Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio
offen.
»Nadja, du bist ... Ich meine ...« Der Shishi knurrte leise und besorgt. »Ein Mischblut.«
»Sie ist die Mutter Talamhs und die Tochter der Innamorati!«, kam Chiyo Nadja zu Hilfe. »Ich werde ihr meinen Siegelring geben. In meinem Namen und dem meiner Mutter soll sie meine Dienerin sein, die die Göttin ruft und sie in ihrem Körper als Gefäß einlässt, um Karkino zu vernichten und die Gefangenen zu befreien.«
Torio stöhnte auf. »Das, was ihr da vorhabt, ist Wahnsinn!« Zornig funkelte er seinen Bruder an. Das blaue Energiefeld flackerte heftig.
Chiyo kam Naburo zu Hilfe und legte ihre Hände auf seine Finger, um den Zauber zu stärken. Sofort wurde das bläuliche Flimmern stabiler.
»Wir haben keine Wahl, Torio!«
»Die hat man immer«, spie der Elf ihnen entgegen. »Was tut ihr, wenn Amaterasu nicht zu uns kommt, oder schlimmer – wenn sie nicht mehr
gehen
will?«
»Die Göttin ist gütig und weise!«, entgegnete Chiyo.
»Und sie schläft seit Jahrhunderten wie ein betäubtes Mammut«, spottete Torio. »Wie soll Nadja die richtigen Worte finden, sie über die Ley-Linien zu erwecken, ohne zum Berg selbst zu reisen?«
»Ich werde ihr den Text aufschreiben.« Chiyo biss sich trotzig auf die Unterlippe, ehe sie weitersprach. »Ich kenne das Ritual. Die Tenna hat es mir beigebracht.«
»Das klingt doch vielversprechend«, lenkte Tom ein.
Nadja nickte. »Chiyo schreibt dieses Ritual auf, und ich werde es noch heute Nacht lernen. Ihr seht zu, dass ihr euch unauffällig verhaltet, damit die zwölf nicht misstrauisch werden. Morgen kämpfen wir mit Amaterasu an der Seite und machen diesem Theater und seinem Besitzer ein Ende.«
Torio wollte noch etwas sagen, doch Naburo, der angespannt auf die Tür starrte, ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Achtung! Karkino kommt! Er ist schon im Flur! Nadja, er will zu dir! Am besten gehst du nach draußen, damit er uns nicht sieht!«
Hastig trat Nadja aus dem blauen Energiefeld, öffnete die Tür und ging hinaus. Tom folgte ihr.
»Miss Daminga.« Tenji deutete eine leichte Verbeugung an. »Die Zeit fliegt, hat sie erst einmal Einzug gehalten.« Er lächelte bedeutungsvoll. »Fühlen Sie sich wohl in Ihrer Privatgarderobe?«
Nadja nickte und blickte in den Raum zurück. Zum Glück war kein blaues Schimmern zu sehen, das durch die Tür drang. »Es ist sehr freundlich von Ihnen, sie mir zur Verfügung zu stellen.«
»Wenn Sie möchten, dürfen Sie heute Nacht auch hier im Theater schlafen.«
»Nein danke«, lehnte Nadja lächelnd ab. »Mein Hotel ist ausgesprochen komfortabel.«
Sie hatte Angst, was geschehen würde, wenn sie in diesem Haus schlief. Vielleicht würde sie wieder von David und dem Getreuen träumen. Außerdem fürchtete sie, ebenso wie die Elfen im Haus gefangen zu sein, wenn sie sich zu sehr auf Tenji – Karkino – einließ.
»Wie Sie wünschen. Sind Sie dann so weit?«
»So weit?«, echote Nadja überrumpelt. Obwohl sie sein Englisch hervorragend verstand, begriff sie nicht, was er meinte.
Tenji ergriff ihren Arm. »Wir waren zum Essen verabredet, wissen Sie noch?«
»Oh.« Nadja zwang sich, auch weiterhin zu lächeln. »Natürlich, verzeihen Sie. Die Aufregung wegen des morgigen Tages.« Das war nur eine halbe Lüge. Wenn Nadja an die Beschwörung von Amaterasu dachte, wurde ihr flau im Magen. Götter waren keine angenehmen Spielgefährten, und Torio hatte mit seinen Warnungen wunde Punkte getroffen.
Der gut aussehende Japaner mit den kurzen Haaren nickte. »Ich werde Ihnen ein Textbuch in Ihr Zimmer legen lassen. Ihr Agent kann es ja bereits durchgehen, bis Sie wiederkommen. Übrigens ist Ihr Englisch ausgezeichnet und sehr reizend mit diesem italienischen Akzent.« Er zog Nadja mit sich zum Ausgang des Theaters. Verzweifelt fiel ihr ein, dass die Elfen das Theater ja nicht verlassen konnten.
Tom ging hinter ihnen her. »Arina, denk daran dass du genug Schlaf brauchst«, warf er oberlehrerhaft ein.
Belustigt drehte Tenji sich zu ihm um. »Sie wird noch genug zum Schlafen kommen.«
Nadja hatte keine andere Wahl, als ihrem Begleiter zu folgen. Alles andere hätte ihn sicher misstrauisch gemacht.
Und wenn es eine Falle ist?
Sie schüttelte den Kopf. Wenn Tenji ihr schaden wollte, konnte er das im Theater sicher viel besser.
»Ich ... ich bin noch gar nicht ausgehfertig«, murmelte sie schwach. Sie hätte sich zu gerne mit den Elfen beraten.
Tenji sah sie von der Seite an. »Sie sehen bezaubernd aus. Wie eine Rose im Herbstlaub.«
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