Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Dienststellenleiter den Feinkostlieferanten aus der Bayernmetropole. »Ja, was seid’s denn ihr für Unmenschen!« Er überlegte kurz. »Und wer zahlt diesen Korb eigentlich? Wer hat den ganzen Schmonz da bestellt?« Wütend deutete er auf das mit viel Sinn für Ästhetik dekorierte Sortiment aus französischen Pasteten und Camemberts, Roquefort-Packungen und Schinken, auf die Flaschen mit Champagner, Burgunder und französischem Mineralwasser.
»Also auf dem Lieferschein ist ein Herr Ochsenknecht vermerkt. ›Robert Ochsenknecht, Filialleitung‹, steht hier.« Der Delikatessexperte wedelte mit dem Zettel vor Nonnenmachers Gesicht herum.
»Da sieht man’s wieder«, kommentierte Nonnenmacher. »Die Banken lassen sich vom Steuergeld des kleinen Mannes retten und nehmen es dann dafür her, sich Delikatessen aus dem Ausland zu genehmigen.«
»Ich glaube nicht, dass mein Kollege diese Fresskörbe hier aus freien Stücken bestellt hat«, wandte Dr. Klamm ein, die die ganze Szene aus zweiter Reihe mitverfolgt hatte. »Wir haben seit der Finanzkrise nicht einmal mehr Sekt zum Geburtstag eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin auf Kosten des Hauses getrunken.«
»Ach, so eng habt’s den Gürtel jetzt also mittlerweile schon geschnallt … mir kommen die Tränen«, meinte Nonnenmacher sarkastisch, aber da klingelte Annes Handy, mit dem die Verbindung zu den Geiselnehmern gehalten werden sollte, und alle Anwesenden schwiegen gespannt. Doch das Gespräch dauerte nur kurz. Nachdem Anne es beendet hatte, erklärte sie den anderen, dass dieses Mal ein Mann am Apparat gewesen sei.
»Und, was wollte der?«, fragte Sepp Kastner ungeduldig.
»Dass endlich das Essen geliefert wird. Er habe Hunger.«
»Ja, ich auch«, grunzte Nonnenmacher.
»Aber das ist nicht das Interessante«, fuhr Anne nachdenklich fort. »Das Interessante ist, dass der Mann mit französischem Akzent gesprochen hat.«
»Eine internationale Verschwörung«, stellte Nonnenmacher mit wichtiger Miene fest.
»Das erklärt auch, warum die so einen französischen Mist bestellen«, fügte Sepp Kastner an. »Die haben wahrscheinlich einfach Heimweh.«
»Das könnte uns in die Karten spielen«, ergänzte Sebastian Schönwetter listig. Doch in diesem Moment klingelte sein Telefon. Er verließ die Gruppe und führte ein Gespräch, in dessen Verlauf er heftig gestikulierte. Kurz darauf kehrte er ernsten Blicks zurück und erklärte, dass in der südlichen Seegemeinde eine Leiche gefunden worden sei, eine alte Frau in der Badewanne. Ihr Kopf weise ungewöhnliche Verletzungen auf. Es sei unklar, ob es sich nicht um eine Tötung handle. Er müsse weg. Schönwetter dachte kurz nach. Dann sagte er: »Äh, Frau Loop, könnten Sie bitte solange die Ermittlungen vor Ort leiten? Weil Sie, Herr Nonnenmacher«, er wandte sich Annes eigentlich zuständigem Vorgesetzten zu, »haben vermutlich noch anderes Wichtiges auf dem Tisch liegen. Aktenberge und so.« Er zögerte kurz und sagte dann: »Alle einverstanden?« Ehe Nonnenmacher sich gegen die fadenscheinige Degradierung zur Wehr setzen konnte, war der Kripomann mit seinem Einsatzfahrzeug weggefahren.
»Depp«, meinte Nonnenmacher gerade, als erneut Annes Handy klingelte.
»Anne Loop? … Ja, ja, die Körbe mit dem Essen kommen, ja! … Ja, wir sind auch daran interessiert, dass keinem etwas passiert … Nein, wir erfüllen Ihre Forderungen. Aber es wäre gut, wenn …« Weiter kam Anne nicht, denn der Geiselnehmer hatte das Telefonat bereits wieder beendet.
»Jetzt aber los! Stellen Sie Ihre Körbe am Hintereingang ab. Schnell!«, forderte sie den Mitarbeiter von Dollhuber auf.
»Ich mache gar nichts«, erwiderte dieser jedoch trotzig.« Auf seiner Stirn stand der Schweiß. »Ich bin doch nicht lebensmüde! Am Ende nehmen die mich auch noch als Geisel! Ich habe meinen Job gemacht. Hier ist das Essen.« Er deutete auf die Körbe. »Jetzt sind Sie dran.«
»Gut, dann stelle eben ich die Körbe vor die Tür, verdammt!«, fluchte Anne und griff nach einem der beiden Körbe.
»Nein, warte, ich helf dir«, sprang Sepp Kastner ihr zur Seite. Er war kein mutiger Mensch, aber er war noch immer in Anne verliebt, obwohl sie bislang alle seine Versuche, ihr näherzukommen, ins Leere hatte laufen lassen.
Nachdem die beiden Uniformierten die Körbe vor der Tür abgestellt hatten, nahmen sie dem Feinkosthändler sowie dem Bräustüberl-Hannes das Versprechen ab, niemandem ein Sterbenswort von der Sache hier zu sagen, und
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