Rächerin der Engel
Morgen habe ich Mrs. O’Rourkes Scheck eingereicht.«
»Und er ist nicht geplatzt?«
»Glaub nicht, dass er platzen wird. Auf der Bank schien man ganz beeindruckt von dem bezogenen Geldinstitut auf den Cayman-Inseln.« Rons Schreibtisch stand in der hintersten Ecke des Wohnzimmers. Ron erhob sich und ging hinüber, um in der obersten Schublade herumzukramen. »Da haben wir’s. Seit wir vor drei Monaten die Kanzlei eröffnet haben, sind fünfundvierzigtausend Dollar auf unser Konto eingegangen. Unsere monatlichen Ausgaben – Gehälter, Strom, Versicherung und dergleichen – belaufen sich auf etwa achttausend.« Er zuckte die Achseln. »Das müssen Sie entscheiden, Boss. Ich glaube allerdings, dass bei uns alles ziemlich gut läuft. Und wenn Sie das Büro in der Bay Street eröffnen, bekommen Sie mit Sicherheit auch mehr irdische Klienten.«
Bree hatte immer nur zur Deckung ihrer persönlichen Ausgaben etwas von dem Kanzleikonto abgehoben. Ein Gehalt zahlte sie lediglich ihren Engeln, nicht sich selbst. Sie holte tief Luft. »Sie alle … ich meine … brauchen Sie wirklich …« Verwirrt hielt sie inne.
»Wollen Sie uns etwa das Gehalt kürzen?«, fragte Ron.
»Und keine Miete mehr zahlen?«, sagte Lavinia. »O je. Dabei ist die Sozialhilfe so gering.«
»Meine Schwesterr Rose ist darauf angewiesen, dass ich etwas zum Haushalt beisteuere«, sagte Petru mit düsterer Miene.
Ron, Petru und Lavinia starrten Bree bestürzt an. Sascha gähnte und schlief weiter. Miles und Bellum rührten sich nicht. Aber Sascha bekam ja auch kein Gehalt, es sei denn, man betrachtete sein Hundefutter als ein solches. Und Miles und Bellum waren Bodyguards, die jemand anders angeheuert hatte. Ihr ungeschickter Vorschlag – der eigentlich gar keiner war – betraf die drei Hunde also in keiner Weise. Ihr Personal in menschlicher Gestalt hingegen betraf er durchaus.
»Natürlich braucht Rose Ihre Unterstützung, Petru«, beeilte sich Bree zu sagen. »Und natürlich ist die Sozialhilfe erbärmlich, Lavinia. Ich wollte ja auch gar nicht sagen, dass ich Sie nicht bezahlen kann. Ich habe mich nur gefragt, ob Sie …« Sie verstummte.
»Ob wir unsere Freizeit auf einer anderen Existenzebene verbringen?«, ergänzte Ron. »Nein.«
»Wir haben durrchaus ein Privatleben«, erklärte Petru.
Brees Kopf fing an zu schmerzen, was nicht allein daran lag, dass sie in der letzten Nacht schlecht geschlafen hatte.
»Tut mir leid«, sagte Ron ohne allzu großes Mitgefühl. »Ihr Plan, die Kosten zu dämpfen, indem Sie die Gehälter kürzen, ist nicht zu realisieren. Es sei denn, Sie glauben, wir seien unser Gehalt nicht wert .«
»Aber natürlich sind Sie das! Sie sind von unschätzbarem Wert!«
»Will ich doch hoffen«, erwiderte Ron. »Zwei erfolgreich abgeschlossene Fälle, obwohl wir erst seit drei Monaten tätig sind.«
»Es gibt noch keine Leistungsberichte über uns«, rief Petru Ron in Erinnerung. »Wir wissen also gar nicht, wie viel wir werrt sind. Offenbar nicht sehr viel.«
»Meiner Ansicht nach erledigen Sie Ihren Job hervorragend, Petru«, stellte Ron fest.
»Und Sie den Ihren ebenfalls, Ronald.«
Da es im Augenblick um die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ging, schlossen die zwei Engel offenbar ein vorübergehendes Bündnis. Bree war versucht, sich die Haare zu raufen, unterließ es dann aber. »Mit meiner Frage vorhin wollte ich nicht das Geringste andeuten. Sie alle leisten großartige Arbeit. Ich wünschte, ich könnte Ihnen viel, viel mehr zahlen. Aber das kann ich nicht.«
»Und eine neue Kraft werden wir auch brauchen«, sagte Ron nachdenklich. »Allerdings dürfte uns jede Bank in der Stadt einen Kredit geben.«
»Eine neue Kraft?«, hakte Bree nach. »Für das Büro in der Bay Street, meinen Sie? Ich dachte, dass wir unsere Arbeitszeit auf beide Büros aufteilen.« Jetzt raufte sie sich wirklich die Haare. »Noch einen Angestellten kann ich mir nicht leisten.«
»Sie hätten dann zwei ganz verschiedene Kanzleien«, sagte Petru freundlich. »Bei den ausschließlich irdischen Fällen können wirr Ihnen nicht viel helfen.«
»Wir annoncieren in der Zeitung, dass wir eine Teilzeitkraft suchen«, schlug Ron vor. »Außerdem frage ich ein bisschen herum. Oder ich ruf die Zeitarbeitsagentur an, das wäre noch besser. Die haben immer Leute, die einen festen Job suchen. Darum werde ich mich gleich mal kümmern. Und ich finde, Teilzeitbeschäftigung wäre am besten, oder? Die Anrufe lassen wir von einem
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