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Rampensau

Titel: Rampensau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Blum
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gesehen.
    Lunke gab einen Laut von sich, den sie nicht einordnen konnte – irgendetwas zwischen einem tiefen Seufzen und einem wohligen Stöhnen.
    »Ich mag dich«, flüsterte er mit einschmeichelnder Stimme, »und ich glaube, meine Mutter … sie mag dich auch … Wir haben alles versucht, sind sogar bis zu der Festung der Blutsauger gelaufen …«
    Kim schnellte zurück. »Wohin seid ihr gelaufen – zur Festung der Blutsauger?«
    Beleidigt sah Lunke sie an. »He, es war gerade so gemütlich. Warum machst du mit deiner Fragerei jede Stimmung kaputt?« Er wandte den Kopf und blickte zu Cecile hinüber, die im Schlaf zu zucken und leise zu quieken begonnen hatte.
    »Sag schon – welche Festung meinst du?« Kim gab sich Mühe, freundlich und einfühlsam zu klingen.
    Lunke schnaubte. »Ich bin wirklich müde«, sagte er. »Bin die ganze Nacht herumgerannt – für dich und deine Menschenfrau …«
    Kim lehnte sich wieder gegen ihn. »Ich weiß zu schätzen, was du für mich getan hast«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Ehrlich.«
    Hellrot kletterte die Sonne empor. Für einen Moment musste Kim an Bertie denken, und ihr Herz krampfte sich zusammen.
    »Diese Festung liegt mitten im Wald. Umgeben von einem gefährlichen Zaun, nicht von so ein paar lächerlichen Drähten, wie ihr sie hier habt. Früher haben die Menschen da schießen geübt, meine Mutter hat den furchtbaren Krach noch miterlebt, aber nun gehört das Anwesen den Blutsaugern.«
    Kim spürte, wie sich ihr vor Neugier die Borsten am Nacken aufrichteten; sie versuchte jedoch ruhig zu bleiben, um Lunke nicht wieder aus seinem Redefluss zu bringen.
    »Als ich klein war, hat meine Mutter mir erzählt, dass ich auf keinen Fall zu dieser Festung laufen darf«, fuhr er in äußerst ernstem Tonfall fort. »Fliegende Mäuse mit scharfen, gefährlichen Zähnen leben da; wenn man sie stört, stürzen sie sich auf einen und saugen einem das Blut aus den Adern, bis man tot umfällt.« Lunke schüttelte sich, und plötzlich klang seine Stimme klein und jung. Er wandte den Kopf. »Oder glaubst du, meine Mutter hat mir das nur erzählt, damit ich nicht weglaufe und keine Dummheiten mache?«
    »Hast du diese fliegenden Mäuse schon mal gesehen?«, fragte Kim. Sie nahm sich fest vor, diese Festung aufzusuchen – am besten noch, bevor es richtig hell geworden war.
    »Manchmal sieht man sie in der Dämmerung«, erwiderte Lunke, »aber sie haben sich zum Glück noch nie auf mich gestürzt. Sie flattern meistens nur rasend schnell um einen herum.« Er zog ein Gesicht, als begriffe er zum ersten Mal, dass seine Mutter ihn möglicherweise zum Narren gehalten hatte, damit er ihr gehorchte.
    »Würdest du sie mir zeigen?«, fragte Kim sanft.
    »Die fliegenden Mäuse oder die Festung?«, brummte Lunke schläfrig.
    Kim sah, dass er die Augen geschlossen hatte. Im Gegensatz zu ihm war sie hellwach.
    »Beides«, erwiderte sie so freundlich sie konnte. »Und am besten auf der Stelle.«
    Lunke schlug abrupt die Augen auf. »Du meinst, jetzt sofort?«
    Kim nickte.
    »Aber das wird dich etwas kosten.« Er blinzelte sie an. »Du musst dich mit mir im See suhlen – heute, morgen und den Tag danach.«
    »Also übermorgen?«
    »Ja, auch übermorgen.« Lunke lächelte, und seine Augen blitzten auf. »Keine Widerrede!«
    »Also gut.« Kim zog ihren Kopf zurück. »Aber nur, wenn wir keine Zeit verlieren und sofort loslaufen.«
    Als sie die Wiese verließen, sah Kim, wie im Haus ein Licht anging – im ersten Stock, in dem Zimmer, in dem Carlo wohnte. Was hatte er die ganze Nacht gemacht? Geschlafen? Aber warum hatte er dann Swara und Finn betäubt, wenn er sich nur schlafen legen wollte? Kim spürte immer noch eine seltsame Kraft in sich – als hätten die Sternschnuppen auch mit ihr etwas angestellt. Ja, ein wenig von dem Himmelslicht war auch auf sie übergegangen, und dann, während sie mit einem mürrischen, schweigsamen Lunke in den Wald lief, entdeckte sie einen riesigen weißen Schwan, der über ihnen in Richtung Sonne flog.
    »Du sollst dich übrigens nicht immer an den jungen Eichen reiben«, sagte sie und schaute Lunke an. »Bekommt ihnen nicht gut – soll ich dir ausrichten!«
    Er schnaubte missmutig. »Was soll das nun schon wieder? Wer behauptet so etwas?«
    »Bertie hat es mir erzählt.«
    »Der tote Bertie! Schon wieder redest du so einen Unsinn!« Lunke blieb unvermittelt stehen. »Kim«, sagte er, »du bist mir unheimlich.«
    Kim lächelte. Wann war es mal vorgekommen,

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