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Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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Inneren der Bank zu schaffen machten, genügten, um die Tür mit Schwung zuzuknallen.
    »Jetzt ist sie zu«, kommentierte Polizeimeisteranwärter Hobelberger völlig zutreffend.
    Aber anstatt zu resignieren, suchte er sogleich nach einer Lösung, um doch noch in das Gebäude zu gelangen. Ja, der Elan der Jugend. Sein von vielen Klettertouren geschulter Blick fiel auf den Lichtschacht und wanderte weiter nach oben, bis er an den Fenstern des ersten Stocks der Genossenschaftsbank hängen blieb.
    Und da kam dem Jungpolizisten eine geniale Idee: »Ich hab gesehen, dass vorn ein Fenster auf ist. Ich hol schnell eine Leiter«, sagte er und eilte davon. Nicht ohne Stolz spürte er die staunenden Blicke seiner Mitstreiter im Rücken. Wenn er diese Nummer zum Erfolg führte, würde ihm Kurt Nonnenmacher vielleicht schon bald erlauben, Fahndungsprotokolle selbst zu unterschreiben und im betreffenden Ordner abzuheften. Wie alle Menschen träumte auch Hobelberger von einem Mehr im Leben, weil weniger wurde es meist von selbst.
    Es dauerte nur wenige Minuten, dann lehnte an der Straßenseite des Geldinstituts eine lange Leiter, die Hobelberger sich vom Bahnhofskiosk ausgeliehen hatte. Sepp Kastner, der die Idee des jungen Kollegen begeistert aufgenommen hatte, hatte ihm geholfen, sie herzubringen und aufzustellen.
    Kurz diskutierten sie, ob Anne Loop oder Sepp Kastner zu dem gekippten Fenster hinaufklettern sollten. Die Wahl fiel auf Kastner, da ihm eher zuzutrauen war, das gekippte Fenster mit Gewalt aufdrücken zu können. Widerwillig hatte Frau Dr. Klamm dieser Zerstörung bankeigener Betriebsmittel zugestimmt. Lieber hätte sie vorher abgeklärt, ob und wenn ja, welche Versicherung diesen Schaden erstatten würde: die Hausratversicherung der Bank, die Privathaftpflicht Sepp Kastners, die Diebstahlversicherung der Genossenschaft, die Gebäude- oder Glasversicherung des Geldinstituts, die Berufshaftpflicht Sepp Kastners? Deutschland war ein reiches Land, gerade auch hinsichtlich seiner Versicherungen. Jeder Bürger war gegen praktisch alles versichert – wenngleich die Konzerne im Schadensfall dann meist nicht zahlten. Vermutlich würde einfach die bayerische Polizei zahlen müssen, in Gestalt des Polizeipräsidenten von Oberbayern, des Innenministers beziehungsweise Ministerpräsidenten (wobei, der Mann hatte mehrere Kinder aus verschiedenen Beziehungen und war mit seinen Unterhaltsverpflichtungen vermutlich schon jetzt ganz gut bedient. Gegen Kinder gab es nämlich keine Versicherung. Noch nicht. Aber die Konzerne entwickelten gerade ein Konzept).
    Beim Hinaufklettern versuchte Sepp Kastner, sich in Erinnerung zu rufen, wie Raubkatzen kletterten, denn die konnten das ja gut. Hoch konzentriert nahm er Sprosse für Sprosse. Er war gerade beim doppelten »f« der Leuchtbuchstaben, die dem Namen der Bank nachts Glanz verliehen, angelangt, da geschah etwas, womit niemand gerechnet hätte: Aus dem Inneren des Gebäudes drang zuerst ein Schuss und sofort darauf ein Schrei.
    Es war ein Laut, der nichts Menschliches an sich hatte, aber von allen, vor allem von dem umgehend wie gelähmt innehaltenden Kastner, als Äußerung höchsten Schmerzes eingeordnet werden musste.
    Jetzt war definitiv klar: In der Bank ging etwas Schlimmes vor sich, mindestens ein Verbrechen.
    Nun kam auch der Leiter der Polizeidienststelle vom See, Kurt Nonnenmacher, nicht mehr drum herum, all die wichtigen Telefonate, sei es mit Polizeipräsidenten, Bürgermeistern, Gebirgsschützenkompaniechefs und Schuldirektorinnen, die sein anspruchsvoller Job erforderte, ruhen zu lassen. Kopfweh hin oder her, im Verbrechensfall war Krisenmanagement gefragt, man musste über den Schatten seines Katers springen.
    Deshalb steuerte der Inspektionschef sein Polizeifahrzeug auch schnurstracks von der Dienststelle zum Tatort; lediglich an der Metzgerei hielt er kurz an, um sich eine Leberkässemmel und ein Konterbier (so nannten Eingeweihte das Bier, mit dem einem Kater begegnet werden konnte) zu besorgen. Diese Art der Katerbekämpfung hatte er sich zur Gewohnheit gemacht, seit an dem See inmitten von Bergen die Zahl der Verbrechen rapide zugenommen hatte.
    Auf Blaulicht verzichtete der bärtige Vollblutpolizist, denn erstens war er kein Wichtigtuer, und zweitens gestaltete es sich ohnehin als schwierig, den Knopf zu aktivieren, da er in der einen Hand die Bierflasche hielt, in der anderen die Leberkässemmel. Lenken konnte er das Einsatzfahrzeug dank der modernen Servolenkung

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