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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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so gar nicht ähnlich. Sonst tun sie immer so, als hätten sie alle Zeit der Welt und verhandeln so lange mit mir, bis ich ihre Bedingungen annehmen muss, weil mir das Bargeld ausgeht.«
    »Die Drachen so bald wie möglich verlegen?« Bei diesen Worten war ihr Geist erstarrt. Sie setzte sich in der Schlafkoje auf, hielt die Decke aber fest umklammert. »Wo bringen sie sie denn so plötzlich hin? Und warum?«
    »Das weiß ich nicht, meine Dame. Ich denke, dass ich es herausfinden werde, wenn ich mich mit ihnen treffe. In dem Schreiben hieß es, dass sie mich so bald wie möglich sehen wollen. Deshalb muss ich sofort los.«
    »Ich komme mit.« Kaum waren die Worte ausgesprochen, fiel ihr auf, wie dreist sie waren. Nichts von dem, was er gesagt hatte, deutete darauf hin, dass er ihre Gesellschaft willkommen heißen würde. Und sie hatte ihn nicht gefragt, ob sie ihn begleiten durfte. Sie hatte es lediglich verkündet. Sollte sie ihre jüngst entdeckte Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, nun etwa in Schwierigkeiten bringen?
    Doch er antwortete nur: »Ich dachte mir schon, dass Ihr vielleicht mitkommen wollt. Lasst mich ein paar Dinge mitnehmen, und dann verschwinde ich aus der Kabine, damit Ihr ungestört seid. Ich werde ein paar zusätzliche Scheiben Brot rösten und eine Tasse Kaffee für Euch aufsetzen.« Während er sprach, ging er durchs Zimmer, nahm ein Hemd von einem Haken und griff zu dem Kästchen, in dem er Rasiermesser und Seife aufbewahrte. Unwillkürlich musste sie dabei feststellen, dass Sedric recht gehabt hatte. Das Hemd hatte er bereits vor ein paar Tagen getragen, und ihr war nicht aufgefallen, dass er es gewaschen oder getrocknet hätte. Doch es war ihr gleichgültig.
    Sobald sich die Tür leise hinter ihm schloss, sprang Alise aus dem Bett. Da sie damit rechnete, dass sie heute viele Treppen steigen würde, wählte sie einen Hosenrock und Stiefel, als ginge es auf einen Ausritt. Dazu eine vernünftige Bluse aus dicker Baumwolle und ein nussbraunes Jackett aus robustem Segeltuch, das fest um ihre Hüfte gegürtet wurde. So. Ihre Figur sah so alles andere als weiblich aus, aber so war sie auf alles vorbereitet, was der Tag bringen mochte. In dem kleinen Spiegel des Kapitäns erkannte sie, dass die Tage auf dem Fluss ihre Sommersprossen vermehrt und dunkler gemacht hatten. Und trotz der Sonnenhüte, die sie stets trug, war ihr Haar inzwischen orangefarben gebleicht und strohtrocken. Kurz war sie von ihrem wenig attraktiven Äußeren entmutigt. Dann zog sie die Schultern zurück und entspannte ihre Geschichtszüge. Sie war nicht hergekommen, um bewundert zu werden, sondern um die Drachen zu erforschen. Ihr Reichtum hatte noch nie aus ihrem Gesicht bestanden, sondern war schon immer ihr kluger Kopf gewesen. Sie kniff die Augen zusammen, schob das Kinn vor, griff nach einem schmucklosen Strohhut und setzte ihn auf.
    Kapitän Leftrin saß allein am Tisch in der Bordküche. Zwei Tassen dampfenden Kaffees standen bereit. Als Alise eintrat, hatte er ihr den Rücken zugekehrt und röstete gerade dicke, gelbe Brotscheiben auf dem Kombüsenherd. Auf das Röstbrot warteten zwei irdene Teller und ein klebriger Topf mit Melasse. Nun wandte Leftrin sich um, um die Brote auf die Teller zu verteilen, und lächelte sie an. »Nun, das ging schnell! Meine Schwester hat immer einen halben Tag gebraucht, um sich wegen irgendetwas anzukleiden. Aber hier seid Ihr ja schon, und obendrein noch schön wie ein Gemälde!«
    Mit Entsetzen stellte sie fest, dass sie errötete. »Ihr seid zu gütig«, brachte sie heraus und verwünschte sich im Stillen für ihren unverbindlichen Tonfall. Sie wünschte sich, Sedric hätte ihr nicht den Floh ins Ohr gesetzt, dass es ungebührlich war, den Kapitän bei seiner bäurischen Schäkerei auch noch zu ermutigen. So ist eben seine Art, redete sie sich ein. Das hat nichts mit mir zu tun. Damit nahm sie am Tisch Platz.
    Anscheinend war auf dem Kahn außer ihnen niemand wach. Sie nahm einen Schluck Kaffee. Er war dick und schwarz und stand wahrscheinlich schon die ganze Nacht auf dem Herd. Da es keine Sahne gab, um ihn abzumildern, folgte sie Leftrins Beispiel und rührte Melasse hinein. Nun schmeckte er nicht mehr nach Teer, sondern nach süßem Teer. Auch über das Brot träufelte sie Sirup und aß es, solange es noch warm war. Das ganze Frühstück war eine zielstrebige Angelegenheit ohne große Tischmanieren. Danach räumte Leftrin Teller und Tasse weg und stellte sie klirrend in eine

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