Radio Miracoli und andere italienische Wunder
die Saugglocke in die Hand und setze sie am Rand an.
»Nicht so«, sagt Fausto sofort.
Ich bin ein normaler Mann, und deshalb ist es nur allzu verständlich, dass mir das Blut in den Kopf schießt und mich der Wunsch überkommt, Faustos mit Anti-Aging-Creme gepflegtes Gesicht in das trübe Wasser der Kloschüssel zu drücken. Aber da ich in meinem Lebenslauf stets auf meine Fähigkeit zur Teamarbeit hingewiesen habe, drehe ich mich um und lächle.
»Wenn die Saugglocke nicht genau mit der Rundung der Kloschüssel abschließt, fängst du dir eine Ladung Scheiße ein«, fügt Fausto hinzu.
Ich setze die Saugglocke neu an.
»Besser so?«, frage ich.
»Da rechts … da ist noch ein Spalt.«
Meine nächste Bewegung, mit der ich das Gummistück den Bruchteil eines Millimeters verschiebe, ist kaum wahrnehmbar für das menschliche Auge.
»Genau, so ist es perfekt. Los!«
Ich lege los. Ein Schwall Flüssigkeit, vermengt mit Toilettenpapier, schwappt auf Claudios Hosenschlitz.
Mit ausgebreiteten Armen und Beinen, auf Zehenspitzen balancierend, als versuchte jeder Teil seines Körpers, seinen verseuchten Leisten zu entkommen, erstarrt er zur Salzsäule.
»Gib her, lass mich das machen!«, ruft Fausto und reißt mir die Saugglocke aus der Hand.
Er rollt den Ärmel seines weißen Hemdes hinauf und positioniert die Saugglocke mit knappen Bewegungen des Handgelenks. Das bringt zwar wenig, sieht aber elegant aus. Fausto holt tief Luft, legt gespannte Konzentration in seinen Blick und stößt zweimal kräftig zu. Zwei ebenso kräftige Spritzer, dieses Mal in einem satten Braunton, treffen Claudio mitten auf der Brust.
Die nächste halbe Stunde verbringen wir damit, unseren Kompagnon zu trösten, der sich ins Bad geflüchtet hat. Völlig aufgebracht erzählt er uns – immer wieder unterbrochen vom prasselnden Rauschen des Waschbeckens, des Bidets und der Dusche –, dass ein Cousin seiner Mutter an einer Streptokokkeninfektion gestorben sei. Und das sei nicht übertrieben. Wir stehen auf der anderen Seite der Tür, haben Mühe, nicht lauthals loszuprusten, und geben die Schuld der Saugglocke, die am Rand ausgeleiert ist.
Nachdem wir die Eintracht in unserer Gruppe wiederhergestellt und uns neu motiviert haben, kehren wir in die kleine Toilette zurück, dieses Mal mit einer Flasche Rohrfrei bewaffnet. Während wir darauf warten, dass die Flüssigkeit Wirkung zeigt, vertreiben wir uns die Zeit mit der Suche nach einem Namen für unseren Ferienhof.
»Ich hab’s! Fàcladi !«, verkündet Fausto und deutet mit beiden Händen die Größe des künftigen Aushängeschildes an.
»Das hört sich an wie ein Inselarchipel«, sage ich und hoffe, mit dieser unschuldigen Bemerkung das Thema Akronyme beendet zu haben.
»Oder Clàfadi «, meint Claudio.
Nachdem ich feststellen musste, dass ich in beiden Fällen auf den letzten Platz verwiesen wurde, erwidere ich barsch:
»Keine Akronyme. Das klingt wie eine Reinigungsfirma oder ein Renovierungsunternehmen. Wir brauchen einen klangvollen, ansprechenden Namen, bei dem man sofort an Urlaub auf dem Bauernhof denkt.«
» Villa Serena ?«, schlägt Claudio vor und malt ebenfalls ein imaginäres Schild in die Luft.
»Na, was soll das sein? Ein Hospiz?«, höhnt Fausto.
» Haus der Oliven !«, sagt Claudio stolz.
»Hier wachsen keine Olivenbäume«, wende ich ein.
»Nicht einmal ein halber«, setzt Fausto noch einen drauf.
»Dann pflanzen wir eben ein paar, wenn das ein Problem sein sollte!«
Fausto reißt mir die Flasche mit dem Rohrfrei aus der Hand und bemängelt, dass ich zu früh gespült und keine drei Minuten gewartet habe. Anschließend kippt er den restlichen Inhalt hinein und starrt auf seine Markenuhr. Aber drei Minuten sind lang.
» Haus am Hügel ?«, wagt Claudio einen erneuten Vorschlag. Er scheint sich in einem kreativen Trancezustand zu befinden.
»Wahrscheinlich gibt es zweitausend Agriturismi, die so heißen: Haus am Hügel, Haus der Oliven, Zum Brunnen, Zum alten Hof. Nicht zu vergessen Zum alten Saftsack !«, fügt Fausto kichernd hinzu.
» Zum alten Saftsack ist nicht schlecht!«, feixe ich und handle mir eine weitere Lachsalve von Fausto und einen ungläubigen Blick von Claudio ein. Ich verzichte darauf, ihm zu erklären, dass es nur ein Scherz war.
Nach zwei Stunden verlassen wir geschlagen das Schlachtfeld, gerade rechtzeitig zu den Sportnachrichten. Der Plan sieht vor, dass wir uns eine halbe Stunde lang ausruhen und uns dann dem dritten Punkt auf der
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