Rätsel um 4: ... den geheimen Hafen
Und dann entdeckte Miranda ihn und geriet ganz außer sich. Sie vergißt niemanden, den sie einmal gekannt hat. Sie sprang ihm in die Arme, und er schaukelte sie und summte dazu, wie er es früher immer tat, als sie noch ein winziges Ding war. Ich habe beinahe geheult.«
»Hat er denn mit dir gesprochen?« fragte Robert. »Ich denke immer, er kann es überhaupt nicht.«
»Doch, doch, nur – er ist kein Engländer und hat die Sprache nie richtig gelernt. Gestern abend konnte er vor Freude zuerst wirklich nichts sagen, aber dann haben wir uns unterhalten.«
»Über was?« fragte Dina. »Über alte Freunde?«
»Ja, und über meine Mutter.« Barny schwieg einen Augenblick. »Er wußte nicht, daß sie tot ist. Er weinte, als ich es ihm erzählte, denn sie war immer so gut zu ihm. Übrigens fand er, daß ich ihr immer weniger ähnlich sehe, je älter ich werde.«
»Wieso?« fragte Robert.
»Wahrscheinlich, weil sie dunkel war, ich aber blond bin, sie hatte braune Augen, ich blaue, und sie war klein, und ich bin groß.«
»Dann wirst du bestimmt wie dein Vater aussehen«, überlegte Dina. »Dadurch finden wir ihn vielleicht schneller.«
»Ach ja, ich wollte, ich fände ihn. Aber vielleicht wäre er mir auch fremd, vielleicht wollte er mich gar nicht haben.«
»Ach wo!« schrie Stubs. »Wie kannst du nur so was sagen!
Wenn wir nur, verflixt noch mal, seinen Namen wüßten, dann wäre alles ganz einfach.«
Die Kinder schwiegen, und alle dachten daran, wie aussichtslos es war, Barnys Vater zu finden. Er hätte in derselben Stadt wohnen können, und es hätte ihnen nichts genützt.
Robert nahm sich vor, Fräulein Pfeffer um Rat zu fragen. Sie würde besser als sie wissen, was man unternehmen konnte.
Lümmel erschien und trug etwas in der Schnauze. »Was hast du denn da schon wieder?« fragte Stubs. »Schon wieder einen fetten Krebs?«
Nein, es war kein Krebs, es war eine Haarbürste. Stubs nahm sie und warf seinem Liebling einen wütenden Blick zu. »Hast du immer noch nicht begriffen, daß wir hier nicht zu Hause sind? Habe ich dir nicht hundertmal gesagt, daß du keine Bürsten verschleppen sollst? Und wem gehört sie?«
»Wuff«, machte Lümmel, nicht im geringsten beeindruckt.
»Glaubst du, daß er sie aus dem Gasthaus geholt hat?« fragte Robert. »Dann muß er total übergeschnappt sein.«
»Übergeschnappt?« lachte Dina. »Der ist ganz normal, er will Miranda nur etwas zeigen, was sie nicht kann.«
»Leider«, grinste Barny, »denn sie macht alles gleich nach.
Hoffentlich fängt sie jetzt nicht auch mit diesem Unsinn an, das könnte unangenehm für mich werden.«
»Das wird es erst einmal für Lümmel«, sagte Stubs und verabfolgte ihm einen Klaps. Lümmel zog sich eilig zurück und setzte sich aus Versehen auf Miranda, sprang aber sofort wieder hoch, denn sie hatte ihn tüchtig in den Schwanz gekniffen.
»Geschieht dir ganz recht«, brummte Stubs und betrachtete die Bürste genau. Sie zeigte auf der Oberfläche die Anfangsbuchstaben eines Namens, in Silber graviert: M M.
»Mathias Marvel!« rief Dina. »Dem Zauberer gehört sie, bestimmt! Er wohnt ja auf demselben Flur wie wir.
Wahrscheinlich war die Tür nur angelehnt. Übrigens habe ich Lümmel gestern schon dabei erwischt, wie er aus einem fremden Zimmer kam.«
»Ich werde das Ding Herrn Marvel heute abend zurückgeben«, entschied Stubs, »ich habe keine Lust, jetzt ins Gasthaus zu laufen. Kommt, wir wollen baden.«
Alle waren einverstanden, nur Miranda verzichtete lieber. Sie sprang dicht vor den anrollenden Wellen hin und her, vor und zurück und war ängstlich darauf bedacht, daß auch nicht ein Härchen naß wurde. Nach und nach versammelte sich eine Menge Kinder um sie, und ihr Lachen hallte laut über den Strand. Lümmel schwamm unterdessen neben Stubs her, Barny aber war weit voraus. Er war glücklich, wieder bei seinen Freunden zu sein.
»Hast du heute nachmittag Zeit, Barny?« fragte Robert, als sie später am Strand lagen und sich von der Sonne trocknen ließen.
»Ja, ich fange erst um sechs Uhr an. Was habt ihr vor?«
»Wissen wir noch nicht«, gähnte Stubs, »aber ich hätte Lust, ein Boot zu mieten.«
Robert nickte. »Prima! Wollen wir zum Rubadubstrudel rudern? Den möchte ich gerne sehen.«
»Und wo ist er?« fragte Barny interessiert.
»Ach, gar nicht so weit, in den Riffen, hinter denen der Unterseeboothafen liegt.«
»Gut«, sagte Barny, »dann fahren wir heute nachmittag hinaus. Ich habe noch nie einen
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