rank und schlank und rattenscharf
will los. Direkt gegenüber vom Campingplatz verläuft ein Feldweg parallel zur Straße, den nehme ich. Der richtige Weg geht bestimmt an der Straße entlang. Kira kann hier ohne Leine laufen. Die Straße ist vielleicht 200 m weiter nördlich.
Ein Miststreuer steht mitten auf dem Weg. Kira traut sich nicht an diesem landwirtschaftlichen Ungetüm vorbei. Erst nachdem ich sie rufe und ganz energisch auffordere, macht sie einen gewaltigen Satz über einen Bewässerungskanal und läuft dann im weiten Bogen über das Feld. — Ich bin froh, dass dieser Feldweg einen Kilometer lang ist, bevor er die Straße erreicht. Hier muss ich Kira wieder an beide Leinen machen, damit sie nicht unerwartet auf die Straße springt. Allein an der stark befahrenen Straße entlang zu laufen, ist schon riskant, mit Kira ein Problem. Ich muss stundenlang auf sie achten, es ist anstrengend und erfordert ständige Konzentration. Ich kenne das noch von unseren Kindern, die durfte man auch nicht aus den Augen lassen.
Wir sind in St. Martín del Camino angekommen. Vor einem Refugio trinke ich eine Pepsi Cola. Die beiden Pilger vom Campingplatz kommen auch gerade an. Ich schalte mein Handy ein und sehe, dass ich eine Nachricht von Willi bekommen habe:
Das Refugio ist so voll, dass ich mir ein Doppelzimmer mit der 24 jährigen Pilgerin Sonja teilen muss. Für mich ist das OK, ich habe meine Freundin und sehe alles klar!
Ich schreibe zurück: Ich würde mir auch gerne das Zimmer mit Sonja teilen, aber ich habe ja Kira.
Willi antwortet: Ist doch egal, ob Sonja oder Kira, die Sonne scheint, kein Regen, viele Jakobsstürmer mit Tagesrucksack. Schönen Tag Euch beiden.
Den werden wir auch haben. Ich verzweifle langsam an diesem Weg, er geht schon wieder nur an der Straße entlang. Meinen Mittagsschlaf halte ich im Schatten eines auseinander gebrochenen Baumes, nur fünf Meter abseits von der Straße.
Ich werde durch aggressive Fliegen geweckt. Sie beißen mich die ganze Zeit und ich stehe genervt auf. Ich will aufbrechen, da sehe ich Graskiele in Kiras Fell, die muss ich ihr erst einmal auskämmen.
Wir laufen eine ganze Weile, bis wir in Hospital de Órbigo ankommen, wo ich Fotos von fliegenden Störchen und Jungstörchen in ihren Nestern mache. Auch die Brücke ist ein schönes Fotomotiv. Kira hat das Wasser gesehen und es beginnt ein fürchterliches Jaulkonzert. Sie will unbedingt sofort in diesen Fluss. „Ich schmeiß Dich gleich von der Brücke. Hör endlich auf zu jaulen.“ — Wir müssen zuerst die Brücke überqueren, dann können wir wieder zurück zum Fluss gehen. Ich mache sie hundert Meter vorher los. Sie ist nicht mehr zu halten und springt mit einem gewaltigen Satz ins Wasser. Jetzt bellt wie sie wie eine Irre und will, dass ich ihr Stöckchen zuwerfe. — Das könnte sie jetzt stundenlang machen, sie ist in ihrem Element. Kira hätte auch ein sehr guter Seehund werden können. Stöckchen gibt es hier Gott sei Dank genug.
Der Fluss hat eine starke Strömung und ich muss aufpassen, dass es nicht zu einem Badeunfall kommt. Ich werfe die Stöcke so, dass sie nicht von der Strömung mitgerissen wird. Zwei Männer sind an einer anderen Stelle im Wasser und schwimmen, sie lachen, kreischen laut. Die haben vielleicht einen Spaß! — Ich erkläre Kira, dass die Badezeit jetzt beendet ist und das Gejaule geht von vorne los. — Schluss jetzt, wir müssen weiter.
Wir laufen zur Albergue direkt am Fluss, 2 Apfelsinen und ein Pfirsich — war nicht das Meiste, was ich heute bisher gegessen habe. Ich rufe durchs offene Fenster hinein: „Kann ich noch etwas zu essen bekommen?“ — „Kein Problem, kommen Sie ruhig rein.“ — „Nee, ich bleibe draußen, ich habe einen Hund dabei. Ich möchte hier draußen essen.“ Hier sitzen noch andere Gäste, auch Handwerker, die gerade ihre Mittagspause machen. — „Oh no, Perro, no!“ — Mein lieber Mann, sind die doof, das wäre doch schnell verdientes Geld gewesen. Hier draußen hätte Kira niemanden gestört. Also den Rucksack wieder auf und weiter, die anderen Leute gucken uns mitleidig hinterher.
Ich könnte es noch einmal woanders probieren, doch bevor ich mich versehe, ist die Stadt zu Ende. Wir haben nichts gegessen, getrunken, geschweige denn etwas eingekauft.
Am Ortsausgang fließt Wasser mit enormer Strömung in einem Betonkanal. Ich setze mich, ziehe meine Schuhe aus und halte meine Füße in das eiskalte Wasser. Sie fangen sofort an zu prickeln, es tut
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