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Raketenmänner (German Edition)

Raketenmänner (German Edition)

Titel: Raketenmänner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goosen
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geschämt haben.«
    »Du bist nicht geschieden.«
    »Aber immerhin arbeitslos.«
    »Du findest eher einen Job als ich einen Mann.«
    »Gedrucktes ist tot. Unter dreißig liest niemand mehr Zeitung.«
    »Du könntest Filmkritiken fürs Internet schreiben.«
    »Und im Supermarkt bezahle ich mit meinen Klicks?«
    »Mit deiner Einstellung findest du nie mehr einen Job.«
    »Und du mit deiner nie mehr einen Mann.«
    »Vielleicht suche ich mir eine Frau.«
    »Die sind auch nicht besser.«
    »Ich dachte, eure Ehe läuft.«
    »Sie läuft und läuft und läuft.«
    »Ist das nicht das Glück?«
    »Sie versucht mich umzubringen, indem sie mich zu Tode langweilt.«
    »Ich weiß«, sagte Cordula und warf einen Blick nach drinnen auf die Zwillinge. »Manchmal stehe ich am Karpfenteich und sehe mir die Viecher an, wie sie da debil herumschwimmen. Dieser Stumpfsinn ist doch nicht zu fassen! Ich denke: Die sind zufrieden, solange sie fressen und schwimmen können. Und dann werde ich neidisch. Ich habe schon daran gedacht, einen Toaster da hineinzuschmeißen, nur um ihnen zu zeigen, dass ich sie umbringen kann, sie mir aber gar nichts können.«
    »Und was hat dich davon abgehalten?«
    »Ich habe kein Verlängerungskabel, das lang genug ist.«
    »Zu deinem Geburtstag schenke ich dir eine Kabeltrommel.«
    »Hauptsache kein Parfüm.«
    »Du weißt doch, was Papa immer gesagt hat: Wenn es dir schlecht geht, musst du die Stiefel in die Steigbügel stem men, dich im Sattel aufrichten und den Blick über die endlosen Weiten der Prärie schweifen lassen! «
    »Und wir haben gesagt: Aber wir haben hier doch gar keine Prärie! «
    »Und Papa meinte: Es geht um die Prärie in dir drin! «
    Wenzel musste lächeln und sah zu dem Karpfenteich hinüber. Auch er hatte Fische nie leiden können. Cordulas zweiter Mann, der Vater der Zwillinge, hatte die Tiere angeschafft, und jetzt hatte Cordula sie am Hals. Wenzel durfte das mit der Kabeltrommel nicht vergessen. Und wenn es auch nur ein guter Gag war.
    »Du hast dich für Papa nie geschämt«, sagte Cordula.
    »Das stimmt nicht. Im Kino war es okay, aber wenn Freunde zu uns nach Hause kamen und er und Mama in diesen Klamotten herumliefen …«
    »Sie hat das nur ihm zuliebe gemacht.«
    »Und uns zuliebe hätte sie es sein lassen sollen.«
    »Sie waren glücklich.«
    Darauf konnte Wenzel nichts mehr sagen. Die Sonne brannte durch die helle Markise. Wenzel sah die Schatten von Schmetterlingen und Käfern über sich flattern und krabbeln.
    »Ich muss los«, sagte er nach einer Weile. »Bevor ich zu Papa gehe, will ich noch im Laden vorbei.«
    Sie gingen durch das Wohnzimmer. Wenzel verabschiedete sich von seinen Neffen, die nur müde die Hand hoben.
    »Grüß Papa von mir«, sagte Cordula, als sie sich an der Haustür verabschiedeten. »Und natürlich deinen Sohn, den Kleinunternehmer.«
    Wenzel ging zu Fuß, um das Geld für die Straßenbahn zu sparen. Es wurde Zeit, dass er einen Käufer für das Haus fand, aber der Makler sagte, derzeit habe man einen Käu fermarkt , also ungünstig für Leute, die ein Haus loswerden wollten, jedenfalls im unteren Mittelklassebereich, wie er sich ausdrückte.
    Der Laden seines Sohnes lag etwas abseits der Fußgängerzone. Was schon mal das erste Problem war. Zufällig verirrte sich hier niemand hin, Laufkundschaft konnte man vergessen. Über dem Eingang stand einfach Schallplatten . Na gut, das hatte was, aber das waren doch zwei Schritte zurück, noch hinter die eigene Kindheit, schließlich war sein Sohn schon mit CD s aufgewachsen. Im Schaufenster lagen Platten von Bands, die Wenzel völlig unbekannt waren.
    Als Wenzel die Tür aufstieß, ertönte ein elektronischer Gong. Sein Sohn, der hinter der Kasse am Ende des Ladens saß, hob den Kopf. Als Wenzel auf ihn zuging, kam ihm das vor wie ein Duell auf der Main Street. Irgendeiner musste als Erster ziehen. Sein Sohn tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn.
    » CD s sind im Keller«, sagte er.
    Außer Vater und Sohn war niemand im Laden.
    »Ich bin auf dem Weg zu Opa«, sagte Wenzel.
    »Ich war heute Morgen bei ihm.«
    Wenzel war am Verkaufstresen angekommen. »Wie ging es ihm?«
    »Super. Er war voll da, hat mich erkannt, wir haben uns richtig gut unterhalten.«
    »Toll!«, sagte Wenzel und wusste nicht weiter. Sein Sohn stand auf, ging ein paar Meter nach links, machte kehrt, ging zurück und setzte sich wieder. Das war, neben dem Stirntippen, der zweite Tic, den sein Sohn nicht unter Kontrolle bekam. Wenzel

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