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Radikal

Radikal

Titel: Radikal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yassin Musharbash
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geknüpft.«
    »Tun sie das nicht alle, Lars?«
    »Ja, klar. Aber Iqbal hat monatelang Kontakt gehabt mit Anwar al-Awlaki, diesem jemenitisch-amerikanischen al-Qaida-Typen im Jemen. Und mit Faisal Shahzad, dem Bombenleger vom Times Square. Und mit den Bombenlegern, die in Oslo hochgenommen wurden. Und mit einem al-Qaida-Typen, von dem einige meinen, dass er der neue Chef für Auslandsoperationen ist.«
    »Wow.«
    »Genau. Wir haben jede Menge Zitate: ›Bruder, auch ich bin bereit und sehne mich danach, in die erste Reihe der Front einzutreten wie Bruder Shahzad.‹ Und noch mehr von der Sorte.«
    » Now we are talking! Aber wir brauchen immer noch mehr. Andere Fälle. Querverbindungen. Erinnere dich daran, wie wir es dem dritten Geschlecht verkauft haben. Netzwerke im Untergrund, Unterwanderung, du weißt schon, was ich meine, die Angst vor organisierten Schläfern, die komplette Folklore.«
    »Gemach. Wir haben noch mehr.«
    Rieffen vertiefte sich für einen weiteren Augenblick in seine Notizen. »Hier haben wir zum Beispiel ein hübsches kleines Dossier From Friends to Friends : heiße Telefonate und E-Mails aus Waziristan nach Deutschland und zurück.«
    »Also vom pakistanischen Dienst an die Deutschen geliefert?«
    »Nein, nicht ganz. Ging vom ISI – Büro in Peshawar direkt nach Washington. Aber wir haben’s. Der BND übrigens noch nicht.«
    Die Drei Fragezeichen lachten und nahmen jeweils einen Schluck aus ihren Gläsern. Niemand bot Merle etwas an.
    Stattdessen nahm Arno Erlinger das Heft wieder in die Hand. »Lars, das ist alles schön und gut. Aber das sind einzelne Fälle, die in die Tiefe gehen. Wo ist das Netzwerk, das das ganze Land überzieht, die Breite? Ideen, anyone ?«
    »Tja, eine E-Mail gibt es da noch, aus der man etwas herauslesen kann. Erinnert ihr euch an Thorsten ›Kamal‹ Schröder aus Hannover? Der vor anderthalb Jahren einmal ganz kurz in einem Video von al-Qaida auftauchte und ›Zerstörung und Verderben‹ angekündigt hat? Also, der pakistanische Dienst glaubt, dass er mittlerweile ernsthaft Karriere gemacht hat und im Kommando von al-Qaida für Auswärtige Operationen sitzt. Und dass er der Buchhalter über die Assets in Westeuropa ist. In einer E-Mail, die der ISI aufgeschnappt hat und die von den afghanischen Taliban an eine mutmaßliche Adresse von al-Qaidas Zentrale ging, steht, dass ein gewisser ›Kamal‹ gesagt habe, er könne ›im anderen Garten jederzeit 15 Äpfel pflücken‹.«
    »Aua.«
    »Genau. Äpfel können natürlich alles sein. Aber ich glaube, wir sind uns einig, dass sie nix Gutes bedeuten. Selbstmordattentäter? Sprengsätze? Und der ›andere Garten‹ ist vermutlich Europa. Vielleicht sogar Deutschland.«
    »Alles klar, das ist unsere Aufpumpe, dritter Absatz, gleich nach dem Einstieg. Das ist die Kriegserklärung. Nein, die hatten wir schon. Das ist der Mobilmachungsbefehl, der Einsatzbefehl. Al-Qaidas Entscheidung ist gefallen, Europa soll brennen, alles ist längst organisiert. Der Ernstfall, gute Arbeit. Hast du das von dem Mann, den du immer in Abu Dhabi triffst?«
    »Woher weißt du, dass es ein Mann ist?«
    Merle war fasziniert und abgestoßen zugleich. Es war, nach ihrer bisherigen Erfahrung jedenfalls, ein heller Wahnsinn, zu wie viel streng geheimem Material die Drei Fragezeichen offenbar Zugang hatten. Wer versorgte die mit diesen Informationen? Und warum? Sie selbst konnte froh sein, wenn Dengelow ihr etwas bestätigte,was sie im Grunde ohnehin schon wusste. Aber ganze Akten? Vertrauliche nachrichtendienstliche Mitteilungen? Ermittlungsakten von Verfahren, die noch nicht öffentlich waren? Geheimdienstinformationen direkt von der CIA und weiß Gott, von welchem ultrageheimen Dienst noch? Sie versuchte sich vorzustellen, wie Rieffen nachts in dunklen Berliner Eckkneipen einem angetrunkenen BND – Agenten Papiere aus der Aktentasche quatschte. Wie Kampen in der Air-France-Lounge in Abu Dhabi von einem Beamten einen USB – Stick zugesteckt bekam oder wie Erlinger einen Umschlag mit einer CD – Rom öffnete und in ein Laptop schob.
    Über welche Fertigkeiten und Möglichkeiten verfügten die drei, die sie nicht hatte? Sie hatte, wie sie sich eingestehen musste, nicht die geringste Ahnung, wie man an solche Informationen kam. Nur eines war ihr absolut klar: dass keiner der drei es ihr jemals verraten würde. Doch wenn sie auch professionellen Respekt empfand, fühlte sie sich zugleich unwohl. Dieser Tonfall. Die Art und Weise, wie Menschen zu

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