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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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im Wasser geschaffen war, watete sie lautlos durch den Sumpf. Schöne Vollstreckerin, dachte Thymara, und das inzwischen vertraute Gefühl von Sintaras Zauber überkam sie. Die Drachin war das schönste Wesen, das Thymara je gesehen hatte.
    Hastig und zunehmend wütend versuchte Thymara, an ihrem Selbst festzuhalten. Ja. Sintara war das schönste Wesen auf der Welt. Und das gedankenloseste, eigennützigste und grausamste! Thymara schüttelte den Zauber ab, hielt sich an Teermanns Reling und kletterte über sie hinweg.
    Die Boote der Hüter waren an Teermanns Strickleiter festgebunden. Doch sie gab sich erst gar nicht mit einem von ihnen ab. Teermann war auf Grund gelaufen, und hier war das Wasser nur knie-bis hüfthoch. Gerade einmal so viel Wasser, dass es für alle unangenehm war, sagte sie sich und sprang hinein. Ihre Füße versanken tiefer im Schlick, als sie gedacht hatte, und kurz wurde sie von Panik erfasst. Doch das Wasser reichte ihr nicht einmal bis zur Hüfte, und sie nutzte den Moment der Angst, um ihre Wut damit anzuheizen. Sie würde weder weinen noch klagen. Dieses Mal nicht, und vielleicht nie wieder.
    Sie sah sich um, bemerkte, dass Sintara noch mit der Jagd beschäftigt war, und ging entschlossen auf sie zu. An der Schilfwiese angekommen, bahnte sie sich einen Weg zwischen den Halmen hindurch, und es war ihr gleichgültig, dass dabei das Wasser aufspritzte und sie sehr wahrscheinlich die Jagdbemühungen der hungrigen Drachin zunichtemachte. Hatte Sintara jemals einen Gedanken darauf verschwendet, was sie in Thymaras Leben zerschlug? Sie bezweifelte es.
    »Mach nicht einen solchen Lärm!«, zischte die Drachin ihr entgegen.
    Mit voller Absicht plantschte Thymara noch lauter durchs Wasser, bis sie vor der erzürnten Drachin stand. Sintara reckte den Hals, sodass sie zu voller Größe aufgerichtet war, sah auf das Mädchen herab und öffnete die Schwingen ein Stück. »Stimmt etwas nicht mehr mit dir? Hier gibt es ohnehin nicht viel zu jagen, und jetzt hast du jeden Fisch oder Frosch in diesem Schilfdickicht verscheucht!«
    »Was mit mir nicht mehr stimmt, das bist du! Was hast du mit mir gemacht?«
    »Ich? Ich habe nichts mit dir gemacht!«
    »Und was ist das? Was ist das für eine Verwandlung?« Wütend riss sich Thymara das Hemd vom Leib und kehrte Sintara den Rücken zu.
    »Ach, die. Die sind noch nicht fertig.«
    »Was ist noch nicht fertig? Sylve meinte, mir würden in den Wunden auf dem Rücken Finger wachsen!«
    »Finger!«, schallte Sintara belustigt. »Finger? Nein. Flügel. Da, lass mich mal sehen.«
    Thymara war zu bestürzt, um sich regen zu können. Flügel. Flügel. Plötzlich ergab das Wort keinen Sinn mehr. Es war nur noch eine leere Hülle für sie. Flügel. Flügel auf ihrem Rücken. »Aber ich bin ein Mensch«, sagte sie blödsinnig. Sie spürte den Atem des Drachen auf der nackten Haut.
    »Das bist du. Noch. Aber wenn deine Verwandlung abgeschlossen ist, bist du ein Elderling. Mit Flügeln. Und zwar der Erste seiner Art, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt. Noch sind sie nicht ausgewachsen, aber … kannst du sie bewegen? Hast du es überhaupt schon probiert?«
    »Sie bewegen? Ich wusste ja noch nicht einmal, dass ich welche habe!« Sie hatte sich vorhin schon leergeweint, hatte all ihre Tränen über die Entstellung bereits vergossen. Was hatte es an diesem Nachmittag für sie bedeutet? Dass sie eine Missgeburt und ein Ungeheuer war. Dass sie es nie wagen würde, einem Mann ihren nackten Leib zu zeigen. Nein, auch niemand anderem. Finger, die ihr aus dem Rücken wuchsen. Aber es waren keine Finger. Es waren Flügel. Und die bescheuerte Drachin, die sie hatte wachsen lassen, ohne Thymara vorher zu fragen, wollte jetzt wissen, ob sie sie bewegen konnte!
    Wieder drohten Tränen aus ihr hervorzubrechen, und sie wusste nicht zu sagen, ob es Tränen der Angst oder der Wut waren. Ihr Herz schlug heftig gegen ihre Rippen.
    »Versuch sie zu bewegen«, drängte Sintara, und in ihrer Stimme lag kein Mitgefühl, sondern lediglich Neugierde. Thymara spürte Sintaras Atem im Rücken und schauderte. Plötzlich zuckte etwas an ihrem Rücken.
    »Was ist das?«, schrie sie und krümmte sich unter Schmerzen. Es fühlte sich an, als hätte sie sich etwas eingeklemmt oder ein Fingergelenk verstaucht. Etwas, was mit ihrer Wirbelsäule verbunden war, war verklemmt und verkrampfte sich. Sie wand sich und spürte mit Entsetzen, dass ihr eine warme Flüssigkeit den Rücken hinablief, und dann hing ihr

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