Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio
her?«
»Zur Unterhaltung und als Zwischensnack«, sagte Torio, der bisher sehr still gewesen war und Chiyo beobachtet hatte.
Nadja erschrak. »Sind das Vampire?«
»Nicht direkt«, antwortete Naburo. »Du hast gespürt, was sie im Zuschauerraum des Theaters mit dir gemacht haben. Ich vermute, sie stehlen auch hier den Menschen Energien. Aber jetzt ist es nur für ihren privaten Gebrauch, wenn man so möchte. Ich wette, im Theater steckt mehr dahinter.«
»Und was?«
»Dort sammeln sie die Kraft«, flüsterte Torio. »Naburo und ich konnten das in der Vorstellung fühlen. Besonders während des Auftritts dieses Cagliostro wird den Zuschauern Energie genommen und auf einen Mittelpunkt der Bühne geleitet. Darunter muss sich nicht nur eine mächtige Ley-Linie, sondern auch ein magisches Auffanggefäß befinden. Darin sammeln sie die extrahierte Energie. Was auch immer sie damit vorhaben, es wird den Elfen Bóyas Schaden zufügen.«
Nadja nickte. Etwas Ähnliches hatte sie bereits vermutet. Sie erzählte den beiden von ihrer Elfenmaske und ihrem Plan, mit ihr das Theater zu erkunden. Da sie ganz in einer Ecke nahe der Reling an einem Heizstrahler standen und die Musik sie vor lauschenden Ohren schützte, wagte Nadja es, trotz der nahen Feinde darüber zu reden. Darüber hinaus vertraute sie auf Naburos Wachsamkeit. Der Elf achtete akribisch darauf, dass ihre Worte von Fremden ungehört blieben, und warnte Nadja auch prompt, als Entdeckung drohte.
»Wir sollten das an einem anderen Ort noch einmal besprechen.«
Shun kehrte zurück und bot ihr an, ihr die Jacht zu zeigen. Obwohl sie die Sorge in Naburos Blick sah, stimmte Nadja zu. Sie war schließlich gekommen, um mehr von der Jacht zu sehen als nur das Oberdeck.
In dem kleinen, äußerst geschmackvoll eingerichteten Restaurant bediente sie sich zunächst einmal am Buffet. Wer konnte schon Nein zu Lachshäppchen und all diesen erlesenen Nachtischen sagen? Es gab unzählige fantasievoll zubereitete Süßigkeiten, Snacks und Antipasti. Nadja aß alles durcheinander.
Shun musste lachen. »Du isst, als hättest du zwei Mägen.«
»Ich habe drei.« Sie zwinkerte ihm zu. »Und nun zeig mir die Jacht, bevor ich überhaupt nicht mehr aus diesem Raum herauskomme.« Auch den Drink hatte sie inzwischen zu sich genommen, weil Naburo unbemerkt seinen Finger hineingesteckt und ihn für ungiftig deklariert hatte.
Nadja hatte schon lange keinen Alkohol mehr getrunken – zumindest keinen hochprozentigen – und spürte eine angenehme Wärme im Körper. Sonderbarerweise fühlte sie sich in Shuns Gegenwart nicht bedroht. Er versetzte sie nicht in Schrecken wie sein Anführer Ryo. Zwar spürte Nadja auch bei ihm etwas Nichtmenschliches, doch war es bei seinem Anführer deutlich boshafter und vernichtender.
Sie bekam eine Besichtigung der kompletten Jacht und traf im Medienraum kurz auf Tenji, der allerdings keine Zeit für sie hatte und in Gespräche mit chinesischen Geschäftsleuten vertieft war. Am Rande bekam Nadja mit, dass es um irgendein Gebäude in Tokio ging, das Tenji gehörte.
Der Elf gab sich durchaus Mühe, sie mit der Jacht zu beeindrucken. Überall waren edle Hölzer verwendet worden, teure Bilder japanischer und europäischer Meister hingen an den Wänden, und an der Decke klirrten kristallene Lüster unter der Kraft des starken Motors. Der Mann wirkte verwirrt, als Nadja nicht in die Begeisterungsstürme verfiel, die er offensichtlich von ihr erwartete. Aber sie hatte schon das Baumschloss der Crain gesehen und Odins Heim.
Shun beendete seinen Rundgang durch die Luxusjacht und forderte Nadja erneut zum Tanzen auf. Ein zweites Mal lehnte sie dankend ab, und entgegen allen Befürchtungen ließ Shun sie ziehen und versuchte erst gar nicht, sich weiter an sie heranzumachen.
Sie kehrte zu Naburo und Torio zurück, die unverändert die Stellung an dem Tisch und dem äußersten Heizstrahler hielten. Die Jacht hatte abgelegt und fuhr an der Küste Tokios entlang. Nadja sah hinaus auf die nachtschwarzen Wellen, auf denen die Lichter der Jacht glänzten. Vor ihnen zeichnete sich die Stadt ab. Sie passierten Odaiba, eine Insel, die aus Müll geformt war und auf der sich eine Kopie der Freiheitsstatue der Nacht entgegenstreckte.
»Eine sehr friedliche Feier. Ich habe etwas anderes erwartet.«
Torios Lippen kräuselten sich spöttisch. »Man muss den Schrecken nicht immer auf den ersten Blick sehen, Nadja.«
»Was meinst du damit?«
Torio zuckte nur mit den
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