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Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)

Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition)

Titel: Radioactive (Die Vergessenen) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Shepherd
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einmal gut leiden.
    „ Bist du jetzt stumm oder was?“, schnauzt er mich an, während ich mit gesenktem Kopf immer noch vor der Tür stehe. Vielleicht war es keine gute Idee, zu ihm zu kommen. Vielleicht wäre ich besser zu Zoe gegangen. Sie ist ein Mädchen, sie hätte mich ohnehin besser verstanden. Aber es tut weh, dass ich überhaupt so denke. Ich habe Angst, dass ich ihn jeden Tag ein Stückchen mehr verliere.
    Obwohl ich nicht mehr weinen wollte, treten mir nun die Tränen erneut in die Augen und diesmal halte ich sie nicht zurück. Ich lasse ihnen freien Lauf, denn so fange ich wenigstens nicht auch noch an zu schluchzen.
    Finn mustert mich misstrauisch, aber die Zornesfalten auf seiner Stirn weichen langsam. „Warum tust du das?“, will er verständnislos wissen.
    „ Weil ich traurig bin“, entgegne ich schlicht und traue mich endlich, ein paar Schritte auf ihn zuzugehen.
    „ Wird es denn besser, wenn du weinst?“
    Ungewollt fange ich an zu lachen. Die Worte hätten sogar von dem alten Finn stammen können. Er war nie ein Freund von Tränen, sondern immer ein Mann der Taten. Bevor er es zuließ zu weinen, kämpfte er lieber bis zum Zusammenbruch.
    „ Nein“, gestehe ich ihm ehrlich. „Aber es erleichtert ein bisschen.“
    Ich habe das Gefühl, dass die Stimmung nicht ganz so angespannt ist wie sonst, und wage es deshalb, mich neben ihn auf das Bett zu setzen. Er rutscht weder von mir weg noch jagt er mich davon.
    „ Warum bist du traurig?“
    Ich frage mich, ob es ihn wirklich interessiert oder ob es reine Neugierde ist, aber Hauptsache, er spricht mit mir. „Mir hat jemand weh getan.“
    Finn nickt verständnisvoll. „Das Gefühl kenne ich.“
    Erstaunt starre ich ihm entgegen. „Wer hat dir wehgetan?“
    Die Antwort scheint ihm Unbehagen zu bereiten, denn er presst gedankenverloren seine Hände gegeneinander und schaut mich nicht mehr an.
    „ Um ehrlich zu sein, bist du es, die mir weh tut.“
    Entsetzt reiße ich meine Augen auf. Das kann er unmöglich ernst meinen.
    „ Wie meinst du das?“
    Er blickt mir nun wieder in die Augen. Sein Zorn ist verschwunden und Verzweiflung gewichen. „Du kommst ständig zu mir und flehst mich an, dass ich mich an Dinge erinnere, die für mich so fremd sind, als stammen sie aus dem Leben eines anderen. Jedes Mal sehe ich, wie wichtig dieser andere Mensch dir gewesen sein muss. Du glaubst fest daran, dass ich dieser jemand bin, aber ich muss dich immer wieder enttäuschen. Das macht mir auch keinen Spaß, falls du das geglaubt hast. Ich fühle mich unter Druck gesetzt, mich an etwas zu erinnern, dass mir nur Probleme einbringen würde. Alles, was du mir erzählst, ist verboten. Die Rebellen sind gefährlich und Gefühle sind mir fremd. Ich wünschte mir wirklich, du würdest damit aufhören.“
    Mein Gesicht ist wie erstarrt. Zum ersten Mal redet er in einem normalen Ton mit mir, ohne mich anzuschreien oder mir Vorwürfe zu machen. Ich erkenne, dass es ihm ernst ist, und würde ihm seinen Wunsch gerne erfüllen, aber wenn ich aufhöre, um ihn zu kämpfen, wird er sich vielleicht nie erinnern. Wenn ich jedoch weitermache, werde ich vielleicht nicht nur den alten, sondern auch den neuen Finn für immer verlieren. Ich weiß nicht, was ich ihm antworten soll, aber eine Antwort scheint ihm auch gar nicht so wichtig zu sein, denn plötzlich reibt er sich die Augen. „Ich bin müde“, gesteht er mir und legt sich neben mir in das Bett. Es ist der Hinweis für mich, dass es nun besser wäre, wenn ich gehe, aber ich will ihn nicht jetzt schon verlassen. Am liebsten würde ich ihn nie verlassen.
    „ Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich mich neben dich lege? Nur eine Weile lang“, bitte ich ihn. Er sieht mich erst zögernd an, aber dann nickt er tatsächlich und stimmt somit meiner Bitte zu. Der neue Finn ist nicht einmal halb so gefühllos, wie ich dachte.
    Als ich mich neben ihn in das schmale Bett lege und sich unsere Körper so berühren, zieht sich eine wohlige Gänsehaut über meinen Körper. Ich kann seine Atmung spüren und seinen Herzschlag beinahe fühlen. Obwohl er sich nicht an mich erinnern kann, bin ich ihm nun nahe. Er ist kein schlechter Mensch, selbst ohne seine Erinnerung nicht.
    Ich drehe mein Gesicht zu ihm und blicke in seine Augen, die genauso lichtblau leuchten wie meine eigenen. Obwohl es weder seine noch meine natürliche Augenfarbe ist, habe ich das Gefühl, in sein Herz schauen zu können. Es tut gut, dass er den Blick nicht von mir

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