Rain Wild Chronicles 02 - Drachenkämpfer
hatte? Sedric bezweifelte es.
Was Hest anging, bezweifelte er inzwischen so manches.
Er war auf die Pritsche gekrochen, ein Bett, das allenfalls für Hunde angemessen war, und hatte den Rest des Tages verschlafen.
Ein weiteres Klopfen riss seinen Geist wieder in die Gegenwart. »Sedric? Geht es Euch gut? Antwortet, oder ich stoße die Tür auf.«
»Alles gut.« Sedric machte den einen Schritt, der nötig war, um den Raum zu durchqueren, und öffnete den Riegel an der Tür.
Entweder entging dem Kerl Sedrics Tonfall, der deutlich machte, dass er nicht willkommen war, oder er setzte sich darüber hinweg. Denn Carson machte die Tür auf und sah sich in der dunklen Kabine um. »Ich glaube, Euch täten Licht und etwas Luft besser, als hier im Finstern zu liegen«, stellte er fest.
»Weder Licht noch Luft können mein Leiden lindern«, grummelte Sedric. Er hob den Blick zu dem groß gewachsenen bärtigen Jäger, sah dann aber weg. Carson schien die Kammer ganz auszufüllen. Er hatte eine breite Stirn, darunter lagen große dunkle Augen mit dicken Brauen. Sein kurz geschnittener Bart hatte dieselbe braune Farbe wie sein sprödes Haar. Der Wind hatte ihm das Blut in die Wangen getrieben, und seine klar konturierten Lippen waren rot. Offenbar spürte er, dass Sedric ihn musterte, denn er strich verlegen sein Haar zurecht.
»Braucht Ihr etwas?«, fragte Sedric und stieß die Worte heftiger hervor, als er gewollt hatte. Carsons freundlicher Gesichtsausdruck wurde plötzlich zurückhaltender.
»Ja, in der Tat, ich brauche etwas.« Er schloss die Tür hinter sich, wodurch es in der Kammer gleich wieder dunkler wurde. Er sah sich nach einer Sitzgelegenheit um und ließ sich, ohne auf eine Aufforderung zu warten, auf der Truhe nieder. »Seht, ich will ganz offen sprechen und euch dann keinen weiteren Ärger machen. Ich denke, Ihr werdet mich verstehen, jedenfalls werde ich dafür sorgen. Davvie ist noch ein Junge. Ich werde nicht zulassen, dass man ihm wehtut oder dass er ausgenutzt wird. Sein Vater und ich waren wie Brüder, und ich wusste noch lange vor seiner Mutter, was mit Davvie los ist. Falls sie es überhaupt jemals gemerkt hat, was ich bezweifle.« Der Jäger stieß ein kurzes, kläffendes Lachen aus und sah zu Sedric hinüber, als erwarte er eine Erwiderung. Als dieser jedoch nichts sagte, richtete Carson den Blick wieder auf seine großen Hände. Er rieb sie, als schmerzten ihn die Knöchel. »Und? Versteht Ihr, auf was ich hinauswill?«, fragte er Sedric.
»Dass Ihr wie ein Vater für Davvie seid?«, riet Sedric.
Erneut erklang Carsons bellendes Lachen. »So sehr ich überhaupt jemandes Vater sein kann!«, sagte er und sah Sedric erneut erwartungsvoll an. Doch dieser starrte verständnislos zurück.
»Ich verstehe«, sagte der Jäger und wechselte in einen leiseren und ernsteren Tonfall. »Ich verspreche Euch, dass das unter uns bleibt. Ich sage ganz offen, was ich zu sagen habe, und dann bin ich auch gleich wieder weg. Davvie ist noch ein Junge. Ihr seid wahrscheinlich der schönste Mann, den er jemals gesehen hat, und der Kerl ist verliebt. Ich habe mich bemüht, ihm klarzumachen, dass er viel zu jung ist und dass Euer Stand zu hoch über seinem steht. Aber jugendliche Liebe macht blind. Ich versuche mein Bestes, ihn von Euch fernzuhalten, und ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr ihn auf Abstand halten würdet. Wenn er erst einmal merkt, dass er keine Chance hat, wird er schnell darüber hinwegkommen. Vielleicht hasst er Euch dann sogar ein wenig, aber Ihr wisst ja, wie das ist. Aber wenn Ihr ihn verspottet oder ihn vor den anderen Männern an Bord lächerlich macht, dann habe ich damit ein ernstes Problem.«
Mit versteinertem Gesicht starrte Sedric ihn an. Sein Kopf arbeitete fieberhaft, um die Bedeutung der Worte zu erfassen.
Carson sah ihm geradewegs in die Augen. »Und sollte ich Euch falsch eingeschätzt haben und solltet Ihr Euch als ein Mann erweisen, der sich an einem Jungen vergeht, dann bekommt ihr es mit mir zu tun. Habt Ihr mich verstanden?«
»Durchaus«, gab Sedric zurück. Endlich drang die Bedeutung von Carsons Worten zu ihm durch, und er war zwischen Schreck und Scham hin-und hergerissen. Seine Wangen brannten, weshalb er froh war, dass es in der Kabine dunkel war. Noch immer fixierte der Jäger ihn mit seinem Blick, und Sedric wich ihm aus. »Ihr spracht davon, den Jungen vor der Mannschaft lächerlich zu machen. So etwas würde ich nie tun. Und auch Euch bitte ich, nichts dergleichen zu
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