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Radioactive -Die Verstossenen

Radioactive -Die Verstossenen

Titel: Radioactive -Die Verstossenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Shepherd
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Die meiste Zeit, wenn sie in meiner Nähe ist, habe ich Angst. Angst davor , bei irgendetwas entdeckt zu werden, obwohl ich nie etwas Verbotenes tue, sondern immer nur sie dabei erwische. Wahrscheinlich sollte ich sie einer Aufsicht melden, aber nachdem ich in der Arena auf sie geschossen habe, fühlt es sich an , als wäre ich ihr etwas schuldig.
    Mit einem Quietschen lasse ich mich neben sie auf den Stuhl gleiten. Durch meinen Fingerabdruck fährt der PC hoch und das Programm erscheint. Ich überfliege die Bezeichnungen und entdecke F701. Wenigstens ein bekanntes Gesicht. Nacheinander rufe ich die Steckbriefe auf und beginne , in ihnen nach Besonderheiten zu suchen.
    Nach einiger Zeit drehe ich mich erneut zu D523 um. Sie ist heute erstaunlich ruhig. Im Grunde ist sie genauso so, wie man es von ihr erwartet. Aber gerade das ist eigenartig. Sonst spricht sie mich spätestens nach zehn Minuten das erste Mal an. Manchmal berührt sie mich auch absichtlich mit dem Ellbogen und deutet auf einen der anderen Mitarbeiter, dem vielleicht gerade die Augen zufallen oder der sich an der Nase kratzt. Sie fängt dann immer an zu lachen, so leise, dass es niemand außer mir hören kann. Aber ich mag ihr Lachen. Es ist wie ein Glockenspiel und lässt mein Inneres warm werden. Meistens fange ich dann auch zu lachen an. Die Luft , die dabei durch meinen Mund strömt, kitzelt an meinem Gaumen und zieht sich bis in meinen Bauch. Dabei fühle ich mich so glücklich wie selten sonst. D523 ist seltsam, wahrscheinlich so seltsam, dass sie deshalb eigentlich auf die Krankenstation müsste, aber sie würde mir fehlen, wenn sie nicht mehr da wäre.
    Heute bin ich es, die sie leicht am Arm anstupst. Ihre Augen schnellen für den Bruchteil einer Sekunde zu mir rüber. Ein winziges Lächeln zieht über ihre Lippen, doch dann widmet sie sich wieder dem Monitor. Ich lasse mich auf dem Stuhl zurücksinken, um sehen zu können, was sie macht. Genau wie ich hat sie die Steckbriefe geöffnet und überprüft sie. Nichts Verbotenes. Sie erledigt nur ihre Aufgabe, genau wie ich es auch machen sollte. Doch die Steckbriefe langweilen mich. Im Grunde sind sie alle gleich, weil wir alle gleich sind.
    Plötzlich bin ich es, die sich nicht an die Regeln hält. Ich sehne mich förmlich danach , D523 dabei zu beobachten , wie sie es etwas anstellt, wie sie aus der Routine ausbricht. Wenn sie es nicht tut, vielleicht sollte ich es dann mal versuchen.
    Meine Finger fahren über die Essenauswahl von F701. Ich weiß, dass sie die Vitamintabletten am liebsten mag, weil sie im Gegensatz zu den anderen Kapseln, Tabletten und Würfeln farbig sind. Es gibt sie in leuchtendem Orange, Pink oder Grün. Für heute soll sie eine grüne bekommen. Ehe ich darüber nachdenken kann, was für Konsequenzen mein Handeln haben könnte, teile ich ihr eine pinke zusätzlich zu.
    „Lass das!“, faucht D523 plötzlich, ungewohnt scharf.
    Ich zucke erschrocken zusammen und fühle mich ertappt, obwohl es zum Glück ja nur sie ist, die mein Handeln bemerkt hat.
    „Warum? Du machst das doch auch immer.“, flüstere ich zurück und versuche mich damit zu rechtfertigen.
    „Das ist etwas anderes.“
    „Warum?“
    „Weil ich nicht mehr lange hier bin.“
    Ich schlucke. Was soll das heißen? Man behält seine Zuordnung meistens sein ganzes Leben lang . Es sei denn…
    „Wurdest du befördert?“ Angst schwingt in meiner Stimme mit. Es wäre einfach nicht fair, wenn sie nach gerade mal zwei Wochen befördert werden würde, während ich hier weiter versauern muss.
    Sie schüttelt den Kopf.
    „Was ist es dann?“, will ich mit zittriger Stimme wissen. Der Gedanke , ohne sie hier zu sein, bedrückt mich.
    Plötzlich hebt sie ihre Hand und für einen Moment fürchte ich, dass sie mich verraten will.
    „Entschuldigung“, ruft sie durch den ganzen Raum. „Ich müsste mal auf die Toilette.“
    Als D375 sich zu ihr umdreht , sind seine Augen zu Schlitzen verengt, verschwunden ist das schöne grüne Funkeln.
    „Es ist noch nicht die richtige Zeit.“, entgegnet er. Wir gehen alle fünf Stunden tagsüber auf die Toilette. Nachts normalerweise gar nicht.
    „Das muss an der Umstellung liegen.“, behauptet D523. D375 zieht die Augenbraue skeptisch nach oben, aber dann betätigt er den blauen Knopf unter seinem Schreibtisch und ruft damit einen C-ler zu uns. C515 tritt ein.
    „C515 meldet sich zum Schutz. Gibt es ein Problem?“
    „D523 muss auf die Toilette. Sie scheint Probleme mit der

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