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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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schwere blaue Baumwollhemden, dicke braune Leinenhosen und weite Leinenjacken. An ihren hohen Stiefeln klebte noch der Schlamm vom Vortag. In Leinensäcken hatten sie ihr Mittagessen dabei, und aus ihren Hosentaschen lugten dicke Handschuhe und Wollmützen heraus. »Arbeiter für die Ausgrabungen«, hatte Leftrin Alise erklärt, als sie an ihnen vorbeigegangen waren. »Die haben da unten einen langen Arbeitstag vor sich. Im Untergrund ist es kalt und feucht, sommers wie winters.«
    Eben begegnete ihnen eine Frau in geschmeidigen Lederhosen und einer mit Pelz gefütterten Lederweste. »Eine Astkletterin«, erklärte Leftrin. »Sie geht barfuß, seht Ihr, damit sie besseren Halt hat. Wahrscheinlich ist sie auf dem Weg in die Baumkronen, um Früchte zu sammeln oder Vögel zu jagen.«
    Gerade gewann Alise den Eindruck, dass die Frauen in Cassarick ein hartes, entbehrungsreiches Leben führten, als ihnen zwei schnatternde Mädchen entgegenkamen. Sie trugen Morgengarderobe und waren vielleicht auf dem Weg zu einer Freundin oder zu einem der Märkte. Ihre rauschenden Röcke waren kürzer als die, die man derzeit in Bingtown trug, sodass man ihre weichen, braunen Schuhe sah. Um den Hals hatten sie feine Spitzentücher gewickelt, und die Hüte auf ihrem Kopf sahen aus wie große, leicht gefaltete Blätter. Alise sah ihnen hinterher, während ihre gute Laune von einer ihr wohlbekannten Eifersucht ertränkt zu werden drohte. Die Mädchen wirkten vergnügt und geschäftig und plapperten angeregt. Als sie bei der Brücke ankamen, hakten sie sich mit den Armen unter und stürmten wie zwei Wildfänge über den Steg. Auf der anderen Seite stießen sie ausgelassenes Gelächter aus.
    »Warum seufzt Ihr?«, fragte Leftrin. Da erst fiel Alise auf, dass sie den Mädchen hinterherstarrte.
    Sie schüttelte den Kopf und lächelte über ihre eigene Albernheit. »Mir kam gerade nur der Gedanke, dass ich dieses Alter irgendwie verpasst habe, und dass ich das ewig bereuen werde. Mir kommt es oft so vor, als hätte ich mich von einem kleinen Mädchen direkt in eine gesetzte Frau verwandelt, ohne jemals dieses leichtsinnige Alter durchlebt zu haben.«
    »Ihr sprecht wie eine alte Frau, die ihr Leben bereits hinter sich hat.«
    Unvermittelt spürte sie einen Kloß im Hals. Das bin ich , dachte sie. In ein paar Tagen kehre ich nach Hause zurück, und dann wird sich für den Rest meines Lebens nichts mehr ändern. Keine Abenteuer, keine Gelegenheiten, auf die ich mich dann noch freuen könnte. Dann blicke ich nur noch einem geordneten Leben entgegen. Sie schluckte, und als sie wieder in der Lage war, zu sprechen, fand sie angemessenere Worte. »Nun, ich bin eine gesetzte, verheiratete Frau und habe ausgesorgt. Vermutlich vermisse ich das Gefühl der Unsicherheit. Das Gefühl, dass hinter jeder Ecke neue Möglichkeiten warten.«
    »Und Ihr behauptet, dies noch nie verspürt zu haben?«
    Sie zögerte, da ihr die Wahrheit peinlich war. »Nein, ich glaube, dass ich dieses Gefühl nie hatte. Mein Leben war mehr oder weniger von Anfang an vorgezeichnet. Dass ich geheiratet habe, hat mich überrascht. Denn ich hatte nicht geglaubt, dass ich jemals heiraten würde. Doch als ich erst einmal verheiratet war, stellte sich ein Trott ein, der sich nicht von dem meines Jungferndaseins unterschied.«
    Er schwieg länger, als es seine Gepflogenheit war, und als sie ihn ansah, hielt er die Lippen zusammengepresst, als wolle er mit Gewalt alle Worte bei sich behalten. »Sagt es ruhig«, ermutigte sie ihn, fragte sich aber sogleich, ob sie tapfer genug sein würde, sein Urteil zu hören.
    Er grinste. »Tja, es ist zwar nicht höflich, dies zu sagen, aber wenn ich mit einer Frau wie Euch verheiratet wäre und sie zu einem anderen sagen würde, dass ihr Leben als meine Gattin nicht anders wäre als davor, nun ja, dann würde ich mich fragen, was ich falsch gemacht habe.« Er zog eine Braue nach oben und setzte in schelmischem Flüsterton hinzu: »Oder was ich gar nicht gemacht habe.«
    »Kapitän Leftrin!«, rief Alise aufrichtig schockiert aus. Doch dann, als er in Gelächter ausbrach, stimmte sie zu ihrem Entsetzen mit ein.
    Als sie beide nach Luft schnappten, hielt er abwehrend die Hand. »Nein. Sagt mir nichts! Es gibt Dinge, die eine Frau nie über ihren Ehemann sagen sollte! Und wir sind ohnehin an unserem Ziel angelangt. Damit hat unser Plausch ein Ende.«
    Sie waren am Tor der Halle der Händler angekommen. Die beiden doppelt mannshohen Türflügel waren jeweils

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