Radikal führen
ungewiss ist. Dessen Erfolg sogar eher unwahrscheinlich ist, sonst hätten Sie sich wohlstärker engagiert. Die Projektteilnehmer sehen also ihre Mitarbeit als vorübergehend, was von der stabilen Kernarbeit zu unterscheiden ist. Doch so etwas wie einen stabilen Arbeitskern wird es in Zukunft kaum noch geben. Projekte sind die ideale Arbeitsform für Anfangs- und Umbruchzeiten.
Beim klassischen Projektmanagement geht es vor allem darum, aktiv Veränderungen im Unternehmen anzustoßen, um neue Marktchancen zu nutzen. Veränderungen, die von den Abteilungsgrenzen verhindert werden. Um dies erfolgreich zu tun, sollten Sie alle drei Dimensionen von »Changeability« beachten: die Veränderungsbereitschaft, die Veränderungsfähigkeit und Veränderungsmöglichkeit.
Zunächst geht es darum, die Veränderungs bereitschaft der Mitarbeiterschaft anzustoßen. Ihre Neugier, ihren Einfallsreichtum und ihre Gestaltungskraft zu stimulieren. Sich mit der Zukunft zu beschäftigen und in möglichen Szenarien zu denken: »Was wäre, wenn ...« Keine leichte Aufgabe. Widerstand ist zu erwarten von der Kultur des Aussitzens und der gegenseitigen Rücksichtnahme unter den Führungskräften. Wer auf die klassische Frage: »Und was kommt dabei für mich heraus?« keine befriedigende Antwort gibt, kann kaum mit Aufgeschlossenheit gegenüber Neuerungen rechnen. Eben deshalb ist es so wichtig, die Notwendigkeit der Veränderungen zu plausibilisieren.
Die Veränderungs fähigkeit resultiert aus der Differenz zwischen dem, was Mitarbeiter und Organisation heute können und zukünftig können müssen. Das sind die Leitfragen: Welche Kenntnisse und Fähigkeiten müssen wir morgen besitzen? Auf welche Kenntnisse und Fähigkeiten können wir demnächst verzichten?
Widmet man sich der Veränderungs möglichkeit, dann mutieren viele Manager zu Opfern. Immer ist der Tarifvertrag falsch, der Standort schlecht gewählt, die Technologie antiquiert, das Währungsverhältnis unfair, das Steuergesetz fehljustiert, der Zeitpunkt unpassend. Das nimmt nichts davon weg, dass Siedas, was Sie in Ihrer Hand haben, auch verändern sollten. Es war schon immer klüger, ein Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen. Mehr noch: Nach meiner Erfahrung ist es in den Unternehmen am besten um die organisatorische Veränderungsmöglichkeit bestellt: Die institutionellen Rahmenbedingungen stellen die geringste Limitation für den Wandel des Unternehmens dar – wenn Sie den Wandel denn wirklich wollen. Die Leitfragen dazu lauten: Wo sind die Engpässe? Was sind die Umsetzungsbarrieren? Was muss zunächst gelöst werden, damit eine Veränderung starten kann und glaubwürdig ist?
Es geht also darum, die drei Dimensionen organisatorischer Veränderung immer wieder anzustoßen. Das natürlich nicht als Selbstzweck, sondern als Veränderungs -Notwendigkeit in der Folge einer sich verschiebenden Markttektonik. Man kann das – wie immer – übertreiben. So manches Unternehmen hätte sich in den Krisen 2001 und 2008 gerne etwas mehr Stabilität und »old economy« gewünscht. Aber mit Blick auf Zukunftsfähigkeit haben die meisten Unternehmen eher Nachholbedarf. Projektmanagement – ernst genommen – ist dafür ein pragmatischer Schritt.
Dezentral ist stärker
Manager sind die Apostel der Machbarkeit. Sie erkennen oft nicht, dass Vielfalt, Dezentralität und hohe Freiheitsgrade Voraussetzung dafür sind, dass so komplexe Systeme wie Unternehmen stabil bleiben können und gleichzeitig genügend Flexibilität entwickeln, um mit der Unvorhersehbarkeit der Märkte zurande zu kommen. Auch wenn es manchmal wie Chaos wirkt. Wer dieses Chaos durch Zentralisierung bändigen will, mag sich persönlich auf der sicheren, mindestens aber effizienten Seite wähnen. Aber er weiß nie genau, was er anrichtet – außer dass er Freiheitsgrade reduziert hat und damit die Anpassungsfähigkeit gefährdet.
Aus der Perspektive der Zukunftsfähigkeit ist jedoch unbestritten: Kleine Einheiten sind wichtige Stützpfeiler einer resilienten Organisation. Nur dezentrale, lokal vorangetriebene Entwicklungsprojekte sind widerstandsfähig genug, um unter rasch wechselnden Rahmenbedingungen zu funktionieren. Diese Einheiten müssen große Freiräume haben. Das Netz von Richtlinien, Vorgaben und Kontrollen sollte jedenfalls nicht zu eng geschnürt sein. Auch zu detaillierte Bonuspläne verhindern, dass unerwartete Marktchancen genutzt werden.
Selbstverständlich verträgt sich die
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