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Räuberleben

Räuberleben

Titel: Räuberleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Hartmann
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seien.
    Es werde, unterbrach ihn der Herzog, in diesem Fall fürs Waisenhaus bald wieder Nachschub geben, er nehme an, dass nach der Aburteilung der Hannikelbande, von der Hartmann gewiss gehört habe, einige nunmehr verwaiste Kinder nach Ludwigsburg geschickt würden.
    Der Lehrer verhaspelte sich beinahe vor Eifer: Mit einem Räuberbuben habe er bereits gute Erfahrungen gemacht, vor langer Zeit sei der Sohn des berüchtigten Sonnenwirts sein Zögling gewesen, ein aufgewecktes Kerlchen. Ihn auf die gute Bahn zu leiten, habe sich durchaus gelohnt.
    Der Sonnenwirt? Der Herzog suchte Bühlers Blick. Vom Sonnenwirt war doch im Zusammenhang mit Schiller die Rede gewesen. Und jetzt dieser merkwürdige Zufall.
    Bühler jedoch hatte wieder zu einer seiner üblichen Nörgeleien angesetzt: Insofern alle nachteiligen Einflüsse vermieden werden sollten, dürfte man die Kinder nicht mit Verbrechern zusammenbringen, und genau dies geschehe doch in den Arbeitsräumen, wo sie gemeinsam an den Webstühlen säßen.
    »Es ist eine Frage des Platzes«, entgegnete ihm Pfarrer Schöll, der mit Mühe seine Verärgerung unterdrückte. »Eine Frage des Platzes und der Mittel, die uns zur Verfügung stehen. Unsere Räume sind überfüllt. Und der Bau des neuen Traktes zögert sich Jahr um Jahr hinaus.«
    Der Herzog brachte Schöll mit einer Handbewegung zum Schweigen. »Genug! Statt zu jammern, sollt Ihr Euch besser organisieren. Jede sorgende Hausfrau kann Euch belehren, wie aus wenigem viel wird. Meint Ihr denn, Württembergs Haushalt werde nicht ohnehin von tausend Ansprüchen gewürgt?«
    Betreten schauten Schöll und Hartmann vor sich nieder.
    »Aber, Exzellenz«, wagte sich Bühler zu äußern, »es geht doch gerade darum, den nützlichsten Projekten den Vorrang einzuräumen. Und ich meine, in aller Bescheidenheit…«
    »Sie sollen hierzu gar nichts meinen«, fuhr der Herzog ihn an. »Der Staatshaushalt ist mein Revier, und darin werden Sie gefälligst nicht wildern!«
    Nun senkte auch Bühler schweigend den Kopf. Karl Eugen aber, dessen stark geäderte Wangen sich zornrot verfärbt hatten, deutete zu den Kindern hinüber, die längst aufgegessen hatten und stumm vor ihren leeren Näpfen saßen. »Der dort, der soll zu mir kommen, ich will mit ihm sprechen.« Er meinte einen etwa zwölfjährigen Jungen, der gesünder aussah als die anderen. Hartmann trat zu ihm und forderte ihn auf, dem Landesherrn Red und Antwort zu stehen. Der Junge wand sich an den anderen vorbei, und als er vor dem herzoglichen Tisch stand, sah man, dass er vor Aufregung zitterte. Er bewegte murmelnd seine Lippen, was wohl einen ehrerbietigen Gruß andeutete.
    »Nun?«, sprach Karl Eugen ihn an; zugleich rutschte er mit dem Stuhl um eine Handbreite zurück, damit die Tischkante nicht weiter in seinen Bauch einschnitt. »Wie heißt du denn?«
    »Jakob.« Der Name schwebte in der Luft wie eine Frage.
    »Warum bist du hier?«
    Jakob schwieg und strich sich mit dem Handrücken verlegen über die Nase.
    »Seine Mutter«, flüsterte Hartmann, indem er sich zum Herzog hinunterbückte, »war eine leichtsinnige Person. Sie bekam in Vaihingen das Brandzeichen und wurde aus der Stadt vertrieben.«
    »Gefällt es dir unter deinesgleichen?«, fragte der Herzog weiter. Er bemühte sich um einen väterlichen Ton; Franziska hätte ihn dafür gelobt.
    Jakob nickte mehrmals mit angespannter Miene, dann war ein schwaches »Ja« zu hören.
    »Wirst du gut behandelt? Und bekommt du genug zu essen?«
    Jakobs Nicken setzte sich fort, es schien, als nicke er schon zum Voraus.
    »Was wirst du einmal werden?«
    Ratlos schaute Jakob am Herzog vorbei, hinüber zu seinen Kameraden, von denen nun doch hin und wieder ein Gemurmel zu hören war, das die Aufseher - sie waren kaum älter als die Waisen - jedes Mal mit einem scharfen Psst beendeten.
    »Nun?«, sagte der Herzog mit übertriebener Dehnung. »Du könntest später einmal, wenn du ausgewachsen bist, deinem Herzog als treuer Soldat und Untertan dienen. Würde dir das gefallen?«
    Jakob zwinkerte und rang sich ein Lächeln ab; das bedeutete wohl wieder ein Ja.
    Der Herzog verbarg seine Genugtuung nicht. »Da sieht man es, den Kindern scheint es hier besser zu gefallen als ihren Betreuern.«
    Man schwieg am Tisch. Der Junge wurde an seinen Platz zurückgeschickt. Der Herzog begann zu erläutern, was er unter einer geglückten christlichen Erziehung verstehe. Ihr Endpunkt, dozierte er, sei unbestrittenermaßen die Fähigkeit der Zöglinge,

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