Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)
fernhielt.
»Der Kater braucht noch seine Impfung«, meinte Hendrik.
Und ich ein paar neue Lippen! »Können wir das verschieben?«, murmelte ich mit weggedrehtem Kopf. Gewiss würde Hendrik sich kaputtlachen, wenn er mich so sah, und damit den romantischen Neubeginn zerstören.
»Kein Problem. Soll ich euch zwei nach Hause fahren?«
»Gott, Nein!« Habe ich das jetzt laut gesagt?
Hendrik schlich um mich herum. »Was ist eigentlich los? Nun sieh mich doch mal an.« Dabei zerrte er an meiner Hand, die schützend auf meinem Mund ruhte.
»Lass mich«, wehrte ich ihn ab. Aber die Tatsache, dass Männer in der Regel stärker sind, bescherte Hendrik einen Vorteil. Er starrte auf meine Lippen und grinste. Dann ging er zum Kühlschrank, drückte mir einen Eisbeutel in die Hand und setzte Wasser auf. »Ich mache dir schnell etwas Kamille zum Tupfen. Und danach bekommt der Kampfkater seine Schutzimpfung.«
»Und die Kastration?«, fragte ich, mir den Eisbeutel auf die Lippen drückend.
Hendrik lächelte mich an. »Was hältst du von einem Deal? Du ziehst wieder bei mir ein, versprichst mich nie wieder zu verlassen, und Knuffelbär entgeht der Eunuchen-Karriere.«
Ich biss mir vor Aufregung auf die angeschwollene Unterlippe. Sollte ich jetzt ja schreien, ihm um den Hals fallen und alles vergessen, nur um Knuffelbärs Männlichkeit zu retten? Und was war eigentlich mit den Katzendamen des Wurfs passiert? Ich hatte nicht eine davon im Haus entdeckt.
Hendrik blickte mich immer noch an, aber diesmal eher fragend. »Was überlegst du?«, hakte er nach.
»Wo sind eigentlich die Katzenmädels?«
Er atmete erleichtert auf. »Ach so, deshalb hast du gezögert. Die haben längst ein neues Zuhause gefunden.« Er tunkte einen Teil des Geschirrtuches in den gebrühten Kamillentee und betupfte damit vorsichtig meinen Mund. »Und stell dir vor, die kleinste und tollpatschigste lebt in einer wunderschönen Kapelle bei Vitt«, erzählte er weiter. »Der Pfarrer hat sie eigens abgeholt und auf den Namen Emmy getauft und damit nach seiner Großmutter benannt .«
Aha! Emmy arbeitete also quasi jetzt für Gott und vertrieb die sündhaften Mäuschen aus dem heiligen Hause. Ich saß da und lächelte stumm vor mich hin, während Hendrik mir jedes noch so kleine Detail berichtete. Ab und an nickte ich, obwohl seine Ausführungen irgendwo zwischen Ohr und Gehirn verstummten. Ihm zuzusehen, seine Gesten zu betrachten, erfüllte mich mit Freude. Ich war einfach nur glücklich. Und ich war neu verliebt, bis zu dem Zeitpunkt, als Isabell in die Küche gestürmt kam. Machte die etwa immer noch Urlaub auf Rügen?
Ein Ozelot für Isabell
Tatsächlich wohnte Isabell immer noch – vorübergehend – bei Hendrik. Nur schlief sie seit meinem Auszug nicht mehr auf dem unbequemen Sofa, sondern gastierte im Schlafzimmer des Hauses. Hendrik hatte es ihr zur Verfügung gestellt, um Isabell ein klein wenig Privatsphäre zukommen zu lassen, wie er mir erklärte. Er selbst schlief derweil in einem winzigen verstaubten Zimmer des Hauses, das früher mal als Gästezimmer gedient hatte. Diese raffinierte Kuh! Sie verstand es, ihren Ex wie einen Trottel zu behandeln, ohne dass der es mitbekam. Und egal, was sie auch tat, Hendrik fand für alles eine simple Erklärung. Selbst dafür, dass sie nun schon über einen Monat bei ihm wohnte. Menschenskind! Wie blöd sind Männer eigentlich? Oder glauben die echt noch an das Frauenbild, das ihre Großmutter verkörpert hat? Ich musste etwas dagegen tun. Nur was?
Ich entschied mich für den familiären Frauenrat, der einmal wöchentlich am hölzernen Küchentisch in Muglitz tagte. Ortrud hing hierzu immer eine Wochenliste an den Kühlschrank, auf die jeder ein für sich unlösbares Problem schreiben durfte oder sich einfach nur über den falsch gekauften Joghurt beschweren konnte. Dumm war nur, dass Ortrud meinte: »Dieser Tagesordnungspunkt muss leider gestrichen werden, da das Familienmitglied seinen Auszug angekündigt hat und somit nicht mehr zum Familienrat gehört.«
»Aber ich bin doch noch hier«, sagte ich erschüttert.Immerhin hatte ich drei lange Tage auf eine Lösung gehofft.
»Einwand abgelehnt«, rief Claudia.
»Aber wieso denn?« Ich konnte es nicht fassen! Die Schiffscrew des Todes ließ mich im Intrigensumpf von Isabell versinken? Sarah fing an zu kichern, worauf Claudia sie vors Schienbein trat. Alles klar! Sie hatten mich verarscht!
Ortrud räusperte sich. »Also Mädels, Spaß beiseite. Der
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