Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Ochsenknecht geschossen.«
»Und jetzt ? Und was ist jetzt? Ist er tot?«
Anne zuckte hilflos mit den Schultern: »Die Geiselnehmer haben den Ochsenknecht hochgezerrt und sind mit ihm als Schutzschild aus dem Zimmer raus, so wollten sie die Kollegen wohl zum Rückzug zwingen. Die sind aber erst mal nicht weg. Da haben sie noch mal auf den Ochsenknecht geschossen. Und als sie gesehen haben, dass unten noch weitere Einsatzkräfte waren, haben sie noch mal auf ihn geschossen … und der Jules hat ›raus, raus, raus!‹ geschrien, ›sonst bringen wir ihn um‹ …«
gams | ig Adj. Entlehnt v. bair. → Gams bzw. Gemse . Wortneuschöpfung d. 21. Jhds. Bedeutung: erregt, sexlustig, juckig, rallig, geil. Anwendung v. a. auf paarungswillige Frauen.
Aus: Neues Wörterbuch des
Bairischen , Rosenheim 2012.
Fünf
»Solche gottverdammten fucking Idioten!« Jorina hatte den humpelnden und wimmernden Ochsenknecht in sein Büro gezerrt und auf den Boden gelegt. Ihr gelbes T-Shirt und ihre Hotpants waren blutverschmiert. »Los, verbindet ihn, der verblutet uns sonst noch!« Die Aufforderung war an Irene Heigelmoser und Dieter Gräber gerichtet.
»Soll ich nicht lieber den Eingang bewachen? Da ist ja jetzt alles sperrangelweit offen«, wandte Gräber ein. Er hielt noch immer die Waffe in der Hand, mit der er die GSG9-Kämpfer in die Flucht geschlagen hatte.
»Nee, Mann, du tust mal schön, was ich sage! Jules schiebt Schränke vor die Eingänge.« Jorina starrte den blutenden Ochsenknecht an. »Wahnsinn! Die sind verrückt! Das war ja wie im Krieg!«
»Ihr seid verrückt«, ächzte Ochsenknecht. »Ihr dachtet, das sei ein Spiel. Aber das hier ist blutiger Ernst!«
»Wir wollen die Welt verändern«, erwiderte Jorina unbeirrt. Sie blickte an sich herunter: überall Blut.
»Aber doch nicht so!«, wimmerte Ochsenknecht. »Mit Gewalt!«
»Ach, komm! Ihr Bankärsche schert euch doch auch um nichts. Ihr finanziert ja sogar Kriege.«
»Aber doch nicht unsere kleine Bank! Und außerdem schießen wir nicht, du blöde Kuh.«
»Fuck you.« Jorina wandte sich ab.
Stunden später, der Morgen graute bereits, lag Jorina mit Jules im Zimmer der stellvertretenden Filialleiterin Dr. Klamm auf einem improvisierten Lager aus Decken und Handtüchern, die sie sich schon vor Tagen vom Lieferservice hatten kommen lassen. Die Geiseln waren im Chefzimmer eingesperrt.
»Jules«, sagte Jorina, beide blickten nach oben an die holzvertäfelte Decke.
»Mmh.« Der Frühlingsbankräuber war kurz davor, einzuschlafen.
»Ich will heiraten.«
»Waaas?« Sofort war der Franzose hellwach.
»Du hast genau gehört, was ich gesagt habe.« Jorina drehte sich auf die Seite und kuschelte sich in die Armbeuge ihres Komplizen.
»Du willst miesch ’eiraten?«
»Nein, nicht ’eiraten, sondern heiraten«, sagte sie zärtlich. »Warum könnt ihr Franzosen eigentlich kein ›h‹ sprechen?«
»Können wir ja, schau mal: H … ’eiraten«, sagte Jules.
»Ist ja auch egal.«
»Also doch niescht ’eiraten?«
»Nein, heiraten möchte ich schon; das mit dem ›h‹ ist egal. Ich liebe dich auch mit Sprachfehler.«
»Aber ist ’eiraten niescht total bürgerlisch und die Gegenteil von unsere Ideal?«
»Das kümmert mich nicht. Wir sind vielleicht bald tot.«
»Warum du bist so negativ? ’ast du Tage?« Er strich ihr über die Nase. Sie schwieg. Draußen knatterte ein Motorrad vorbei. Im Nebenzimmer wimmerte Ochsenknecht. Auch Schnarchen war zu hören, vermutlich kam es von Dieter Gräber. Weil die Schlafgeräusche des dementen Rentners für die anderen Geiseln – besonders für Ernestine Rüdel – kaum zu ertragen gewesen waren, hatten Jules und Jorina für sie beim Lieferservice Ohrstöpsel bestellt.
Jules zwickte Jorina zärtlich in die Brustwarze.
»Autsch!«
»Vielleischt du ’ast rescht.«
»Mit was?« Sie fuhr ihm vorsichtig mit dem Zeigefinger über die Lippen. Sie waren rau und trocken.
»Mit die ’eirat.« Er zögerte kurz. »Vielleischt iesch bin tatsächlisch bald tot. Dann du arme kleine Bauerntochter aus die ostfriesische Land bist ohne Sieschörung. Mit eine ’eirat abör du bist Mitglied von meine wohl’abende französische Familie und damit gesieschört ab.«
»An was für Zeugs du denkst!«, meinte Jorina. »Voll romantisch.« Dann sah sie ihn ernst an: »Aber weißt du, Jules, ich glaube, wir kommen hier sowieso nicht lebend raus.«
Am nächsten Tag erfuhren Anne Loop und ihre Kollegen – und, da es per Videoblog geschah,
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