Räuberdatschi: Ein Fall für Anne Loop (Piper Taschenbuch) (German Edition)
ihn zu beschwichtigen. »Alles wird gut. Sicher gibt es gleich Essen.«
Er sah sie mit bösem Blick an: »Jetzt aber Achtung: Ich komm Ihne auf die Schliche: Sie sind gar keine Pflegerin! Sie sind …« Er überlegte. »Frau Loop. Polizei. Bankraub. Richtig?« Er lächelte triumphierend. Dann sang er beinahe wie ein Kind: »Da haben mir’s, da haben mir’s!«
Anne blickte zu Boden und dachte an ihre Tochter Lisa, und an Johann Bibertal. Warum hatte sie sich nur als Austauschgeisel zur Verfügung gestellt? Warum hatte sie das nicht Sepp machen lassen oder Nonnenmacher? Oder einen von der GSG9? Würde sie hier je wieder lebend herauskommen?
Dann betrachtete sie Dieter Gräber, der sich wieder hingesetzt hatte. Die Pistole hatte er auf den Bürotisch neben sich gelegt. Trotz ihrer mit Gewebeklebeband zusammengeklebten Füße wäre es ihr möglich, aufzuspringen, und trotz gefesselter Hände könnte sie sich die Pistole greifen. Aber wie würde der alte Knacker reagieren, wenn sie die Pistole auf ihn richtete? Er war nicht klar im Kopf. Er war unkontrollierbar. Vermutlich würde er die Waffe gar nicht ernst nehmen, sondern sie ihr einfach aus der Hand reißen wollen. Aber mit ihren Fesseln konnte sie nicht kämpfen. Und schießen durfte und wollte sie auch nicht, denn sie wollte den Alten ja nicht verletzen, und außerdem würde es Lärm machen. Sie musste ihn überlisten. Er braucht ein Spiel, dachte Anne. Ich muss mit ihm spielen.
Plötzlich ging die Tür auf, und Jules betrat den Raum.
»Salut, Didi! Alles gut?«, fragte der Franzose, er trug Flipflops.
Dieter Gräber riss den Kopf hoch und schaute den Bankräuber erstaunt an. »Ja, fascht. Bischt du der neue Heimleiter?«
»Sozüsagön«, erwiderte Jules.
»Wann gibt’s ebs z’esse?«, wollte der Rentner nun wissen.
»Ah, du ’aben ’unger!«
»Ja, schon. Habt’s noch was von der Streichwurscht?«
»Das ist keine Streischwurst, das ist Foie Gras, Gänseleberpastät’«, belehrte ihn der Franzose. »Das ist ün Delikatess’. Mais très cher.«
»Was für ein Mähdrescher?«, wollte Didi Gräber wissen.
»Mais très cher, nix Mähdreschör«, verbesserte ihn der Franzose. » Mais très cher ’eißt sehr, sehr teuer.«
»Soso, Mähdrescher heißt teuer. Französisch ischt schon auch so eine Geheimsprache, oder?«
Anstatt auf diese rhetorische Frage zu antworten, warf Jules erst seinem Komplizen und gleich darauf Anne einen freundlichen Blick zu, dann sagte er: »Soll iesch euch bringen eine Dose Foie Gras mit Baguette? Iesch freue miesch, dass eusch schmeckt unsere specialité.«
»Und hätt’scht mir auch noch a bissle Schampus?«, erkundigte sich Dieter Gräber plötzlich begeistert.
»Komme gleisch«, erwiderte der Geiselnehmer. »Abör was ’ier so stinkt?«
Anne und Dieter Gräber sahen den Geiselnehmer irritiert an. »Was meinscht?«, wollte der Pensionär wissen.
»’ier es stinkt. Fenster auf!«
Er riss das Fenster auf und verließ den Raum. Als er draußen war, flüsterte Dieter Gräber Anne schelmisch zu: »Das muscht du wissen: Der Rififi, der spinnt nämlich, haha!«
Anne versuchte, interessiert zu schauen. »Inwiefern?«
»Der ischt ein bissle ballaballa, also geruchstechnisch, meine ich.« Anne runzelte die Stirn. »Der findet immer, dass es stinkt! Wenn irgendwer bloß einmal kurz einen fahren lässt: Der Rififi flippt aus. Schtante pede. Einmal hat die Irene einen sausen lassen, da wollt’ der Rififi die Geiselnahme abbrechen. Einfach so!« Dieter Gräber wurde noch leiser: »Wirscht sehen, der kommt jetzt gleich mit einem Raumspray – jede Wette!«
Tatsächlich kam Jules wenige Minuten später mit zwei Tellern, zwei Messern, zwei Sektgläsern, einer Dose Gänseleberpastete, einer Flasche Champagner und – einem Raumspray zurück. Er stellte alles bis auf die Blechdose ab und sprühte mit dem Spray so übertrieben im Zimmer herum, dass Anne und Dieter Gräber heftig husten mussten.
»Jetzt reicht’s aber, Rififi!«, forderte der Rentner böse.
»Gestank ist schrecklisch«, sagte der Bankräuber. Und als er Annes fragenden Blick sah, erklärte er: »Iesch mag keine Gestank. Schon immer niescht. Wenn stinkt, iesch muss kotzen.«
»Des wollet mir jetzt aber net hoffen!«, tönte Gräber fröhlich. Und mit Blick auf die mitgebrachten Lebensmittel: »Des isch ja wunderbar, mein lieber Fifi!«
»Rififi«, verbesserte ihn der Geiselnehmer.
»Früher war das Essen hier in der Einrichtung net so gut. Das ischt erscht
Weitere Kostenlose Bücher