. »Nein. Den nächsten.«
»Marlin Quigg.«
»Nein, auch nicht. Nun, wenn es sonst nichts mehr …«
»Dr. Usfels TAs.«
»Oh«, sagte Ostrovine. »Das. Ja. Ich werde Cheryl für Sie holen lassen.«
Cheryl Wannamaker war jung und cool, trug Dreadlocks und sprach mit leicht jamaikanischem Akzent. Wir unterhielten uns auf dem Parkplatz, in der Nähe von M. Ostrovines Stellplatz, auf dem ein schwarzer Mercedes stand.
Im ersten Moment schien sie die Nachricht vom Tod ihrer Vorgesetzten nicht weiter zu erschüttern. Doch dann wurden ihre Augen feucht, und ihr Kinn begann zu zittern. »Nicht schon wieder.«
»Ma’am?«, sagte Milo.
»Ich habe meinen Neffen verloren«, sagte sie. »Vor zwei Wochen erst. Er wurde von einem betrunkenen Autofahrer überfahren.«
»Das tut mir leid.«
»DeJon war zwölf.« Sie wischte sich über die Augen. »Und jetzt Dr. Usfel. Was ist das nur für eine Welt. Mein Gott.«
»Wie lange haben Sie mit Dr. Usfel gearbeitet?«
»Fünf Wochen.«
»Hatte irgendjemand Zoff mit ihr?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Was war sie für ein Mensch?«
»Sie war okay«, sagte Cheryl Wannamaker.«
»Freundlich?«
»Ja.« Sie lächelte. »Na ja, nicht wirklich. Sie war extrem sachlich und geschäftsmäßig, nach dem Motto: Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps.«
»Kaum ein Schwätzchen zwischendurch.«
»Überhaupt kein Schwätzchen.«
»Gab es dadurch Spannungen?«
»Nicht, was mich angeht«, sagte Wannamaker. »Ich mag es auch nicht, Zeit zu verplempern.«
»Was war mit den anderen?«
»Da schien alles in Ordnung.«
»Wir haben gehört, sie war leicht reizbar.«
»Na ja«, sagte Wannamaker. »So könnte man sagen.«
»Wem galt ihre Wut?«
»Wut war es eigentlich nicht, mehr schlechte Laune. Wenn etwas in Verzug geriet oder Leute nicht verstanden, was sie von ihnen wollte.«
»Wie hat sich ihre schlechte Laune geäußert?«
»Sie wurde still.« Cheryl Wannamaker fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Wie ein Wasserkessel, kurz vor dem Überkochen.«
»Was passierte, wenn sie überkochte?«
»Das ist nie passiert. Sie muffelte einfach so vor sich hin. Wenn man sie ansprach, antwortete sie nicht, obwohl sie einen gehört hatte. Man musste also erraten, was sie wollte, und hoffen, dass man das Richtige tat.«
»Sie haben nie gesehen, dass sie doch mal jemanden angefahren hat?«
»Nie«, sagte sie. »Aber ich habe gehört, dass mal jemand auf sie losgegangen ist.«
»Wer?«
»Ein Patient«, sagte Wannamaker. »War vor meiner Zeit, ich hab nur davon gehört.«
»Was haben Sie gehört?«
»Dass im Scan-Raum jemand ausgerastet ist.«
»Wer hat Ihnen das erzählt?«
»Margaret«, sagte sie. »Margaret Wheeling, wir wechseln uns mit den Diensten ab.«
»Wann ist das passiert?«
»Kann ich nicht sagen.«
»Aber es wurde noch darüber geredet, als Sie hier anfingen zu arbeiten.«
»Nein, nur Margaret hat darüber geredet. Um mich vorzubereiten.«
»Worauf?«
»Auf Dr. Usfels Art. Wie krass sie sein konnte. Als der Patient auf sie losging, ist sie nicht zurückgewichen, sondern hat sich vor ihm aufgebaut und gesagt: ›Entweder Sie regen sich sofort ab, oder Sie verschwinden von hier.‹ Was er dann auch tat. Margaret meinte, im Grunde müssen wir alle lernen, so bestimmt aufzutreten, man weiß ja nie, auf wen man trifft.«
»Ist der Patient noch einmal aufgetaucht?«
»Kann ich nicht sagen, Sir.«
»Hat Margaret Ihnen noch mehr über Dr. Usfel erzählt?«, fragte er.
»Sie meinte nur, geh ihr aus dem Weg, wenn sie still wird.«
»Wo können wir Margaret finden?«
»Gleich hier«, sagte Cheryl Wannamaker und zog ein Handy heraus. »Ich habe ihre Nummer.«
Margaret Wheeling wohnte eine Viertelstunde von ihrer Arbeitsstätte entfernt in einem Reihenhaus am Laurel Canyon gleich nördlich von Riverside. Sie öffnete die Tür mit einem Glas Eiswasser in der
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