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Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)

Titel: Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Steinleitner
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Mit Bestürzung reagierten die Eberhöfers allerdings auf die Mitteilung, dass Anne sich freiwillig als Geisel im Austausch für den verletzten Bankchef zur Verfügung stellen wollte. Aber Anne ließ sich nicht beirren. Ihr Bauchgefühl sagte ihr, dass es richtig war, sich in diese Situation zu begeben, auch wenn sie gefährlich war. Mit den Eberhöfers vereinbarte sie, dass sie Lisa am Nachmittag wieder zu ihnen bringen würde und dass sie dann bis zum Ende der Geiselnahme bei ihnen bleiben durfte.
    Dann fuhren Mutter und Tochter nach Hause, um Lisas Sachen zusammenzupacken. Während sie Kleider in eine Reisetasche stopften, fragte Lisa plötzlich: »Mama, warum machst du das?«
    »Weil ich will, dass wir endlich wieder ein normales Leben führen können. Diese Geschichte bringt doch alles durcheinander!«
    »Aber Mama, wenn die auf dich schießen?«
    »Das werden sie nicht. So ticken die nicht.«
    Lisa umarmte ihre Mutter und sagte: »Mama, ich hab Angst.« Anne streichelte Lisas Kopf. »Ich will nicht, dass du das machst.«
    Anne kämpfte die hochsteigenden Tränen nieder. Dann sagte sie: »Scheiße, ja, ich hab auch Angst.«
    Die beiden drückten sich fest aneinander. Irgendwann löste sich Anne aus der Umarmung und sah ihre Tochter ernst an: »Lisa, ich verspreche dir, dass es bald vorbei ist.« Im gleichen Moment, als sie das sagte, verfluchte sie sich dafür. Stand es denn wirklich in ihrer Macht, dieses Versprechen einzulösen? Sie hatte gegen ihre eigene oberste Mutterregel verstoßen.
    Als ein besonders lauter Lastwagen am Haus vorbeidonnerte, wurden die beiden aus ihren Gedanken gerissen, und Anne sagte: »Ich muss noch Johann Bescheid geben.«
    »Wer ist Johann?«, wollte Lisa wissen.
    »Ein Freund.« Anne wurde rot. »Der, mit dem ich neulich ausgegangen bin.«
    »Ist der auch bei der Polizei?«
    »Nein, der Johann ist Anwalt. Ich kenne ihn von dem Fall mit dem toten Milliardär, weißt du noch? Da hat der Johann den Bösen verteidigt, vor Gericht.«
    »Warum verteidigt der Böse?«, wollte Lisa wissen.
    »Das ist sein Beruf. Als Anwalt muss man das.«
    »Wieso? Böse Menschen muss man doch nicht verteidigen.«
    »Doch, muss man.« Anne fand die ihnen verbleibende Zeit zu knapp, um es genauer zu erklären. »Wir machen das jetzt so: Ich ruf ihn schnell an, und du packst noch die Klettersachen ein, ja? Emilies Mama hat gesagt, dass ihr vielleicht klettern geht.«
    Ohne Lisas Antwort abzuwarten, eilte sie die Treppe hinunter zum Telefon. Doch sie erreichte nur Johann Bibertals Mailbox. Während sie ihre Nachricht hinterließ, spürte sie, wie aufgeregt sie war: »Hallo, Johann, hier ist Anne. Ich wollte dir nur sagen, dass ich heute als Austauschgeisel in die Bank gehe.« Sie zögerte, schwieg kurz. »Und dass ich dich mag …« Sie hielt erneut inne. »… also sehr. Tschau … das war die Anne.«
    Gegen Annes Willen hatte Kommandant Schramm ihre Uniform mit einer winzigen Wanze ausgestattet, die es den Polizisten ermöglichen sollte, alles, was in der Bank geschah, mitzuhören. Anne fühlte sich unwohl mit dem Abhörgerät: Was, wenn Jules und Jorina es fänden?
    Die Polizistin stand bereits einige Minuten vor der Bank, als plötzlich ein Fenster im oberen Stockwerk aufging und Irene Heigelmosers Kopf erschien. Noch immer trug sie ihr Rosstags-Dirndl, hinter ihr stand Jules und drückte ihr den Revolver an den Kopf. Die Gesichtszüge der Putzfrau wirkten verkrampft.
    »So du kannst niescht kommen in die banque!«, rief der Geiselnehmer herunter. »Mit die Üniform, das geht niescht.«
    »Warum nicht?« Anne spürte, wie die Angst gleich einer Welle durch ihren Körper rollte.
    »Wer uns garantiert, dass du ’aben keine Waffe in die Klamott’?«
    »Ich habe keine Waffe.« Annes Stimme zitterte. Vor einer halben Stunde war sie sich noch vollkommen sicher gewesen, dass sie das wollte: sich als Geisel zur Verfügung stellen. Sie hatte sich gegen die gesamte Männerriege durchgesetzt. Wo war auf einmal ihr Selbstbewusstsein geblieben?
    »Iesch bin doch keinö Depp«, erwiderte Jules. »Iesch weiß doch, wie Polizei lügt stetsundimmer in solsche Sitüation. Und wer sagt, dass du niescht eine Sendör oder was ’ast in die Klamott’?«
    »Ich habe nichts …« Anne sah nach oben. Die Sonne hatte ihren Zenit schon lange überschritten, aber noch immer waren es fast dreißig Grad. Die Polizistin spürte Schweißperlen auf der Stirn. Weit oben am blauen Himmel zog ein Raubvogel seine Kreise. Vom See her drang

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