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Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio

Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio

Titel: Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio Kostenlos Bücher Online Lesen
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das Gehörte soll gehört werden, das Gesehene nur gesehen. Schließe jetzt deine Augen. Lass deine Lider fallen, hinabsinken. Es geschieht ganz von selbst.«
    David gehorchte. Einen Augenblick noch sah er ein vertrautes Gesicht vor sich. Bernsteinfarbene Augen, in denen sich eine Seele von großer Schönheit spiegelte. Dann verschwand es, und er tauchte ganz in den samtigen Klang der Stimme Cagliostros ein.
    »Was wünscht Ihr?«, flüsterte David. Er wollte diese Stimme wieder hören, die Wärme ihres Klanges erneut spüren.
    »Ich wünsche, dass du mir dienst und fortan tust, was ich dir sage. Dafür musst du auch nicht zurück in ein düsteres Verlies. Ich habe andere Pläne mit dir, mein Freund.«
    »Welche Pläne?«
    »Stelle keine Fragen. Spür das Eisen über deiner Kleidung und gehorche meiner Stimme!«
    David senkte den Kopf. »Wie Ihr es wünscht, Meister.«

3 Tokio
    Nadja betrat eine matschige Wiese voller Herbstlaub. Endlich berührten ihre Füße wieder den Boden. Obwohl sie auch in der Elfenwelt schwach spüren konnte, welcher Untergrund unter ihren Fußsohlen war, fühlte es sich doch ganz anders an, fest mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen.
    Neugierig sah sie sich um. Sie stand in einer großen Parkanlage, umgeben von Ahornbäumen, Zypressen und verwelkten Kamelien. Direkt neben ihr bohrte sich ein bunter Schrein in den Himmel, ein buddhistischer Tempel. Fremd lag er unter den grauen Wolkenschleiern. Nadja konnte sich nicht entsinnen, ein solches Heiligtum je in Europa bemerkt zu haben, hatte im Fernsehen aber einen Bericht darüber gesehen. Hunderte Gebetszettel, die an dünnen Zweigen hingen, raschelten in einem nahen Baum, wenn der Wind mit ihnen spielte.
    Hier berühren sich die Welten
. Nadja musste an die Schattenkiefer denken, der sie die Auswahl ihrer Begleiter zu verdanken hatte. Den Brauch, Zettel mit Wünschen oder Gebeten in Bäume zu hängen, gab es in beiden Sphären.
    Unter den raschelnden Zweigen und direkt an der Tempelwand standen mehrere Statuen in einem zehn Meter langen Setzkasten aus Naturstein. Nadja schauderte. Es waren steinerne Abbilder mit den runden Gesichtern von Kindern. Zum Teil waren die Figuren mit Schürzen bekleidet. Rote, handgestrickte Mützchen saßen auf ihren Köpfen und erinnerten Nadja auf verrückte Weise an Pirx. Die Steinfiguren wirkten unheimlich still, weit fort vom Rauschen der Stadt und dem Krächzen der Raben im Park. Einige der steinernen Kinder hielten Teddybären oder ein Windrad in der Hand. Ihre leblosen Augen starrten Nadja vorwurfsvoll an.
    Ein Totentempel für die ungeborenen oder zu früh gestorbenen Kinder
, dachte Nadja mit Unbehagen. Wieder musste sie an Talamh denken. Es war ein entsetzliches Gefühl, so weit von ihm fort zu sein. Hatte nicht eine der vordersten Figuren seine Züge? Lag in ihr nicht elfische Anmut? Die aufgemalten nachtblauen Augen, die golden schimmernde Haut.
    Hoffentlich passen Pirx und Grog gut auf dich auf
. Sie trat näher an den Schrein und die stummen Gesichter heran, leicht verwundert, dass Torio, Chiyo und Naburo noch nicht angekommen waren.
    Plötzlich hörte sie ein dumpfes Plumpsen und einen knurrigen, elfischen Ausruf hinter sich. Ein mitleiderregendes Winseln ertönte. »Meine Pfoten! Was ist mit meinen Pfoten?« Kush kam wieder auf die Beine und beschnüffelte die feuchte Wiese mit seiner glänzenden schwarzen Schnauze. »Und warum ist es schon wieder nass? Es hat geregnet! Chiyo hat gesagt, es gäbe kein Wasser in der Menschenwelt!«
    Belustigt drehte sich Nadja zu dem kniehohen Wesen mit den zahlreichen Hautfalten und dem Löwenschwanz um. »Dann hat Chiyo entweder gelogen oder sich geirrt. Es gibt hier jede Menge Wasser, genau wie in der Elfenwelt.«
    Der Shishi stöhnte und knurrte gleichzeitig. »Ich hasse Wasser. Nur Fisch ist gut. Roher Fisch.« Er sah Nadja hoffnungsvoll an. »Hast du rohen Fisch?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Mit einem klagenden Laut auf den Lippen machte Kush ein paar tapsige Schritte. »Kein Fisch! Und warum sind meine Füße kaputt?« Er schlug mit ausgefahrenen Krallen nach dem Gras. »Es lässt mich nicht richtig ran!«
    »Das ist eben so. Daran gewöhnst du dich schnell«, tröstete Nadja. »Und was den Fisch ...«
    Doch der Shishi hörte ihr nicht mehr zu. Sein Kopf schnellte in die Höhe; die eckigen, herabhängenden Ohren stellten sich über dem runden, faltigen Gesicht auf. »Tauben! Da sind Tauben!«
    Er sprang von Nadja fort und hechtete hinter den Vögeln her,

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