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Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Titel: Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Bieling
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Löwenanteil am Hals.«
    Ich schluckte. Sollte ich es ihm jetzt sagen? Ich schlürfte an meinem Shake, während sich die Stimme in mir aufbäumte und gegen meinen Kopf hämmerte. Sag es ihm! Jetzt! Ich gab nach.
    »Richard, ich bin zu Hendrik ins Haus gezogen. Das, was er von seinem Vater geerbt hat.«
    Er verschluckte sich und rang nach Luft.
    Ich klopfte auf seinem Rücken herum. »Aber das hat nichts zu bedeuten, glaub mir. Ich meine, falls du denkst, ich werfe jetzt meine Pläne über Bord«, fügte ich hinzu, um seinen Hustenanfall zu mildern.
    »Du kennst diesen Mann doch gar nicht!«, hüstelte er mit vorgehaltener Hand.
    »Doch, tu ich!«
    »Und wie lange? Einen Monat?«
    »Zwei Monate«, verteidigte ich meine Entscheidung.
    Elke kam hinzu. Sie hatte einen Pott Kaffee in der Hand.
    »Hast du es ihr schon gesagt?«, fragte sie Richard.
    Ich blickte zu Richard. »Was gesagt?«
    »Wegen deinem Zimmer«, stammelte er etwas verlegen. Dann wandte er sich Elke zu, die ihn provozierend anstarrte. »Wieso soll ich das tun? Sag du es ihr! Du bist doch die mit der schlechten Nachricht.«
    Kurz darauf hatte mich Elke auf Informationsstand gebracht – natürlich erst, nachdem sie mir gesagt hatte, dass mein Haarschnitt mich moppelig aussehen ließ – und mir dann eine Mieterhöhung unter die Nase gerieben. Sie wedelte schimpfend mit dem Erhöhungsschreiben vom Vermieter herum, während sie mir versicherte, dass sie nichts dafür könne. Ein weiteres Problem sei mein ungenutztes Zimmer, das ohne mich so völlig vor sich hin verstaubte, meinte Elke.
    »Wieso Staub?«, fragte ich. »Wenn ich doch gar nicht da bin, kann ich weder Staub aufwirbeln noch wegwischen.«
    Sie nippte an ihrem Kaffee. »Drum eben! Und dabei erreichen mich Dutzende von Anfragen, ob ein Zimmer zur Vermietung steht.«
    »Hast du denn annonciert?«, wollte ich wissen.
    »Natürlich nicht! Aber alle wissen doch, dass du weg bist. Und da dachte ich …« Sie machte eine Pause, während sie ihren Pott nervös in der Hand drehte. »Na ja, weil du doch jetzt auch das Geld so dringend brauchst …«
    »Was dachtest du? Dass ich mein Zimmer aufgebe?«, unterbrach ich sie erzürnt. »Und wo bitte soll ich wohnen, wenn ich auf Besuch bin oder wiederkomme?«
    Elke schwieg.
    »Hallo? Erde an Elke. Wo bitte soll ich wohnen?«
    Zögerlich rückte sie mit der Sprache heraus. »Ich habe es …, na ja zwischenvermietet quasi. Aber nur bis maximal November.«
    »Was?«, schrie ich sie an. »Du kassierst doppelt?«
    »Was heißt doppelt? Du zahlst immer noch den Anfangszins, falls du es vergessen hast. Den, den wir für die Probezeit in der WG ausgehandelt hatten. Alle anderen blechen wesentlich mehr. Und Jule übernimmt nur die Differenz, weil sie derzeit noch volontiert.«
    »Was diese Jule auch immer macht, interessiert mich nicht! Diese Tussi hat in meinem Zimmer nichts verloren.« Wütend sprang ich auf und rannte in den anonymen Schutz der Großstadt hinaus.
    Ich lief ziellos die Straßen entlang. Autos hupten, Hunde bellten, ein kleines Mädchen humpelte heulend neben seiner Mutter her, und ein Zug donnerte über meinem Kopf hinweg die Bahnbrücke entlang. Der Boden unter meinen Füßen bebte bei jedem Waggon. Ja, ich war zu Hause, aber dennoch fremd.
    Den restlichen Abend verbrachte ich in meiner Lieblingskneipe, der Berliner Rumpelkammer. Ein Ort, an dem sich Künstler jeglicher Ausrichtung trafen. Richard war mir offensichtlich gefolgt. Vielleicht aus Sorge, vielleichtaber auch nur, weil ihn sein schlechtes Gewissen plagte. Er rückte einen der Barhocker heran und setzte sich zu mir an den Tresen. Der Wirt kannte uns und stellte Richard eine Bloody Mary hin. Dann widmete er sich wieder dem Polieren seiner Gläser. Ich nahm mein angetrunkenes Cocktailglas und wandte mich ab.
    »Mensch, Punzelchen, ich wollte es dir doch sagen. An dem Tag, als du mir von diesem Fuchs erzählt hast, weißt du noch? Aber du klangst so optimistisch, und da dachte ich mir …«
    »Was?« Ich drehte mich um und blickte ihn an. »Was dachtest du? Dass ich mich weniger aufrege, wenn ich in Berlin bin? Und überhaupt, wo ist eigentlich Sarah? Und wieso ist plötzlich alles so befremdlich?«
    Richard rückte näher. Er breitete die Arme aus. »Komm mal her.«
    Ich rutschte von meinem Barhocker und schmiegte mich an seine Brust.
    Er seufzte auf. Es war aber kein normales Seufzen, sondern diese Art Seufzer, die einer schlechten Nachricht vorauseilen.
    »Ist was mit Sarah?«, fragte ich

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