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Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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Akte, dann das Vergnügen. Machet’Se sich frei.« Vermutlich hatte er die wahren Geräusche aus dem Nebenraum mit seinen geträumten Finanzamtsphantasien verknüpft. Beamte besitzen durchaus die Fähigkeit zur Imagination.
    Von diesen erotischen Entwicklungen bekam man außerhalb der Bank natürlich nichts mit. Vielmehr standen die Einsatzkräfte um Anne Loop unter Schock: erst der brachiale Akt der Gewalt, den man Jorina und Jules niemals zugetraut hätte, und dann die pompööse, geradezu groteske Hochzeitsinszenierung.
    Als Anne in einem unbedachten Augenblick herausrutschte, dass diese ganze Hochzeitsgeschichte doch irgendwie auch lustig gewesen sei, fuhr sie der Kommandant der GSG9-Truppe böse an: »Frau Loop, Sie verharmlosen hier die Gewalttaten zweier Wahnsinniger. Die haben einen meiner besten Männer hingerichtet!«
    »Ich find ja schon komisch, dass ihr von der GSG9 das nicht hinbekommt’s!«, gestand Nonnenmacher, vermied es dabei allerdings, den Chef der Sondereinheit anzusehen. Als jener keine Reaktion zeigte, fügte er an: »Dass sich Deutschlands berühmteste Polizeieinheit von einem dementen Opa gleich zweimal in die Flucht schlagen lässt, das ist ja schon zum Lachen.«
    »Der Mann war einmal Geheimagent«, entgegnete der GSG9er bissig.
    »Ja, garantiert.« Die Ironie in Nonnenmachers Stimme war nicht zu überhören. »Wenn ihr euch weiter so damisch anstellt’s, dann müssen mir doch noch die Gebirgsschützen holen.«
    »Ach, und Sie meinen, dass man mit Lederschürzen, lächerlichen Phantasieuniformen, verrosteten Säbeln, Äxten und antiken Schusswaffen diesen Verbrechern leichter das Handwerk legen kann?«
    »Immerhin sind das gestandene Mannsbilder und keine nackerten Sauna-Schweinderl wie ihr.« Nonnenmacher spürte, dass er Oberwasser hatte, und schob deshalb noch ein berühmtes Fernsehzitat aus vergangener Zeit hinterher: »Welches Schweinderl hätten’S denn gern?«
    Schramm schwieg beleidigt. Diese selbstbewussten Bayern kotzten ihn an.
    »Ich habe einen Vorschlag.« Alle Augen richteten sich erwartungsvoll auf Anne. »Ich gehe in die Bank.« Mit festem Blick sah sie die Umstehenden an. »Ich biete mich als Austauschgeisel für Herrn Ochsenknecht an. Der krepiert uns ja sonst.«
    »Du bist verrückt!«, entfuhr es Kastner. »Die bringen dich doch um!«
    »Das werden wir ja sehen.« Anne blickte angriffslustig in die Herrenrunde. Kommandant Schramm studierte auffällig konzentriert seinen Bizeps, den er abwechselnd an- und entspannte. Nonnenmacher schlich sich in die Nähe einer Fliege, die sich an den Bröseln einer neben dem Computer liegenden, verwaisten Pizzaleberkässemmel labte. Kastner ging zu Anne, legte ihr seine rechte Hand auf die Schulter und sagte: »Anne, ich will das nicht. Ich wollte es dir schon immer sagen … Ich …«
    Anne verfügte über ausreichend Intuition, um zu spüren, dass Kastner, der schüchterne, sonst so verschlossene Kastner, gerade dabei war, ihr seine Liebe zu gestehen. Doch sie erwiderte seine Gefühle nicht. Und deshalb wollte sie jetzt auch keine Liebeserklärung, schon gar nicht vor den beiden Hornochsen Nonnenmacher und Schramm. Daher sagte sie schnell: »Ich muss aufs Klo.« Und schon war sie weg.
    In der Hütte begann hierauf eine wilde Diskussion darüber, ob Annes Vorschlag sinnvoll war. Die Auseinandersetzung ging sogar so weit, dass Kastner und Kommandant Schramm sich gegenseitig hin- und herschubsten wie zwei Pubertierende im Hormonrausch. Gerade, als Kastner dem Kollegen aus Sankt Augustin eine Watschen erteilte, die in jedem Bierzelt für Ruhe gesorgt hätte, und Schramm hierauf Kastner blitzschnell mit einem schmerzhaften Einzelkämpferspezialgriff aufs Kreuz legte, stand Anne wieder in der Tür. Ohne auf die testosterongeladene Situation einzugehen, sagte sie: »Ich habe eben mit Jules und Jorina telefoniert. Sie sind einverstanden. Ich gehe heute Abend in die Bank, und Ochsenknecht kommt dafür frei.« Die Männer waren baff.
    »So, damit ich das machen kann, brauche ich jetzt aber einen halben Tag Zeit, um meine Tochter darauf vorzubereiten. Herr Nonnenmacher?« Annes Vorgesetzter blickte auf. »Kann ich gehen?«
    »Ja, ja, eh klar!«, stammelte der überrumpelte Inspektionsleiter.
    Anne holte umgehend ihre Tochter Lisa bei deren Freundin ab. Zum Glück hatte Emilies Familie Verständnis für die außerordentliche Situation, in der sich Anne seit der Geiselnahme befand, und hatte Lisa auch an diesem Tag wieder bei sich aufgenommen.

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