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Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter

Titel: Rain Wild Chronicles 01 - Drachenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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und rings herum hoben die Drachen ihre Köpfe.
    »Kelsingra!«, trompetete Fente und stellte sich auf die Hinterbeine. Ihre Schwingen öffneten sich und schlugen krampfartig, doch vergeblich. Beschämt legte sie die Flügel wieder an.
    »Kelsingra!«, stimmten die beiden orangefarbenen Drachen in den Chor ein, als ob dieser Name sie mit Freude erfüllen würde.
    Mercor hob den Kopf, sah sie der Reihe nach an und sagte mit gewichtiger Stimme: »Es ist Zeit, diesen Ort zu verlassen. Zu lange hat man uns hierbehalten, zusammengepfercht, wie die Menschen ihr Vieh zusammenpferchen. Wir haben an dem Ort geschlafen, den sie uns überlassen haben, wir haben gefressen, was sie uns gefüttert haben, und hatten uns mit diesen Waldesschatten als unserem Schicksal abgefunden. Aber das ist nicht das Leben eines Drachen, und ich für meinen Teil möchte auch nicht so sterben. Wenn ich sterben muss, will ich das als Drache tun. Lasst uns gehen.« Damit wandte er sich um und ging auf das flache Ufergewässer zu. Eine Weile sahen die anderen ihm lediglich hinterher. Dann setzten sich einige der Drachen ohne Vorwarnung in Bewegung, um ihm zu folgen.
    Fast wider Willen stand auch Sintara auf und trottete den anderen hinterher.
    Die Wunde am Schwanz des Silberdrachen war offenbar von der Klaue eines anderen Drachen geschlagen worden. Es war kein glatter Schnitt, sondern eher eine Risswunde. Thymara fragte sich, ob man sie ihm absichtlich zugefügt hatte, oder ob es bei dem alltäglichen Gerangel um das Futter zufällig passiert war. Sie fragte sich auch, wie lange es her sein mochte. Die Wunde befand sich nahe am Schwanzansatz und war ungefähr so lang wie ihr Unterarm. Wülste an den Wundrändern deuteten darauf hin, dass sie immer wieder ein Stück zugewachsen, dann aber wieder aufgerissen worden war. Sie sah schlimm aus, schlimmer aber noch war ihr Geruch. Große, brummende Fliegen und eine Unzahl winziger Mücken umschwärmten den klaffenden Spalt und krabbelten darin herum.
    Alise und Sedric, obgleich beide älter als Thymara, standen wie eingeschüchterte Kinder daneben und warteten darauf, dass sie etwas tat. Der Silberdrache schien ihnen keine Aufmerksamkeit zu schenken. Er lauerte am Rand des aufgehäuften Fleisches, nahe den fressenden Drachen, schnappte sich, was er ergattern konnte, und zog sich damit ein paar Schritte zurück, um es zu verzehren. Thymara wünschte, sie hätte ihm etwas Größeres zu bieten, damit er länger daran zu fressen hatte und währenddessen stillhielt. Sie sah, wie er einen großen Vogel erwischte, ihn in die Höhe warf, auffing und verschlang. Sie musste schnell handeln. Wenn das Futter erst einmal weg war, würde ihn nichts mehr ablenken.
    Sedric hatte eine Kiste mit Verbänden und Salben geholt. Sie stand geöffnet auf dem Boden bereit. Thymara dagegen hatte die einfacheren Dinge besorgt: einen Eimer sauberes Wasser und einen Lumpen. Sie kam sich vor wie ein Bote, den alle erwartungsvoll anstarren, der aber die Nachricht vergessen hat, die er überbringen soll. Sie wandte sich von den anderen ab und überlegte, was sie tun würde, wenn sie alleine hier wäre, wie sie es eigentlich vorgehabt hatte.
    Nun ja, nicht ganz, musste sie sich eingestehen. Sie hatte geplant, dass Tats bei ihr sein würde, oder wenigstens Sylve oder Rapskal. Jetzt schimpfte sie sich eine Närrin, dass sie sich freiwillig für die Pflege des hilflosen Drachen gemeldet hatte. Himmelspranke war schon mehr als genug Arbeit. Da konnte sie sich nicht auch noch um diese begriffsstutzige Missgeburt kümmern. Wütend verdrängte sie diesen Gedanken und unterdrückte ihre Selbstzweifel vor den beiden Leuten aus Bingtown. Mit einer Hand berührte sie vorsichtig die schmutzige Haut des Silberdrachen und achtete dabei auf die Wunde. »Hallo?«, sagte sie leise.
    Bei der Berührung zuckte er leicht, antwortete aber nicht. Sie verzichtete darauf, ihren Begleitern einen Blick zuzuwerfen, denn sie brauchte weder deren Beifall noch deren Rat. Sie erhöhte den Druck ihrer Hand, doch der Drache wich nicht zurück. »Hör mal, Drache, ich bin hier, um dir zu helfen. Bald brechen wir alle zusammen auf eine Reise auf, um flussaufwärts nach einem besseren Ort für euch zu suchen. Doch bevor wir losgehen, will ich nach der Wunde an deinem Schwanz sehen. Sie sieht entzündet aus. Ich möchte sie reinigen und verbinden. Das kann wehtun, aber ich meine, dass es nötig ist. Sonst frisst sich das ätzende Flusswasser hinein. Lässt du mich das

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