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Radioactive -Die Verstossenen

Radioactive -Die Verstossenen

Titel: Radioactive -Die Verstossenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Shepherd
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mit Respekt begegnen können? Wie kann ich an einen Ort zurückkehren, der einmal mein Zuhause war, den ich nun aber zerstören soll? Die Legion hat uns nie eine Wahl gelassen, aber die Rebellen lassen den Bewohnern der Sicherheitszone genauso wenig eine. Vielleicht würden sich nicht alle für ein Leben unter freiem Himmel und ohne Führung entscheiden. Manchmal sind meine Zweifel so stark, dass ich nachts wach liege und mich unruhig von der einen Betthälfte auf die andere wälze. Am schlimmsten daran ist, dass ich mit niemandem darüber sprechen kann. Iris darf von alldem nichts wissen und die Rebellen würden mich nicht verstehen, am wenigsten Finn. Der Kampf gegen die Legion ist alles , woran sie glauben und wofür sie kämpfen. Wie kann ich sie dann enttäuschen, indem ich ihnen sage, dass ich ihre Überzeugung nicht teile?
    Ein schriller Pfiff aus einer Trillerpfeife lässt mich aufhorchen. Finn hat sich breitbeinig in der Zimmermitte aufgestellt und beide Hände in seine Hüften gestemmt. Würde ich ihn nicht kennen, würde ich seine Haltung für großspurig und überheblich halten. Doch mittlerweile kann ich seine Gefühlsregungen deuten und sehe , wie seine Hände vor Unruhe zittern und seine Füße unkontrolliert auf und ab klopfen. Seine vermeidliche Stärke ist nichts weiter als eine Fassade, die seine Angst verbirgt. Um seinen Hals baumelt die Trillerpfeife. Trotzdem ist es Gustav, der das Wort ergreift. Lässig erhebt er sich von seinem Stuhl und schlendert, mit dem Teebecher in der Hand, zu Finn.
    „Meine liebe Familie, der Geländewagen ist gepackt und somit kann die Reise losgehen. Es ist Zeit , Abschied voneinander zu nehmen. Doch nicht für lange, denn ich bin sicher , in wenigen Tagen werden wir einander bereits wieder haben, dazu viele neue Erkenntnisse.“
    Nicht alle werden uns zum Schwarzmarkt begleiten. Paul und Florance bleiben hier, um für die Sicherheit der Höhlen zu sorgen. Ebenso Grace und Marie, die sich um Emily und Iris kümmern werden.
    Es legt sich Stille über unsere kleine Gemeinschaft. Wir wissen alle, dass es eine Fahrt ins Ungewisse ist. Es werden hunderte von Meilen zwischen uns liegen und dazu viele Gefahren. Es könnte das letzte Mal sein, dass wir einander sehen.
    Während Florance Jep und Pep gleichzeitig an sich drückt, schlägt Paul Finn kameradschaftlich auf die Schulter.
    Ohne zu zögern drückt sich Iris dicht an mich und schlingt ihre schlanken Arme um meinen Körper. Dumbo hüpft dabei unruhig um uns herum. Er spürt Iris Trauer und beginnt zu fiepen.
    Tränen glitzern in ihren Augen , als sie den Kopf in meine Richtung hebt. „Du kommst doch wieder, oder?“
    Ich nicke und spüre , wie sich ein dicker Kloß in meinem Hals bildet. Selbst wenn ich wiederkomme, werde ich bereits kurz danach wieder gehen müssen. Wird es dann genauso sein? Wird sie meinetwegen weinen? Wer soll nachts mit ihr die Matratze teilen, wenn ich nicht mehr da bin? Wer wird sie wecken, wenn sie Albträume hat? Wer wird sie trösten, wenn sie traurig ist?
    Ich bin froh, dass in dem Moment Grace zu uns tritt und liebevoll einen Arm um Iris legt. Sanft streichelt sie mir über das Gesicht.
    „Pass auf dich auf. Solange du nicht da bist, können Iris und Dumbo bei uns schlafen.“
    Auch wenn Iris jetzt tapfer lächelt, weiß ich, dass sie ab und zu auch Abstand von Grace braucht. Sie erträgt es oft nicht, die Vertrautheit zwischen Emily und ihrer Mutter zu sehen. Es macht ihr nur allzu bewusst, was sie niemals haben wird. Iris überspielt es gerne, dennoch fällt es ihr manchmal nicht leicht , mit alldem fertig zu werden, was die Legion ihr genommen hat. An erster Stelle ihre Mutter.

    Vor den Höhlen, im Schutz des angrenzenden Waldes, steht ein großer Geländewagen . Er muss irgendwo in den vielen Abzweigungen der Höhlen versteckt gewesen sein. Die Ladefläche ist voll bepackt und mit einer grauen Plane abgedeckt. Neben Nahrung, Schlafsäcken und Medizin haben wir mehrere Benzinkanister sowie Waffen ‚zur Verteidigung’ geladen. Ohne langes Zögern steigt Finn auf den Fahrersitz, während Jep und Pep auf die Rückbank klettern. Ratlos stehe ich vor dem Jeep. Obwohl ich keine Fesseln trage und mich frei bewegen kann, fühle ich mich mehr denn je wie eine Gefangene. Die Rebellen haben für mich entschieden. Es ist ihre Entscheidung , mich mit auf den Schwarzmarkt zu nehmen. Es ist ein großer Vertrauensbeweis, denn alles, was ich dort erfahren werde, könnte die Legion später gegen sie

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