rank und schlank und rattenscharf
einen Biertisch und gebe Kira etwas vom Croissant ab. Dann ziehen wir noch total gerädert von dannen. Es ist ein unfreundlicher, kühler Morgen. Im nächsten Laden kaufe ich ein. Baguette, Leberwurst, eine Apfelsine, zwei Bananen, Actimel. Wir machen unsere erste Pause auf einer einmalig schönen Mohnblumenwiese und ein Pilger nach dem anderen zieht grüßend oder auch wortlos an uns vorüber.
Wir müssen ständig — die Abstände werden immer kürzer — Pausen einlegen, damit ich meine Füße und Kiras Pfoten versorgen kann. Ich bekomme eine SMS von Willi:
Ich bin in Burgos und werde hier eine längere Pause machen.
Dann kommt noch eine von ihm: Ich halte es nicht mehr länger in der Stadt aus, ich bin kein Stadtmensch mehr!
Ich schreibe zurück: Was sind Menschen? Ich bin morgen in Burgos, Gruß Buggi.
Ich bin schon wieder zwei Stunden unterwegs und hole mir in einem fast ausgestorbenen Kaff drei Flaschen Wasser und eine Cola light. In diesem von allen guten Geistern verlassenen Ort stehen vier Männer in der Bar an der Theke. Sie trinken Schnaps mit Eis und unterhalten sich, und das am helllichten Tag in der Mittagszeit. — Mittlerweile ist es wieder sehr warm geworden. Da wird der Alkohol die doppelte Wirkung haben, denke ich. Ihre Autos haben sie kreuz und quer vor der Bar geparkt, das soll nicht mein Problem sein. Ich verlasse dieses Nest genauso schnell, wie ich gekommen bin und laufe auf einem schönen, einsamen Weg. Ein antikes Bauwerk ist das einzige, was mich aus meiner Monotonie aufweckt. Es ist aus Feldsteinen gebaut und könnte ein alter Brunnen sein, mittlerweile ist der Weg dorthin hoch zugewuchert.
Am frühen Nachmittag erreiche ich Villafranca und setze mich direkt an die Hauptstrasse vor eine Bar, zum Glück ist hier Schatten. Sie heißt „Bar Puerto“. Ständig fahren schwere LKWs an uns vorbei und es stinkt nach den Abgasen. Ich hole mir einen Kaffee und stelle fest, dass in einem der hinteren Räume ein Lebensmittelgeschäft ist. Bezahlt wird in der Bar an der Theke. Das ist genau das, was ich brauche: Lebensmittel. Ich kaufe mir einige Leckereien, unter anderem Joghurt, denn ich habe seit Zuhause keinen mehr gegessen. Was ich inzwischen gelernt habe ist, immer da zu essen, wo man was bekommt, ein Schlaraffenland ist hier nicht. Nicht das Land wo Milch und Honig fließen.
Ich rufe Anne an und erzähle ihr, dass ich letzte Nacht ohne Zelt geschlafen und mir dabei einen abgefroren habe. „Jetzt ist es warm und ich bin in Villafranca, vielleicht kannst Du diesen Ort auf der Karte finden? Hier gibt es nichts Neues und mir geht es seit einigen Tagen sehr gut, abgesehen von meinen Füßen. Machs gut, ich melde mich.“ Gegessen und getrunken habe ich nun genug. In Burgos werde ich zuerst einen Uhrmacher suchen und meine Uhr reparieren lassen, mir geht sie schon lange auf den Geist. Es nervt total, jedes mal das Handy anzumachen. — Anne und ich haben unsere Handykarten getauscht. Somit habe ich hier meine Ruhe und das funktioniert. Nicht ein einziger Anruf, obwohl ich langsam ein sprechendes Gegenüber gebrauchen könnte.
Ich bin jetzt noch ungefähr 35 km vor Burgos entfernt. Es geht direkt hinter dem Ort extrem steil einen Hügel empor und als der Scheitelpunkt erreicht ist, erstreckt sich vor meinen Augen eine wunderschöne
Wiese. Auf ihr stehen Bienenkörbe und ich beschließe spontan, heute hier zu bleiben, auch wenn es zum schlafen viel zu früh ist. Ich erinnere mich an die vorletzte Nacht, als wir bis spät am Abend an der nicht enden wollenden Straße entlang liefen. Da bin ich fast verzweifelt, das brauche ich heute nicht noch einmal.
Ich stelle mein Zelt hinter mannshohen Sträuchern auf und trockne die noch immer nassen Sachen von heute Morgen. Heute bin ich vielleicht gerade mal 8-10 km gelaufen. Niemand zwingt mich zwanzig und mehr zu laufen. Ich versorge zuerst Kiras Pfoten, dann meine Zehen, da höre ich einen Traktor kommen. — Das fehlt mir nun auch noch, heute wo ich so früh aufgehört habe, dass man mich von dieser schönen Wiese verscheucht! Es ist genau 17.00 Uhr. Der Bauer fängt an, das Feld neben mir mit Unkrautvernichtungsmittel zu spritzen. Ich schaue auf die Bäume und Sträucher. Aus welcher Richtung kommt denn der Wind? Es ist fast windstill, aber nach wenigen Minuten riecht es doch nach dem Unkrautvernichtungsmittel. Ich tue einfach so, als höre und sehe ich ihn nicht und bleibe bewegungslos liegen. Nach genau einer Stunde ist er
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