Rafflenbeul, S: Elfenzeit 14: Der Magier von Tokio
immer wieder ausgesprochen faszinierend. Vielleicht bin ich sogar so zuvorkommend, David und Sie in eine gemeinsame Maske zu bannen. Dort würde nicht einmal die Dunkle Königin Sie beide finden.«
Nadja stand auf. »Sie überschätzen sich, Tenji!«
»Und Sie wissen nicht, mit wem Sie sich angelegt haben.«
Diese Augen. Nadja schaffte es, ihm nicht ins Gesicht zu schreien, dass sie seinen wahren Namen sehr wohl kannte. Diesen Trumpf wollte sie für sich behalten.
Aber diese Augen ... Ich kenne sie ... ich kenne sie ...
»Erinnern Sie sich?« Tenji sah sie gutmütig an, wie ein kleines unwissendes Mädchen. »Sie sind dumm, Nadja, aber sehr mutig. Das wusste ich schon damals, als Sie in Tokio ankamen und sich dieses Hotel in Shinjuku nahmen.«
»Mein Traum!« Nadja keuchte auf. »Sie haben mir einen Traum geschickt!«
»Allerdings. Und schon damals sagte ich Ihnen, was ich von Ihnen will: Ihre Seele! Ihren Geist!
Sie
, Nadja. Die Legende der Anderswelt, die selbst Odin Vorschriften macht.«
»Sie haben keine Macht über mich!«
»Ich verfolge Ihre Spur schon lange. Im
Dark Garden
hatte ich eigentlich beabsichtigt, Sie zu beeinflussen und zu verführen, doch Ihre menschlichen Freunde kamen mir leider dazwischen.«
»Sie waren der Fremde, der mich ansprach? Sie waren eitel genug, über sich selbst zu sprechen!«
»Was soll ich sagen? Ich muss ja nicht über mich lügen.«
Nadja wandte sich ab. »Wenn Sie ohnehin so sicher sind, dass ich morgen zu Ihnen zurückkomme, kann ich ja jetzt gehen. Mein Freund Jason wartet bereits auf mich.«
»Thomas Bernhardt. Nennen Sie ihn ruhig bei seinem richtigen Namen. Doch weitaus mehr interessiert mich diese Maske.« Seine Augen blitzten auf. »Einen Moment war ich wirklich versucht, Ihnen David und Rian zu geben, Nadja. Im Austausch gegen die Maske. Aber warum soll ich mich mit einem halben Königreich zufriedengeben, wenn ich ein ganzes haben kann?« Er sah sie verlangend an.
Nadja spürte, wie das Essen heftig in ihrem Magen rumorte. Es war, als würde der Körper sich gegen die vielen Speisen wehren, die sie noch vor Kurzem mit Appetit hinuntergeschlungen hatte.
»Sie werden mich nicht bekommen, Tenji«, stieß sie hervor. Dann drehte sie sich um und ging die zwei Stufen des Podestes aus Edelholz hinunter. Halb erwartete sie, er würde sie aufhalten, nach ihrer Hand greifen oder sie magisch zurückrufen. Nichts dergleichen geschah. Nadja erreichte den Ausgang des Nobelrestaurants unbehelligt. Eine kunstvoll zurechtgemachte Japanerin im Kimono verneigte sich ehrerbietig vor ihr und drückte für sie den goldenen Knopf für den Aufzug.
Nadja unterdrückte den Impuls zurückzusehen.
Dieser elende Schauspieler! Dieser hinterhältige Wurm!
Nun kannte sie den Grund seiner Masken-Obsession! Nadja graute bei dem Gedanken, dass in seinem Büro eine Unzahl von gefangenen Geistern eingesperrt war. Doch bevor sie all diese hilflosen Geschöpfe befreien konnte, musste sie an sich und die Zwillinge denken. Die Gefahr zu scheitern war größer denn je.
Der Aufzug kam. Dass es keinen Spiegel darin gab, hatte Nadja schon auf der Hinfahrt registriert. Ungeduldig drückte sie auf den Knopf nach unten. Sie war ganz allein im Fahrstuhl. Ihre Gedanken rotierten wie ein Rad aus Feuer.
Ich muss mich unbedingt mit den Elfen beraten! Zumindest weiß Tenji nichts von ihnen! Er denkt, ich wäre allein nach Tokio gekommen, um nach den Zwillingen zu suchen!
Langsam beruhigte sich ihr Atem, auch ihr Herz kam allmählich zur Ruhe. Tenji spielte mit ihr und wollte sie auf Dauer kleinbekommen, um ihren Geist so weit zu zerrütten, dass er leichtes Spiel hatte, ihn in eine seiner verfluchten Masken zu zwingen. Aber sie würde Amaterasu herbeirufen! Schon morgen würde die Göttin selbst Tenji – Karkino – in seine Schranken weisen.
Nadja atmete heftig aus und trat entschlossen aus dem anhaltenden Aufzug, sobald die Türen auseinanderglitten.
Unbehaglich blieb sie stehen. Sie hatte den Knopf für das Erdgeschoss betätigt, war jedoch nicht dort angekommen. Stattdessen befand sie sich in einem Keller. Vor ihr öffnete sich ein dunkler Raum. Ein unangenehm süßlicher Geruch lag in der Luft und machte ihr das Atmen schwer.
Ein Keller in Tokio?
Das gab es wegen der Erdbebengefahr so gut wie gar nicht.
Nadja drehte sich zum Fahrstuhl um, doch in diesem Moment glitten die Türen pfeilschnell zu, und erschrocken riss sie die Hand zurück, bevor ihre Finger zerquetscht wurden. Der Aufzug
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