Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)
die Bankräuber den Raum. Zum Glück hatte Irene Heigelmoser gute Ohren und konnte hören, was die beiden vor der Tür des Chefzimmers besprachen.
»Was machen wir, wenn die blöde Kuh mit dem Schlüssel nicht kommt?«, fragte Jorina.
»Wollen wir ’auen ab? Jetzt geht noch«, schlug Rififi vor.
Als Irene Heigelmoser das hörte, war sie fast ein bisschen enttäuscht. Doch dann antwortete Jorina: »Auf keinen Fall. Wir ziehen das jetzt durch. Die haben uns außerdem schon alle gesehen. Wie sollen wir uns ohne die Kohle … wie sollen wir uns da so absetzen, dass die Bullen uns nicht finden? Jules, wir müssen das jetzt durchziehen. Wir brauchen das Geld!«
Hatte diese Jorina gerade irgendetwas von »Schül« gesagt? Irene Heigelmoser war irritiert. War da etwa noch ein Dritter im Bunde, der sich vor ihnen versteckt hielt? Doch ehe sie diesen Gedanken weiterverfolgen konnte, kamen die Verbrecher – es waren aber nur die zwei, die sie schon kannte – wieder herein.
Als die Putzfrau sah, wie Hannes Seliger und Ernestine Rüdel erschraken, als sie den Revolver erblickten, triumphierte sie ein wenig. Wer hätte vor einigen Tagen gedacht, dass sie, die Heigelmoser Irene, so cool mit einer lebensgefährlichen Situation umgehen konnte?
An den Kopf gehalten bekam die Waffe natürlich erst einmal der Filialleiter, was Irene Heigelmoser völlig in Ordnung fand.
»Iesch glaube, du anlügst uns«, sagte Rififi mit sanfter Stimme. »Iesch glaube, du nicht ’ast verstandön, dass wir meinen ernst, das mit die Geld.«
»… mit dem Geld«, klinkte sich Irene Heigelmoser ein. Doch ehe sie auf weitere grammatikalische Feinheiten hinweisen konnte, hatte der Franzose ihr eine saftige Watschen gesetzt. Ja, ging’s denn noch? Irene Heigelmosers Wange glühte, sie war erschüttert. Brannten den beiden jetzt doch noch die Sicherungen durch? Aber Rififi richtete die Waffe schon wieder auf den Kopf des Bankchefs.
»Wo ist die Schlüssel?«
Irene Heigelmoser behielt das » der Schlüssel« für sich, denn sie wollte sich nicht noch eine weitere Jahrhundertwatschen einfangen.
Robert Ochsenknecht dagegen jammerte, dass er auch nicht wisse, was los sei. Normalerweise müsse die Frau Dr. Klamm schon längst da sein. Auch hätte sie ans Handy gehen oder sich wenigstens auf einen seiner Anrufe hin bei ihm melden müssen. Er könne sich das alles beim besten Willen nicht erklären. Es sei absolut ungewöhnlich, dass er seine Stellvertreterin nicht erreichen könne. Vielleicht war ihr etwas passiert?
Jetzt baute sich Jorina vor dem Filialleiter auf und verabreichte ihm kurz hintereinander drei Ohrfeigen. Rechts, links, rechts. Immerhin, dachte sich Irene Heigelmoser, bekomme nicht nur ich eine Abreibung. Aber der Chef blieb bei seiner Version, und das, obgleich Jorina ihn heftig anschrie und er noch einen weiteren Satz Watschen verabreicht bekam – wenn Irene Heigelmoser sich nicht verzählt hatte, waren es am Ende insgesamt zwölf. Ochsenknechts Wangen glühten nun mindestens so rot wie das neue Feuerwehrauto, das die Gemeinde jüngst für sündhaft viel Geld angeschafft hatte.
Als er nicht einmal mehr wimmerte, ließen Rififi und Jorina von ihm ab. Die Putzfrau hörte, wie der Franzose beim Verlassen des Zimmers zu Jorina sagte: »Iesch glaube, er weiß wirklisch nieschts.«
»Aber was machen wir jetzt?«
»Abwarten und Bier trinken«, sagte Rififi. Es muss »Tee trinken« heißen, dachte sich Irene Heigelmoser. Der Franzose konnte wirklich noch schlechter Deutsch als der Bayernspieler mit der Prostitutionsaffäre.
»Und was machen wir mit den Kunden?« Jorina klang verängstigt.
»Ach, Föck, wir drauf scheißön. Wir einfach niescht machen auf. Scheißegal, what ’appens.« Und nach einer kleinen Pause hörte die Putzfrau, wie er noch anfügte: »I love you, Jorina, du bist my darling.«
Irene Heigelmoser wusste nicht, was sie davon halten sollte. Diese Franzosen waren schon komische Vögel. Dachten sogar beim Bankraub an die Liebe. Kein Wunder, dass die Französinnen viel mehr Kinder bekamen als die Deutschen.
Die Uhr der über dem Ort thronenden St.-Ägidius-Kirche mit dem berühmten Gemälde Hans Georg Asams hatte gerade acht Uhr und fünfundvierzig Minuten geschlagen, da wurde die kleine Bankräubergesellschaft durch ein lautes Pochen aufgeschreckt, das vom Haupteingang der Bank kommen musste.
Sofort eilten Jorina und Rififi wieder ins Chefzimmer. Jorina mit Revolver, Rififi mit einem Regenschirm.
»Da steht wer vor
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