Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Titel: Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Bieling
Vom Netzwerk:
besorgt.
    Sein Gesichtsausdruck ließ Schlimmes ahnen. »Sie liegt wieder in dieser Klinik.«
    Ich schwang mich zurück auf den Hocker. »Verdammt! Hat sie wieder dieses Zeug genommen?«
    Richard trank einen Schluck und schlug die Beine übereinander. »Das war doch nur eine Frage der Zeit. Vergiss bitte nicht, wo sie herkommt.«
    Ich versuchte den Tränenfluss, der sich in meinen Augen bildete, zu unterdrücken. »Diese bescheuerte Stadt!«, schrie ich so laut, dass die anderen Gäste mich anstarrten. »Die Stadt und das System haben sie kaputtgemacht!«
    Richard griff nach meinen Händen, die sich zitternd um das Cocktailglas pressten. »Lass gut sein«, versuchte er mich zu beruhigen. »Sie alleine ist dafür verantwortlich. Nicht diese Stadt und nicht das System.«
    »Ach ja? Und du glaubst das wirklich?«, zischte ich zynisch zurück. »Sarah hat es gewusst! Sie hat mir immer gesagt, dass sie hier keine Chance haben wird. Und ich habe ihr nicht geglaubt, ihr gesagt, dass sie eine wundervolle Schauspielerin werden kann, hier in Berlin. Ganz egal, welchem Milieu sie entstammt.«
    Richard knallte sein Glas auf den Tresen. »Schön! Dann hätte sie die Finger von dem Stoff lassen sollen. Jetzt ist sie rausgeflogen, raus aus dem Kurs und der Schule.«
    Ich spürte mein Herz rasen. Spürte, wie es beim Marathon gegen meine Brust schlug. Verdammt noch mal! Nicht Sarah! Ich mochte sie. Und mir war völlig egal, was die anderen über sie sagten.
    Als der Abend dämmerte, schlenderte ich mit Richard langsam zurück. Ich hatte mich schon moralisch auf eine eingeengte Nachtruhe auf dem Gästebett eingestellt. Aber Richard bestand darauf, dass ich in seinem Bett schlief und er auf dem unbequemen Klapperding, dessen Federkern der Prototyp von einem Manta-Stoßdämpfer sein musste.
    Kurz vor der Haustür trafen wir auf den Sohn des Hausmeisters. Ich stieß Richard an. »Los, frag ihn doch mal«, tuschelte ich ihm ins Ohr. Richard hatte mir an unzähligen Abenden von Ronnys meeresblauen Augen vorgeschwärmt. Aber mein bester Freund ignorierte die Aufforderung.
    »Los, mach schon!«, animierte ich ihn erneut.
    Doch Richard machte einen auf arrogant und grüßte seinen Schwarm mit einem obercoolen Nicken.
    Träumte ich? Etwas ratlos keuchte ich die sechs Etagen hinauf, während ich mich fragte, was mit Richard los war. Er wird doch nicht etwa? Nee! Ich kannte zwar homosexuelle Männer, die Kinder hatten und vorher mit Frauen liiert waren, bevor sie sich outeten. Aber umgekehrt? Verstohlen blinzelte ich zu meinem besten Freund.
    »Du, Rich? Kennst du Schwule, die irgendwann mal zum Hetero geworden sind?«
    Er wurde etwas blass um die Nase. Obwohl ich mit Richards sexueller Ausrichtung keinerlei Probleme hatte, war es für ihn selbst immer noch ein Tabuthema. »Quatsch! So was gibt’s nicht«, grummelte er.
    »Woher willst du das wissen? Denk doch mal an das Ying und Yang.«
    Er machte eine Handbewegung, die mir eindeutig zu verstehen gab, dass er keine Lust hatte, darüber zu reden. Dann schlüpfte er wieder in die lila Flip-Flops, um die ich ihn beneidete. Verflucht! Sie sahen fantastisch aus an ihm. Ich blickte zu meinen Füßen hinunter, die in bunten Haussocken steckten. »Darf ich mal probieren?«, fragte ich ihn.
    »Die Flipys?«
    Richard nannte aus unerklärlichen Gründen alle Zehensandalen so.
    »Klar, die Flipys.«
    »Vergiss es! Untersteh dich, sie auch nur anzurühren«, fauchte er zurück. »Diese Sandalen teile ich nicht! Nicht mal mit dir! Und auch keine fünf Minuten zum Anprobieren.«
    Ich konnte einfach nicht schlafen. Immer wieder wälzte ich mich hin und her. Richards seltsame Schnarchgeräusche nervten kolossal. Wer bitte kann bei diesem Geschnarche schlafen? Ich rüttelte an ihm herum, was zur Folge hatte,dass er sich verschluckte und zu dem Schnarchen schmatzende Geräusche hinzukamen. Zum Verrücktwerden!
    Ich schlich aus dem Zimmer. Das Ende des langen Korridors wurde von einem Lichtschein erhellt, der eindeutig aus der Küche kam. Konnte Elke etwa auch nicht schlafen? Sie steckte mit dem Kopf im Kühlschrank. Moment! Irgendwer steckte mit dem Kopf im Kühlschrank. Denn Elke trug gewiss keinen Slip, auf dem der Graf von Unheilig den Hintern zierte. War der Graf etwa dicker geworden? Oder lag es am Hinterteil derjenigen, die im Kühlschrank steckte? Frivol wackelte sie damit herum, bis sie fand, was sie gesucht hatte.
    »Huch!«, erschrak sie, als sie mich erblickte. »Du musst Rapunzel sein.« Dabei

Weitere Kostenlose Bücher