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Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer

Titel: Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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können, dass niemand seine Gedanken las. Wieder drehte er die Blutphiole. Würde er sterben, wenn er sie austrank?
    Wenn er die Drachin tötete, hätte er seinen Geist dann wieder für sich?
    Da wurde kräftig an die Tür geklopft. »Wartet!«, rief er, und Schreck und Wut machten seine Stimme lauter, als er beabsichtigt hatte. Ihm blieb keine Zeit, das Blut ordentlich zu verstecken. Er wickelte es in ein verschwitztes Hemd, das er unter die Bettdecke stopfte. »Wer ist da?«, rief er etwas zu spät.
    »Ich bin’s, Carson. Ich würde mich gern mit Euch unterhalten, bitte.«
    Carson. Er gehörte auch zu denen, die Sedric offenbar nicht in Frieden lassen konnten. Tagsüber waren die Jäger unterwegs, um der Aufgabe nachzukommen, für die sie bezahlt wurden. Aber jedes Mal, wenn Sedric frühmorgens erwachte oder abends in die Kombüse ging, tauchte Carson auf. Zweimal war der Jäger in die Kabine gekommen, als Davvie bei ihm gewesen war, und er hatte den Jungen daran erinnert, dass er Sedric nicht belästigen sollte. Beide Male war der Junge gegangen, wenn auch nicht gerade mit freundlicher Miene. Und beide Male war Carson noch ein wenig geblieben und hatte versucht, Sedric in ein Gespräch zu verwickeln, indem er ihn gefragt hatte, wie es sich an einem kultivierten Ort wie Bingtown lebte und ob er jemals andere Städte bereist hatte. Auf alles hatte Sedric eine knappe Antwort gegeben, aber Carson schien den schroffen Tonfall nicht bemerkt zu haben. Der Jäger behandelte ihn weiterhin mit freundlicher Zuvorkommenheit, die in krassem Widerspruch zur derben Kleidung und dem rauen Beruf des Jägers standen.
    Als Carson den Jungen das letzte Mal verscheucht hatte, hatte er Davvies Platz auf dem Koffer eingenommen und Sedric erneut von sich erzählt. Er führte ein einsames Leben. Keine Frau, keine Kinder, ein alleinstehender Mann, der sich bloß um sich selbst kümmerte und tat, wonach ihm der Sinn stand. Seinen Neffen Davvie hatte er zu sich genommen, weil er ahnte, dass dieser dereinst dasselbe Leben führen würde. Aber Sedric hatte ihm nicht richtig zugehört, sondern aufgegessen und danach äußerst auffällig gegähnt.
    »Ich vermute, Ihr habt es satt, krank zu sein. Ich hatte gehofft, es würde Euch inzwischen besser gehen«, hatte Carson gesagt. »Ich lasse Euch allein, damit Ihr Euch ausruhen könnt.« Mit der Achtsamkeit eines Mannes, der es gewohnt war, für sich selbst zu sorgen, hatte er Sedrics Geschirr wieder auf das Tablett gestellt. Er hatte Sedric mit einem seltsamen Lächeln angeschaut, während er das Leinenrechteck, das an Bord des Kahns als Serviette durchging, zusammengefaltet hatte. »Haltet still«, hatte er ihn aufgefordert und ihm mit dem Zipfel des Tuchs etwas aus dem Mundwinkel gewischt. »Man merkt, dass Ihr nicht gewohnt seid, einen Bart zu tragen. Einen Bart muss man pflegen. Wenn Ihr mich fragt, solltet Ihr Euch wieder rasieren.« Er hatte innegehalten und bedeutungsvoll in der unaufgeräumten Kammer umhergeblickt. »Und Euch baden. Und Euch um Eure Sachen kümmern. Ich weiß, dass Ihr hier nicht zufrieden seid. Das kann ich Euch auch nicht verübeln. Aber das heißt nicht, dass Ihr Euch aufgeben solltet.«
    Dann war er gegangen und hatte Sedric entsetzt und gekränkt zurückgelassen. Er hatte seinen kleinen Spiegel hervorgekramt, sich in Richtung Kerze gebeugt und sein Gesicht begutachtet. Ja. Im Mundwinkel hatte er Suppe. Sie hing ihm in den Stoppeln, die ihm inzwischen gewachsen waren. Es waren ein paar Tage vergangen, seit er sich rasiert oder gründlich gewaschen hatte. Er musterte sich im Spiegel und bemerkte, dass er ausgezehrt wirkte. Unter den Augen entdeckte er dunkle Ringe. Seine Haare waren strähnig und ungekämmt. Der bloße Gedanke, in die Küche zu gehen, Wasser aufzuwärmen und sich zu rasieren und zu waschen, ermüdete ihn. Hest wäre entsetzt, wenn er ihn in diesem Zustand sehen würde!
    Aber dieser Gedanke hatte ihn nicht zur Körperpflege angespornt, vielmehr hatte er sich auf dem Bett zurückgelehnt und in die Dunkelheit gestarrt. Es spielte keine Rolle, was Hest denken würde, wenn er ihn verschwitzt und unrasiert in dieser mit Kleidern übersäten Kabine erblicken würde. Denn es wurde zunehmend unwahrscheinlicher, dass Hest ihn jemals wiedersah. Und daran war Hest schuld, der ihn wegen seiner dummen Rache fortgeschickt hatte, damit er für Alise die Amme spielte. Dachte Hest überhaupt noch an ihn? Interessierte er sich dafür, was ihre Verspätung verursacht

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