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Radikal führen

Radikal führen

Titel: Radikal führen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard K. Sprenger
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verstanden hat, bessere Leute in seinen Dienst zu stellen, als er selbst es war.« Auch Sie suchen wahrscheinlich nur die »Besten«, nicht wahr? Erlauben Sie die Frage: Wie viele Menschen haben Sie in den letzten Jahren eingestellt, die eine steilere Karriere gemacht haben als Sie? Niemanden? Dann haben Sie wohl vorrangig Menschen eingestellt, die Ihnen karrieretechnisch nicht gefährlich werden konnten. Sind das die Besten? Der folgende Satz ist zwar altbekannt, aber nicht falsch: Erstklassige Leute ziehen erstklassige Leute; zweitklassige Leute ziehen drittklassige Leute. Das Schmidt-sucht-Schmidtchen-Syndrom. Wenn Sie nur Bewerber einstellen, die kleiner sind als Sie, erschaffen Sie eine Organisation von Zwergen.
    Das alles ist menschlich verständlich, in den Absichten eher verwerflich, in den Konsequenzen aber nicht unbedingt falsch. Denn das personenzentrische Denken reduziert seinen Fokus ja auf den Einzelnen, der zudem in der Vergangenheit erfolgreich war – und blendet die Entstehungsbedingung dieses Erfolgs aus. Das Grundproblem der Personalauswahl ist nämlich: Erfolgreiche Mitarbeiter waren immer unter anderen Umständen erfolgreich. Es ist daher keineswegs sicher, nicht einmal wahrscheinlich, dass sie unter veränderten Umständen in gleicher Weise reüssieren. Wichtiger ist deshalb ein anderes Kriterium – die Passung. Es müssen nicht die individuell absolut Besten sein, es müssen die Richtigen sein – das sind dann für Sie die Besten. Die Frage muss lauten: Passt ein Mitarbeiter in die Mannschaft, insbesondere zu seinen engsten Kollegen? Passt er auch zur Führungskraft? Passt er zur Unternehmenskultur? Passt er zu dieser Aufgabe unter ganz spezifischen Marktbedingungen? Es ist daher nicht dumm, die zukünftigen Kollegen bei der Entscheidung zu konsultieren.
    Ich möchte das Problem der Passung an drei Kriterien verdeutlichen, mit denen ich interkulturell die Auswahl von Führungskräften strukturiere. Manager sollten auf der allgemeinsten Ebene vor allem diese Eigenschaften aufweisen (wegen der Alliteration bevorzuge ich das Englische):
Cool head
Warm heart
Working hands
    Cool head: Zunächst müssen Manager fachlich passen. Dabei sind Ausbildung und Erfahrung wichtig. Hat der Kandidat die nötige Qualifikation? Die nötige Reife? Ein Abschöpfungsmarkt erfordert andere Fertigkeiten als ein Aufbaumarkt. Ist jemand in der Lage, komplexe Probleme aufzulösen? Kann er Prioritäten setzen? Kann er in unklaren Situationen entscheiden? Kann er mit Mehrdeutigkeiten leben und trotzdem handlungsfähig sein? Wie verhält er sich in Konflikten?
    Warm heart: Ein Manager muss auch menschlich passen. Dabei sollten Sie grundsätzlich keine Aussage über den Charakter eines Menschen machen, sondern nur über die Wirkung auf Sie, den Beobachter. Sie sollten sich danach fragen: Ist der Bewerber wohl in der Lage, mit unterschiedlichen Menschen adressatenspezifisch umzugehen? Sendet er Erlauber-Signale, die zum Angesprochenwerden einladen? Ist er persönlich zugewandt, nahbar, präsent? Können Sie sich vorstellen, mit ihm ein Bier zu trinken – also auch Freizeit zu verbringen? Wie viel Wert legt er auf Positionsautorität? Und, vielleicht am wichtigsten, können Sie sich vorstellen, dass er Ihr Chef wird?
    Working hands: Keine Führungskraft muss und sollte die Sachaufgaben seiner Mitarbeiter verrichten. Und ein rein quantitativer Arbeitsbegriff (Stunden abreißen) gehört sicher der Vergangenheit an. Aber manche Führungskräfte haben eine geradezu »schwebende« Existenz. Man kann sich bei diesen Gesamtkunstwerken oft gar nicht vorstellen, dass sie mal schwitzen könnten. Auch bin ich nach wie vor überzeugt, dass mangelnder Fleiß durch Talent nicht vollständig zu kompensieren ist. Also: Führungskräfte sollten auch mal die Ärmel aufkrempeln können. Mit anpacken. Sich reinhängen. Das ist zu prüfen: Ist der Bewerber handlungsorientiert? Kann er die Extra-Meile gehen? Hat er den »drive for results«? Wie verhält er sich bei Gegenwind?
    Ich habe im Laufe der Zeit eine vierte Prüfdimension hinzugenommen. Sie nimmt das Umfeld zum Maßstab, schaut auf das Vorhandene, auf das, was schon da ist und wo der neue Mitarbeiter einen Unterschied machen sollte. Denn soziale Ähnlichkeit im Übermaß macht träge. Ich nenne diese Dimension »Edge«  – und halte sie inhaltlich offen. Schaut man zum Beispiel auf eine Abteilung voller BWLer, dann kann ein Nicht-BWLer durchaus eine Bereicherung sein. In einer

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