Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)
hinbekomme.« Sie dachte kurz nach. Sepp Kastner starrte sie mit aufgerissenen Augen an, doch sie schien ihn gar nicht wahrzunehmen. »Nein, ich bekomme das hin«, sagte sie jetzt mit fester Stimme.« Wieder redete der Gesprächspartner. Und schließlich sagte Anne: »Okay, um sieben. Ich freue mich.« Dann legte sie auf.
»›Um sieben, ich freue mich‹«, äffte Kastner Annes aufgeregten Singsang nach. »Was ist um sieben, was dich so freut?«
Annes Gesicht glühte. Aber sie sagte nur: »Nichts.«
»Aha, nix«, meinte Kastner. Er glaubte ihr kein Wort. »Und warum hast du jetzt so einen roten Kopf?«
»Ach, Seppi«, seufzte Anne. »Erinnerst du dich noch an Johann Bibertal?«
»Johann wer?« Kastner stellte sich blöd, obwohl er genau wusste, wen Anne meinte, hatte doch auch er in dem Fall um die Seefest-Leiche vor Gericht ausgesagt und war von dem Strafverteidiger Bibertal in die Mangel genommen worden. Aber er wollte nicht, dass dieser geschleckte Typ privat etwas mit Anne anfing. Wenn Anne wieder einen Freund wollte, dann war ja wohl jetzt erst einmal er an der Reihe. War er nicht immer gut zu ihr gewesen?
Doch die beiden kamen nicht dazu, ihr Gespräch weiterzuführen, denn es klopfte an der halb geöffneten Holztür ihrer improvisierten Einsatzzentrale, und eine Frau in weißen Kleidern, wie sie Krankenpfleger tragen, schob ihre Nase in den kleinen Raum.
»Grüß Gott, darf ich?« Ohne die Erlaubnis abzuwarten, betrat sie den kleinen Raum. »Mir kennen uns ja schon. Ich bin vom Seniorenheim. Und ich habe eine Bitte.«
»Ja?«, fragte Sepp Kastner. »Und die wäre?« Seine Stimme klang schroff und abweisend.
»Da ist doch unser Herr Gräber drin, oder?« Kastner nickte. »Bitte, in Gottes Namen, setzen Sie sich dafür ein, dass er freigelassen wird! Unser Herr Gräber ist seit Tagen ohne Medikamentierung. Der flippt uns ja noch aus!«
»Ist bereits geschehen«, meinte Anne trocken.
»Was?«, stieß die Altenpflegerin hervor. »Was hat er gemacht? Hat er sich ausgezogen? Uriniert? Hat er Kleider gestohlen? Ich weiß schon, Kekse klaut er auch ganz gern. Sie müssen ihm das verzeihen. Der Herr Gräber weiß nicht, was er tut. Aber er ist durch und durch gutmütig. Ein Finanzbeamter, ein guter Mensch.«
»Das lassen wir jetzt einmal dahingestellt«, meinte Kastner trocken. »Jedenfalls hat Ihr feiner Herr Gräber bereits mit einer Pistole herumgeballert.«
»Nein!« Die Frau sah aus, als würde sie gleich umkippen.
»Er scheint sich auf die Seite der Bankräuber geschlagen zu haben«, meinte Anne.
»Um Gottes Willen!«
»Ja«, sagte Kastner.
»Aber das kann man ihm doch nicht anlasten! Er ist dement!«
»Erst einmal ist er gefährlich.« Kastner blickte die Frau ernst an.
»Oh Gott!«, stöhnte diese erneut auf.
»Was wollen Sie eigentlich konkret von uns?«, fragte Anne, jetzt etwas ungeduldig.
»Sie sollen die Geiselnehmer bitten, dass unser Herr Gräber freigelassen wird. Weil er alt ist, und gebrechlich«, stieß die Altenpflegerin hervor.
»Na ja, so richtig gebrechlich wirkte er jetzt gerade nicht, als er mit der Waffe in der Hand am Fenster Parolen schwang.« Anne zog die Augenbrauen hoch.
»Nein!«, entfuhr es der Frau, doch dann schwieg sie, ganz offensichtlich versuchte sie, ihre Gedanken zu ordnen. Schließlich meinte sie: »Aber können Sie nicht versuchen, den Geiselnehmern zu erklären, dass der Herr Gräber krank ist, dass er Medikamente braucht und dass er rausmuss aus dieser Stresssituation?« Sepp Kastner schüttelte den Kopf, während er der Frau weiter zuhörte. »Sonst kriegt der noch einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt. Ich bitt Sie inständig! Haben Sie irgendeine Möglichkeit, mit den Entführern Kontakt aufzunehmen?«
»Ich kann sie anrufen«, meinte Anne lustlos. »Aber wahrscheinlich heben sie gar nicht erst ab.«
»Versuchen Sie es doch wenigstens, versuchen Sie es! Der Herrgott wird’s Ihnen danken.«
»Na ja, ob ich das nun ausgerechnet deshalb machen soll …« Anne suchte Kastners Blick: »Was meinst du, Sepp?«
»Probier’s halt.«
Während Anne dem Tuten des Telefons lauschte, verschwanden die Livebilder vom Bankgebäude, die sie zwischenzeitlich wieder angeklickt hatte. Offensichtlich hatte das Abschalten der Kameras ohne Einsatz von Schusswaffen funktioniert. Und dann meldete sich tatsächlich am anderen Ende der Leitung eine Stimme: »’allo, ’ier spriescht die Frühlingsbankräubör Rififi.«
»Guten Tag«, sagte Anne. »Hier spricht
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